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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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etwas, beugte sich über ihn und streckte einen Arm aus, während sie mit der anderen Hand lenkte. Dann begriff er und packte den Sicherheitsgurt.
    „Festhalten!“, rief sie.
    Er blickte auf, die Mauer raste auf sie zu, Flutlicht fing sich gleißend auf den Stacheldrahtrollen. Mit furchtbarer Wucht krachten sie ins Tor. Die Frontscheibe splitterte unter dem Aufprall, das Schloss brach, die Stahlflügel klafften auf. Schleudernd nahm der Geländewagen wieder Fahrt auf, das Plateau hinunter.
    „Alles okay?“, stieß sie hervor.
    Gabriel nickte. Mit zusammengepressten Zähnen versuchte er, das Zittern unter Kontrolle zu bringen. Er konnte, nein, durfte die Transformation nicht länger aufhalten. Nicht bei der Menge Blut, die er verloren hatte. Vor ihnen knickte die Piste steil nach unten ab. Violet bremste hart, ließ den Wagen in die Kurve schießen und schaltete die Scheinwerfer aus.

    Die Jagd hinab in die Ebene war ein Albtraum. Violet beobachtete nicht länger die Scheinwerfer der Verfolger im Rückspiegel, sondern starrte auf die Straße, die im Mondlicht kaum zu erkennen war. Das Netz aus Rissen in der Windschutzscheibe behinderte ihre Sicht. Sie musste jede Kurve erahnen.
    Immer wieder krachte der Mercedes Geländewagen in Rinnen und Schlaglöcher, schrammte gegen Fels, geriet ins Schleudern und fand wie durch ein Wunder zurück auf die Spur. Dann endlich blieben die Kliffe zurück und die Piste wand sich in die weite Ebene. Violet warf Gabriel einen Blick zu. Der Mann hatte den Kopf gegen die Polster gepresst, seine Augen geschlossen, die Hände zu Fäusten geballt. Das Mondlicht verwandelte sein Antlitz in eine zerklüftete Landschaft blauer Schatten, doch verbarg nicht, dass jeder Muskel zum Zerreißen gespannt war, als kämpfe er einen furchtbaren Schmerz nieder.
    „Ich bringe Sie in ein Krankenhaus.“ Falls er nicht vorher am Blutverlust starb. Ihre Hilflosigkeit machte sie wütend. „Halten Sie noch ein Weilchen durch, ja?“
    Mit einer Hand grub sie ihr Handy aus der Hosentasche und starrte auf die Netzsuche. Frustriert ließ sie es vor sich auf den Sitz fallen. Sie war noch mindestens zwanzig Meilen vom nächsten Signalradius entfernt. Im Rückspiegel tauchten die Lichter wieder auf, drei Punkte am Horizont, die nacheinander in die Ebene hinunterglitten. Shit.
    Sie trat das Gaspedal durch, der Wagen beschleunigte. Ein schleifendes Geräusch irritierte sie, das vorher nicht da gewesen war. Einen Augenblick später heulte der Motor auf und stürzte in den Leerlauf, weil etwas im Getriebe brach. Die Nadel auf dem Tacho sank ab auf sechzig Meilen, dann fünfzig. Vierzig. Die Scheinwerfer in ihrem Rücken wurden größer.
    „Halt durch, okay?“ Diesmal richtete sie ihren Appell an den Wagen, nicht an den sterbenden Mann neben sich. „Lass mich jetzt nicht hängen.“ Sie unterdrückte das Bedürfnis, hemmungslos zu fluchen, während sie den Gangwähler in den Leerlauf und wieder zurückschob.
    Dreißig. Im Nacken brach ihr der Schweiß aus.
    Sacht tippte sie das Gaspedal an, das Getriebe griff. Vor Dankbarkeit war sie versucht, ein Stoßgebet zu flüstern. Sie gab etwas mehr Gas, der Wagen beschleunigte, das Schleifen mischte sich in den Klang des Motors. Und die Verbindung zum Getriebe riss abermals ab.
    „Verdammt!“
    Die Nadel zitterte und fiel wieder. Zwanzig.
    Die Scheinwerferpaare im Rückspiegel wuchsen weiter an. Wenn sie in diesem Tempo weiterkroch, hatten ihre Verfolger sie in fünf Minuten eingeholt. Kurz entschlossen riss sie das Lenkrad herum, überwand die Böschung und holperte über die mit Steinen und Grasbüscheln übersäte Ebene. Sie betete, dass die Achsen durchhielten. Gabriel atmete in kurzen, heftigen Stößen. Sie fasste nach seiner Schulter und erschrak, als sie die Hitze spürte, die von seiner Haut ausging. Der Mann fieberte. Als sie ihre Handfläche gegen seine Wange legen wollte, schoss sein Arm hoch und hielt sie fest.
    „Anhalten“, keuchte er. Seine Stimme klang kaum noch menschlich.
    „Was?“ Sie sah in den Rückspiegel. Wenigstens waren die verdammten Scheinwerfer verschwunden. Die Gotteskrieger mussten bereits die Stelle passiert haben, an der sie ins Gelände abgebogen war. Wenn sie auf den Highway stießen, würden sie wissen, dass sie ihre Beute verloren hatten, aber dann spielte es keine Rolle mehr.
    „Halten Sie an!“ Seine Finger umklammerten ihr Handgelenk so fest, dass es schmerzte.
    Ein Hindernis prallte gegen den Unterboden, dann ging ein so

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