Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd
Schwester schenkte ihr ein überwältigendes Lächeln. Wahrscheinlich hatte Mara sie gerade gewarnt, dass jeden Moment eine unerträgliche Beverly-Hills-Zicke auftauchen würde, deren Vater leider VORTECs Forschungen mitfinanzierte.
„Ich habe einen Untersuchungstermin“, verkündete Violet. „Allgemeine Gesundheitsprüfung.“
„Wunderbar.“ Die Krankenschwester strahlte sie an. „Für welche Testreihe haben Sie sich beworben, bitte?“
„Wir hatten telefoniert. Es geht um ein neues Migränemedikament.“ Marshall hatte die Ausschreibung auf den Webseiten der Klinik gefunden.
„Ihr Name bitte?“
„Elena Bartoc.“
Die Schwester tippte etwas in ihren Computer, dann blickte sie irritiert auf. „Ich kann Ihren Namen leider nicht finden. Würden Sie ...“
„Ja, ich weiß“, unterbrach Violet sie in entnervtem Ton. „Ihre Kollegin hat’s vermasselt. Mein Name ist nicht im System. Ich habe es Ihrer begriffsstutzigen Empfangsdame schon erklärt. Ich bin nicht aus Spaß hier, okay? Ich kann auch wieder gehen.“ Aus dem Augenwinkel registrierte sie, wie das Interesse der umsitzenden Patienten erwachte. Die Schwester bemerkte es ebenfalls und es war ihr noch peinlicher als Mara.
„Oder holen Sie doch einfach Ihren Chef.“ Violet schürzte die Lippen. „Dann können wir das ganz schnell klären.“
„Du glaubst, dass Etherlight hinter dem Verschwinden unserer Leute steckt?“ Katherina ließ sich in das Ledersofa am Fenster sinken, wirkte aber angespannt wie ein Panther, der seine Beute belauert.
Gabriel zuckte mit den Schultern. „Es ist eine Theorie. Sie haben mich überwältigt und sie wussten genau, was sie zu tun hatten. Carl wollte Informationen über einen Engel. Ich dachte, er ist verrückt, aber jetzt ...“ Mit einer Handbewegung wischte er den Gedanken beiseite. „Er hat mich für Thomasz gehalten. Er wusste von ihm. Er sagte, jemand hätte ihm eine Empfehlung gegeben.“
„Ein Mensch“, sagte Katherina gedankenverloren. „Ein Mensch, der Jagd auf uns macht. Ganz wie in alten Zeiten.“
„Am Anfang hat er seine Opfer vielleicht willkürlich ausgewählt“, spann Gabriel den Faden weiter. „Er weiß, es gibt einen Engel da draußen und er will Informationen, doch er weiß nicht, wo er anfangen soll. Er bekommt einen Tipp, greift sich den Erstbesten vom Blut. Doch der kann ihm nicht helfen, also sucht er weiter. Bis er auf den Namen meines Vaters stößt.“
„Er muss einen Insider haben. Jemanden, der ihm hilft, uns zu identifizieren.“
„Auf Matavilya Crest habe ich nichts gespürt. Nicht den Hauch einer Aura.“
„Das muss nichts heißen.“
„Nein“, gab Gabriel zu. „Vielleicht haben sie noch einen anderen Unterschlupf hier in der Stadt. Mich haben sie nach Matavilya Crest verschleppt, weil sie dachten, ich bin der Hauptgewinn. Der Spezialist, der sich mit den alten Mythen auskennt.“
„Und jetzt haben sie Thomasz in ihrer Gewalt.“ Katherinas Wangenmuskeln verhärteten sich. „Was will diese Sekte von dem Engel?“
„Was weiß ich? Direkten Zugang zu Gott? Die Legitimation ihrer Lehre als die einzig selig machende? Was wollen christliche Fanatiker mit einem Engel? Benutz deine Fantasie!“
„Matavilya Crest also.“ Die Silben schmolzen Katherina von den Lippen wie flüssiges Glas. „Wo ist das genau?“
„Nein, kein Problem“, wiegelte die Schwester ab. „Ich lege schnell eine Kartei für Sie an. Tut mir wirklich leid, da muss etwas schiefgelaufen sein.“
Violet setzte ihr hochmütiges kleines Lächeln auf. Das war leicht, dazu musste sie nur an Emily denken. Sie brauchte sich nicht umzublicken, um zu wissen, dass sie die volle Aufmerksamkeit der anderen Patienten im Warteraum hatte.
Zehn Minuten später holte eine Laborassistentin sie ab. Die Frau blieb vor einer der Türen stehen, blickte in die winzige Kamera und legte ihre Hand auf das Scannerfeld. Mit einem Surren glitt der Schließbolzen zurück.
„Wow“, sagte Violet. „Das ist ja wie in einem James-Bond-Film bei Ihnen.“
Die Assistentin lächelte. „Nachdem wir vor zwei Jahren ein neues Management bekommen haben, wurde unsere Klinik komplett modernisiert. Wir haben eine der fortschrittlichsten Forschungseinrichtungen in Kalifornien.“
Sie betraten einen Untersuchungsraum mit Panoramafenstern und weiß glänzendem Mobiliar.
„Ein neues Management?“
„Ich war damals erst kurz dabei“, plauderte die Assistentin, während sie Violet zu einem Stuhl dirigierte, „als klar
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