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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Gesicht vollständig bedeckte. Verstohlen musterte Violet seine Finger, sein schmutziges Sweatshirt, die Stiefel ohne Schnürsenkel. Er sah aus wie ein Penner.
    „Wir stehen mitten auf einem Freeway. Chaos, die Feuerwehr ist da, Polizeiwagen blockieren alle drei Spuren. Muss ein schlimmer Unfall sein. Ein Typ wirft Leuchtfackeln auf die Straße. Ich lauf direkt in die Cops hinein und die fragen mich, was zur Hölle ich hier verloren hätte, ich soll mich zurück in mein Auto scheren und warten, bis sie die Straße freigeben. Ich bin scheißfroh, weil sich von den VORTEC Typen keiner traut, mir nachzurennen. Also diskutiere ich noch ein bisschen mit den Cops rum, bis sie meine Personalien aufnehmen wollen wegen Behinderung ihrer Arbeit. Die haben mich tatsächlich mitgenommen und eingebuchtet, aber am nächsten Morgen wieder rausgelassen.“
    Wow. Violet holte tief Luft, um sich zu sammeln. „Das ist eine wilde Story. Warum haben Sie den Cops nicht gesagt, dass man versucht hat, Sie zu entführen?“
    „Weils ’ne wilde Story ist?“ Er lachte auf. „Was, wenn die mir nicht geglaubt hätten? Nee, ich hab schon genug Ärger am Hals. Aber wenn ich’s der Bande heimzahlen kann, kein Problem. Was ist in diesen scheiß Kapseln drin?“
    „Das versuche ich gerade, herauszufinden. Was ist aus Ihrem Hautausschlag geworden?“
    Marv saß ganz still. Sie hätte schwören können, dass er mit sich kämpfte. Dann endlich nestelte er an seinen Handschuhen. Er zog einen aus und streckte seinen Arm vor, bis das Sweatshirt auch sein Handgelenk entblößte.
    „Nicht erschrecken“, wisperte er. „Ich glaub nicht, dass es ansteckend ist.“
    Das schwache Licht der Straßenlaternen war gnädig. Es verbarg mehr, als es enthüllte. Marv weigerte sich jedoch, die Kapuze abzunehmen, weil er nicht wollte, dass sie sein Gesicht sah. Er sagte es nicht, aber sie hörte es zwischen den Zeilen. Er glaubte nicht, dass jemand diesen Anblick aushalten konnte, ohne von Widerwillen überwältigt zu werden. Das ertrug er nicht. Selbst nicht bei einer Fremden, die er vor zehn Minuten noch mit einem Revolver bedroht hatte.
    Sie betrachtete die Krallen, die aus dem rot wuchernden Schorf hervorragten. Die Haut hatte sich in ein Gewebe aus Knoten und Schuppen verwandelt und spannte sich über unförmigen Beulen. Die Fingerknöchel drohten, das Fleisch zu durchstoßen, als würden dort Dornen wachsen. Marvs Hand zitterte.
    „Ich höre Schritte auf hundert Yards Entfernung.“ Er sprach so leise, dass sie sich anstrengen musste, seine Worte zu verstehen. „Ich kann Menschen riechen. Als du vorhin die kleine Ablenkungsrunde gedreht hast, musste ich dir nicht folgen. Ich wusste genau, wo du warst. Scheiße, ich konnte sogar fühlen, wie du Panik gekriegt hast, weil ich zu nah rangefahren bin.“
    Ihr wurde schwindelig. Die Früchte des Teufels. Marys entrückte Stimme wehte durch ihren Geist. Kein Wunder, dass VORTEC das vor der Öffentlichkeit verbergen wollte. Sie standen kurz vor der vorläufigen Zulassung von Sangrin. Wenn Patienten nach der Einnahme des Medikaments solche furchtbaren Deformationen erlitten, vor allem innerhalb weniger Wochen, konnte VORTEC das auf keinen Fall nach draußen sickern lassen. Also jagten sie die Leute und ließen sie für immer verschwinden?
    „Da ist noch mehr.“ Marv zog die Hand zurück und verbarg seinen Revolver unter dem Sweatshirt. Ächzend stand er auf. „Ich zeig dir noch was, Schätzchen.“
    Ohne Eile schlenderte er zu einem dunkelblauen Transporter, holte aus und rammte eine Faust gegen die Fahrertür. Violet zuckte zusammen. Gott, hoffentlich hatte er sich nichts gebrochen. Aber Marv drehte sich zu ihr um, als sei nichts geschehen. Im Blech glänzten eine tiefe Delle und ein Riss im Zentrum des Kraters. Ein Streich wie von einem Vorschlaghammer. Unmöglich.
    Es war unmöglich, dass ein Mensch so viel Schaden mit seiner bloßen Faust ausrichten konnte. Genauso unmöglich wie Nachfahren gefallener Engel, die sich binnen Stunden von tödlichen Schusswunden erholten. Das hätte sie auch nicht geglaubt, wenn sie es nicht gesehen hätte.
    Okay, vielleicht war das ein Fiebertraum. Vielleicht hatte sie sich eine Schlägerei mit Mr. Hähnchen-mit-Knoblauch geliefert und lag mit einem Hirntrauma in der Notaufnahme.
    „Ich schätze, ich verwandle mich in den Unglaublichen Hulk“, knurrte Marv. Seine Stimme holte sie zurück ins Hier und Jetzt. „Mal sehen, wann meine Haut anfängt, sich grün zu

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