Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Fischer haben oder hatten, als Sie gegenüber der Polizei zugegeben haben.«
»Wenn Sie Herrn Pracht eher glauben als mir, warum fragen Sie mich dann überhaupt noch?«
Pia wurde des ganzen Manövers hier allmählich überdrüssig.
Marten starrte Frau Tensfeld nachdenklich an. Durch die plötzliche Ruhe wurden sie alle wieder des hartnäckigen Summens der Fliege gewahr, die immer noch keinen Weg ins Freie gefunden hatte. Kläre Tensfeld erhob sich und griff nach einer Fliegenklatsche. Sie erledigte das lästige Insekt mit einem Handstreich. Anschließend säuberte sie die Fensterscheibe mit einem Küchenpapier und setzte sich wieder auf ihren Stuhl.
Pia beobachtete, wie sie andächtig die Hände auf dem Tisch ineinander faltete und ihren Kopf ein wenig schief hielt, als erwarte sie die nächste billige Frage. In diesem Moment kam Pia ihr Mitleid mit der Frau abhanden.
»Warum sind Sie ohnmächtig geworden, als ich Sie nach Rickleff Degner gefragt habe?«
»Ich weiß nicht, warum ich umgekippt bin. Die Luft in Ihrem Büro war so schlecht. Abends beim Arzt hatte ich einen Blutdruck von 90 zu 60. Das ist ja auch nicht gerade toll. Der Name Rickleff Degner sagt mir jedenfalls nichts.«
Pia bedauerte, dass so viel Zeit ins Land gegangen war, in der sich Frau Tensfeld ihre Antworten hatte zurechtlegen können.
»Warum haben Sie uns gegenüber so getan, als würden Sie Beate Fischer kaum kennen?«, schaltete sich Unruh wieder ins Gespräch mit ein. Kläre Tensfeld sah sie abwechselnd an, als verfolge sie ein Tennismatch. Zum ersten Mal heute machte sie den Eindruck, als würde es hinter ihrer glatten Stirn arbeiten. Offensichtlich hatte sie sich zu dieser Frage vorher noch keine Antwort überlegt.
»Weil wir uns überworfen haben. In der Mittelstufe sind wir noch gut miteinander ausgekommen. Beate war nachmittags immer oft und gern mit bei mir zu Hause. Aber in der 11. Klasse kam ein Mark Lohse zu uns in die Stufe. Beate ging dann sehr schnell mit ihm und hat mich darüber aus den Augen verloren.«
Pia kramte die alte Abi-Zeitung hervor und reichte sie der jungen Frau über den Tisch.
»Können Sie uns die Fotos von Ihrer früheren Freundin und diesem Mark Lohse zeigen?«
Ein wachsamer Zug huschte über Kläre Tensfelds Gesicht, als sie die alte Zeitung in den Händen hielt. Sie blätterte und deutete auf die Fotos von Beate Fischer und einem jungen Mann, unter dem »Mark A. Lohse« stand.
»Ich mochte ihn nicht«, war die erste bedeutsame Auskunft, die sie ungefragt von sich gab. »Er kam direkt auseinem dieser teuren Internate zu uns. Mark behauptete, sie hätten ihn rausgeschmissen. Aber in Wahrheit ist seinem Vater wohl die Kohle für das Schulgeld ausgegangen. Ich stand damals mit meiner Abneigung gegen ihn auf verlorenem Posten. Er scharte gleich eine große Anzahl Jünger um sich, die ihm auf Schritt und Tritt folgten. Wenn er behauptete, sich die Haare zu waschen wäre uncool, liefen daraufhin etwa zwanzig Typen mit fettigen Strähnen auf dem Kopf durch die Schule. Er machte Meinung zu allem und jedem. Ich fand es besser, ihm aus dem Weg zu gehen.«
»Und Ihre Freundin, Frau Fischer, wie stand sie zu diesem Benehmen?«
Kläre Tensfeld lächelte jetzt und sah dieses Mal fast hübsch dabei aus: »Beate hat ihn durchschaut. Sie sagte mir, er sei trotzdem der einzig annehmbare Typ auf der Schule, trotz seiner Macken. Außerdem hatte er schon ein eigenes Auto. Was hatte ich denn?«
»Wissen Sie, wo Mark Lohse jetzt wohnt?«
Sie schüttelte den Kopf. Das Gespräch schien sie bereits erschöpft zu haben. Zumindest über ihre Konstitution hatte sie wohl die Wahrheit gesagt.
»Wenn Ihnen Frau Fischer noch mal zufällig über den Weg laufen sollte, richten Sie ihr bitte aus, dass wir sie dringend sprechen möchten«, sagte Marten zu Kläre Tensfeld und stand auf.
»Waren Sie eigentlich schon einmal in der Cubango-Bar, Frau Tensfeld?«, fragte Pia, die sich noch nicht mit den bisherigen Informationen zufrieden geben mochte.
Die Antwort kam mit einer winzigen Verzögerung. So winzig, dass sie durchaus von dem Fussel herrühren konnte, den Kläre Tensfeld sich vom Ärmel ihrer Strickjacke zupfte.
» Cubango? Tut mir Leid. Den Namen habe ich noch nie gehört. Hat der auch mit Ihren Ermittlungen zu tun?«
»Das ist durchaus möglich …«
Pia stand nun ebenfalls auf. Kläre ging vorweg durch die kleine, dunkle Diele zur Wohnungstür. Sie verabschiedete die Polizeibeamten fast herzlich. Freute sie sich, nun
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