Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd
mit dieser Schlampe unter einer Decke steckte. Oder betrog er sich selbst? Versuchte er, etwas zu rechtfertigen, sich das Erlebte schön zu reden?
Die Wut war ein roter Nebel, der Licht und Farben verzerrte. Der Phantomschmerz in seinen Knien flammte auf. Hass auf Carl überflutete ihn und auf Emily, die sein Vertrauen erschlichen hatte, um ihn in die Falle zu locken. Er sah, dass Violet sich versteifte, öffnete und schloss seine Finger, grub seine Nägel tief in die Handflächen, bis Blut seine Fingerspitzen benetzte. Der leichte Schmerz fühlte sich gut an. Instinktiv machte er zwei Schritte auf sie zu. Violet wich zurück und hob die Hände zu einer defensiven Geste.
„Hey warte, was ist los? Was habe ich gesagt?“
Das Bedürfnis, etwas zu zerstören, wurde übermächtig.
„Gabriel!“ Jetzt schrie sie beinahe.
Sie stieß rücklings gegen das Sofa, wich zur Seite und hielt plötzlich ihre Pistole in den Händen. In ihrem Blick funkelte Angst, vermischt mit wilder Entschlossenheit. Er hatte diesen Ausdruck letzte Nacht gesehen, als sie mit dem zweiten Wächter gerungen hatte. Sie würde abdrücken.
Das gefiel ihm.
„Gabriel“, fauchte sie, „bleib stehen, okay? Du jagst mir Angst ein.“
Aber genau darum ging es ja. Er wollte mehr von der Furcht in ihren Augen sehen. Emilys Züge schienen ihr Gesicht zu überlagen. Der Mahlstrom in seinem Kopf rauschte wie eine Springflut.
„Wenn ich sie erwische, töte ich sie.“ Er formulierte jedes Wort deutlich, damit sie verstand, was er sagte. „Ich töte sie, verstehst du? Ebenso wie Carl. Ein langsamer, schmerzhafter Tod.“
So schmerzhaft wie zerschmetterte Knie, wie Messerklingen zwischen den Rippen, wie dieses Gefühl, von innen heraus zerfetzt zu werden. Mit übernatürlicher Schärfe hörte er, wie Violet die Sicherung an der Waffe zurückschob.
„Stopp!“ Ihre Stimme klirrte. „Keinen Schritt näher!“
Dann stieß der Lauf gegen seine Brust, doch sie drückte nicht ab. Warum drückte sie nicht ab?
„Bitte“, flüsterte sie.
Ihr Duft traf ihn wie ein Hammerschlag, die Panik in ihren Augen, die halb geöffneten Lippen. Sie weiß es nicht. Der Schleier aus Wut lichtete sich, ein Rest Klarheit darunter. Sie hat nichts damit zu tun. Gabriel starrte sie an. Plötzlich wusste er nicht mehr, ob er sie verletzen oder an sich ziehen wollte.
„Willst du es mir erklären?“ Sie betrachtete ihn mit versteinerter Miene, ihr Körper angespannt wie eine Stahlfeder.
Das Rot wölbte sich, zerfaserte an den Rändern. Er wich einen Schritt zurück. Doch sie hielt weiter die Waffe auf ihn gerichtet. „Warum drückst du nicht ab?“, fragte er.
Violet hielt seinen Blick fest, ohne zu blinzeln. „Würde es dich umbringen?“
„Nein.“
„Das dachte ich mir.“
Sie war nicht länger weich und verletzlich. In diesem Moment ahnte er, dass er etwas Kostbares verloren hatte. Etwas, das unwiederbringlich war.
„Hast du dich wieder im Griff?“
Eine unbarmherzige Frage ohne Vertrauen. Keine Spur von der Nähe, die sie geteilt hatten. Das Gefühl von Verlust wurde unerträglich. Darunter gärte noch immer die Wut, doch sie hatte an Schärfe verloren.
Violet ließ die Pistole sinken. „Na schön.“ Sie klickte die Sicherung zurück. „Was hat sie angestellt?“
„Sie ist mit dem Wagen von der Straße abgekommen. Das hat sie zumindest behauptet.“ Gabriels Stimme klang ausdruckslos.
Die unmittelbare Gefahr war gebannt. Dennoch konnte Violet sich nicht überwinden, die Browning aus der Hand zu legen. Es war der psychologische Effekt. Das Gewicht der Waffe beruhigte sie. Obwohl sie wusste, dass sie ihr gegen Gabriel nichts nutzte. Es ärgerte sie, dass er ihr Angst eingejagt hatte, doch sie riss sich zusammen. Der Schock über Gabriels plötzliche Verwandlung saß ihr tief in den Knochen und sie wollte das kein zweites Mal provozieren. Der Mann war unberechenbar. Auch wenn sie mit ihm geschlafen hatte, wusste sie nicht das Geringste über ihn.
„Als sie hier aufgetaucht ist, wollte ich ihr einen Abschleppdienst rufen, aber sie hat mich überredet, sie nach Matavilya Crest zu fahren.“ Geräuschvoll stieß er den Atem aus. „Sie hat mich aufs Kreuz gelegt. Matavilya Crest war eine Falle.“
„Ich weiß nicht.“ Das war absurd. Warum sollte Emily so etwas tun? Unbehaglich verlagerte Violet ihr Gewicht. Der Arm mit der Pistole fühlte sich wie Blei an. „Emily kann naiv sein, aber sie lässt sich nicht mit Gangstern ein.“
„Es gibt für
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