Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Manstein am Vormittag bereits verpasst.
»Deine eigene?«, fragte Gerlach. Inzwischen waren sie in Pias Büro geschlendert und hatten sich auf die wenigen Sitzmöbel verteilt. Unruh zog seine Zigarettenpackung hervor, nur um festzustellen, dass sie leer war.
»Hier drinnen sowieso nicht«, sagte Pia, die seinen reflexartigen Griff richtig gedeutet hatte. »Bei Ossie und mir gibt’s nur Kaffee, Kakao und Schokoriegel …«
Es gab nicht einmal einen Aschenbecher.
»Ich wusste, dass es ein Fehler war, dieses Büro zu betreten«, stöhnte Unruh. »Ist noch Kaffee da?«
Pia schüttelte die Thermoskanne auf ihrem Schreibtisch und goss einen lauwarmen Rest in einen der herumstehenden Becher.
»Das war bestimmt Heidmüllers alter Kakaobecher«, sagte Unruh, bevor er die Brühe hinunterkippte und sich anschließend schüttelte.
Gerlach informierte Kriminalrat Gabler telefonisch über Kessels mutmaßliches Verschwinden. Dann erzählte Pia kurz von der Beerdigung der Manstein und ihrem Gespräch mit Carola Lönsmann-Pracht.
»Verdammt!«, war Unruhs einziger Kommentar, als Pia auf ihr Versäumnis zu sprechen kam, Thomas Pracht nach Birgit Manstein zu fragen. Sie waren jedoch alle zu müde, um irgendwelche Schlussfolgerungen aus ihren neuen Erkenntnissen zu ziehen.
»Wann geht es morgen weiter?«, fragte Pia, nachdem keiner der Anwesenden mehr etwas Brauchbares beizusteuern hatte.
»Morgen früh um acht, hat Gabler gesagt«, berichtete Gerlach. »Wir treffen uns in seinem Büro. Scheinbar will er ein paar neue Aufgaben verteilen.«
»Um wie viel Uhr geht die Hochzeit deines Bruders denn los, Pia?«, fragte Marten. »Kommst du vorher noch her?«
Er wusste tatsächlich noch, um wen es bei dieser Veranstaltung ging. Ein winziger, blödsinniger Freudenschimmer an einem düsteren Tag.
»Ich komme vorher auf jeden Fall noch ins Kommissariat. Die Kirche beginnt erst um elf Uhr.«
»Ein straffer Terminplan, könnte eng werden. Aber wenn unser Täter für Markus Kessel nicht gerade von seinem Zeitschema abgewichen ist und wir noch einen Mord am Hals haben, dann lässt Kürschner dich bestimmt rechtzeitig gehen«, meinte Gerlach.
»Wenn ich nicht pünktlich in der Kirche erscheine, bringtmeine Mutter mich um. Dann gibt’s noch mehr für euch zu tun …«, erklärte Pia ernsthaft.
Das Hochzeitsgeschenk fiel ihr wieder ein. Sie hatte es telefonisch vorbestellt, musste es aber noch abholen. Wie lange Haushaltswarengeschäfte heutzutage wohl geöffnet hatten? Pia stand auf. »Ich muss los. Ich habe noch etwas zu erledigen. Wir sehen uns morgen früh …«
23. KAPITEL
P ias Wecker klingelte um sechs. Heute würde die große Familienfeier steigen, mit oder ohne sie. Letzteres in Erwägung zu ziehen grenzte jedoch an Ketzerei.
Sie war schlecht vorbereitet. Sie wusste immer noch nicht, was sie anziehen sollte. Ihre Mutter und ihre Schwester waren schon vor Wochen durch die Geschäfte gezogen, um sich für die Hochzeit einzukleiden.
Pia redete sich ein, ihr diesbezügliches Versäumnis sei aus reinem Zeitmangel zu Stande gekommen, aber im Grunde hatte sie wohl die Aktion immer wieder aufgeschoben, bis sie tatsächlich keine Zeit mehr gehabt hatte.
Sie zog einen schwarzen Hosenanzug aus dem Schrank, befühlte das ungewohnt leichte Material und untersuchte es auf eventuelle Flecken. Der würde es wohl tun. So konnte ihr jedenfalls niemand vorwerfen, sie wolle der Braut die Show stehlen. Sie fand ein buntes Top mit Spaghettiträgern, das sie darunter ziehen konnte. Bei näherer Betrachtung bestand der Aufdruck aus wilden Comicszenen, aber allzu nahe wollte sie heute sowieso niemanden an sich heran lassen. Mit den passenden Schuhen in der Tasche und dem inGoldpapier eingewickeltem Hochzeitsgeschenk unter dem Arm, machte sie sich um kurz vor acht Uhr auf den Weg ins Polizeihochhaus. Bis zur kirchlichen Trauung hatte sie noch knapp drei Stunden Zeit.
Bei der Besprechung im Kommissariat sah man an diesem Morgen nur verdrießliche Gesichter. Wilfried Kürschner und auch Kriminalrat Gabler setzten alle Mitarbeiter der Soko über die neuesten Entwicklungen ins Bild. Kürschner hatte ein Diagramm erstellt, das die involvierten Personen zueinander in Beziehung setzte. Das Gewirr aus Namen und beschrifteten Pfeilen entlockte den Anwesenden jedoch keine durchschlagenden Ideen.
Gabler sparte nicht an Kritik an der bisherigen Arbeit. Außerdem schimpfte er auf die Presse, die von irgendwoher Wind von der Verknüpfungstheorie der Morde
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