Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Titel: Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
Vom Netzwerk:
getroffen. Aber danach? Vielleicht am Montag- oder Dienstagmorgen, als er die Post reinholte? Tut mir Leid. Ich weiß es nicht mehr. Ich wusste auch seit Wolfgangs Tod gar nicht, was ich zu ihm sagen sollte, wenn ich ihn mal traf. Seit dem Mord war er so komisch … ich hatte direkt ein schlechtes Gewissen …«
    Unruh nickte. Dieses Gefühl kannte er ebenfalls sehr gut. Es war mittlerweile fast ein Dauerzustand bei ihm.
    »Können Sie mir sagen, was für ein Auto Herr Kessel fährt? Steht es hier irgendwo?«
    »Ich glaube, er hat gar keins. Biederstätt hatte einen silbernen BMW . Der steht hinten auf dem Hof, aber Kessel habe ich noch nie damit fahren sehen. Vielleicht hat er keinen Führerschein?«
    Marten Unruh fühlte eine wachsende Nervosität, je mehr die Nachbarin von sich gab. Er blickte zurück auf die geschlossene Wohnungstür.
    »Wer außer den Mietern hat noch einen Schlüssel zu den Wohnungen?«
    »Die Hausverwaltung, nehme ich an. Und Frau Hameister unten gießt manchmal die Blumen, wenn Kessel verreist …«
    Sie stutzte ein wenig, beugte sich zu ihrem Kind hinunter, um es daran zu hindern, erneut alles aus der Tasche zu holen. Als sie wieder hochkam, sah sie Unruh zweifelnd an: »Glauben Sie, es ist ihm was passiert? Dass er sich was angetan hat?«, fragte sie ihn.
    »Ich habe keine Ahnung. Aber ich werde das nachprüfen …«, antwortete Unruh und begab sich auf den Weg nach unten.
    »Der Kessel ist manchmal auch einfach nur etwas sonderb …«, sagte Jana Brenner noch, aber ihre Worte wurden von dem Geräusch der zuschlagenden Haustür verschluckt.
     
     
     
    Eine gute Stunde später ließ die Polizei die Tür zu Markus Kessels Wohnung aufbrechen. Der Schlüssel der Hausverwaltung hatte nicht ins Schloss gepasst, und Frau Hameisterhatte angegeben, seit geraumer Zeit keinen Ersatzschlüssel mehr zu besitzen. Als Unruh zusammen mit Gerlach durch die Wohnung ging, hatte er das Gefühl, eine Dummheit zu begehen.
    Die Wohnung lag friedlich im Schein der Nachmittagssonne, die durch die hohen Fenster fiel. Alles schien auf den ersten Blick aufgeräumt, aber bewohnt zu sein.
    Was hatte er denn erwartet?, fragte Unruh sich. Markus Kessel mit aufgeschnittenen Pulsadern tot in der Badewanne vorzufinden? Unter den aufmerksamen Blicken der zwei Uniformierten, die die Tür geöffnet hatten, fühlte er sich vorgeführt.
    Auf dem Glastisch im Wohnzimmer und der schwarzen Stereoanlage lag eine dünne Staubschicht. Im Geschirrspüler befand sich frisch gespültes Geschirr. Die Bananen in der Obstschale waren schwarz …
    Aber was sagte das schon? In vielen Wohnungen fanden sich runzelige Äpfel oder Zwiebeln, die schon so weit ausgetrieben hatten, dass man sie mit einer Zimmerpflanze verwechseln konnte. Unruh war in fremden Wohnungen schon auf Unangenehmeres gestoßen. Auf einer Konsole im Flur lagen ein kleiner Stapel ungeöffneter Kondolenzbriefe und die Telefonrechnung des letzten Monats. Dem Poststempel nach zu urteilen hatten die Briefe spätestens am Dienstagmorgen im Briefkasten gelegen.
    »Wir brauchen den Briefkastenschlüssel«, sagte Unruh zu Gerlach. Er hatte seinen Kollegen hinzugerufen, weil er der Meinung gewesen war, die anstehenden Schwierigkeiten waren ebenso Gerlachs wie seine Schuld. Michael Gerlach inspizierte das Schlafzimmer der Wohnung.
    »Ein Ehebett …«, bemerkte er, »ein stinknormales Ehebett …«
    »Was hast du denn erwartet? Einen schwarz gekachelten Raum mit einem herzförmigen Wasserbett?«, versetzte Unruh, während er den Schlüsselkasten durchstöberte und kurz darauf drei kleine Schlüssel hervorzog.
    »Keine Ahnung. Jedenfalls kein Schlafzimmer mit blumenberanktem Bettüberwurf …«
    »Das ist ein Grandfoulard«, sagte Unruh, nachdem er einen kurzen Blick in das Schlafzimmer geworfen hatte. »Hinten auf dem großen Esstisch liegt auch so einer. Ich hatte mal eine Freundin, die auf dieses Zeug stand …«
    »Was du alles weißt …«, murmelte Gerlach.
    Im Briefkasten lag eine Hand voll Briefe, die zwischen Mittwoch- und Freitagmorgen eingetroffen sein mussten. Demnach war Markus Kessel am Dienstag das letzte Mal am Briefkasten gewesen. Hätte er eine Tageszeitung abonniert, wäre seine Abwesenheit den anderen Mietern vielleicht schon früher aufgefallen.
    Unruh spürte, wie sich ein tonnenschweres Gewicht direkt auf seinen Solarplexus legte. Er musste sich zur Ruhe zwingen. Für all das konnte es eine harmlose Erklärung geben. Wahrscheinlich hatte Kessel nur keine Lust

Weitere Kostenlose Bücher