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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Emily auf. Eine Sehnsucht, fast körperliche Begierde. Sie seufzte und dachte an Stephan. Er durfte das nicht erfahren. Vielleicht konnte Carl ein paar Männer von seiner Securitytruppe schicken, um die Leiche zu beseitigen.
    Die Lust pulsierte in ihren Schläfen. Gerechte Strafe. Ein Mantra in ihrem Kopf. Gerechte Strafe. Sie hatte die Frau nicht aus Blutgier getötet. Sie hatte sie bestrafen müssen. Ihr eine Lehre erteilen. Der Duft kreiste in ihrer Nase, schwer und würzig und verlockend. Unendlich süß. Fast gegen ihren Willen sank sie auf die Knie und tauchte die Spitze ihres Fingers in die Pfütze. Sie betrachtete die Flüssigkeit und fuhr sich damit über die Lippen. Selbstvergessen lehnte sie sich zurück und wälzte den Finger erneut im Blut. Es prickelte auf ihrer Zunge, als sie ihn ableckte. Sofort ließen die Kopfschmerzen nach, die sie schon seit dem Vorabend plagten.
    Ein Klingelton riss sie aus der Verzückung. Ihr Blick glitt zum Handy der Frau auf dem Boden. In ihren Schläfen staute sich Wut, als sie auf die Nummer starrte, die dort blinkte. Wut über den Verrat. Und dahinter ein Hauch Furcht. Was, wenn jemand erfuhr, dass sie die Schlampe getötet hatte? Was sollte sie dann tun?
    Aber nein, Carl würde ihr helfen. Carl würde sich darum kümmern, denn Carl verstand, was sie brauchte.
    Emily wartete, bis das Handy verstummte. Dann beugte sie sich vor und schlürfte vom Blut, bis Übelkeit sie übermannte und sie sich keuchend aufsetzen musste, um sich nicht zu übergeben.

    „Sie nimmt nicht ab.“ Violet nahm das Handy vom Ohr. Auf dem Display leuchtete ein Anruf von Inez, doch die Mexikanerin hatte keine Nachricht hinterlassen und ging nicht ans Telefon.
    Gabriel hantierte in ihrer kleinen Küche. „Kaffee?“
    „Für mich mit Milch, bitte.“
    Nachdenklich beobachtete sie, wie er ihre Schränke nach Tassen durchsuchte. Wenn sie doch nur ihre Bürde fallen lassen und sich mit ihm vor der Welt verstecken könnte, die Tage mit Liebe und gutem Essen und Spaziergängen anfüllen und nicht an morgen denken. Jede seiner Gesten, jeder Blick, jede Bemerkung von ihm fühlte sich so harmonisch an, dass ihre Verteidigungslinien zu Staub zerfielen.
    Er hatte von seinem Vater erzählt und von einer Geheimgesellschaft, die sich als Garde bezeichnete und von seinem Privatkrieg mit der Frau namens Katherina, die diese Garde befehligte. Unvorstellbar, dass es so viele andere geben sollte, die waren wie er, fast unverwundbar und quasi unsterblich. Und dass sie diese Stadt bevölkerten und alle anderen Städte auf dieser Welt, unbemerkt unter gewöhnlichen Menschen.
    In der alten Welt, als die Menschen noch an das Übernatürliche glaubten und Jagd auf die Nachkommen der Gefallenen machten, hatten sie einen Namen für Gabriels Art gehabt. Kinder der Schatten. Schattenläufer.
    Im Gegenzug war Violet offen gewesen und hatte ihm gesagt, was sie in der vergangenen Nacht in die Kanäle des L.A. River geführt hatte. Er wusste nun, dass sie noch immer nach ihrer Schwester suchte, dass die Spur sie zu VORTEC geführt hatte und dass es weitere Menschen gab, die spurlos verschwunden waren. Sie rechnete ihm hoch an, dass er ihr nur reglos lauschte, als sie Emilys Namen nannte. Er riss sich zusammen, ebenso wie sie, und sie ahnte, dass auch er auf einer Brücke aus Glas stand. Sie behandelten einander mit großer Vorsicht. Hinterjedem Wort, jeder zärtlichen Geste schwang Ehrfurcht vor dem Wunder, das sie verband und das sie noch nicht in Worte fassen konnten.
    Was sie ihm verschwiegen hatte, waren Marvs Deformationen. Sie wusste nicht, warum. Aber sie konnte es einfach nicht über sich bringen, ihm oder irgendjemandem davon zu erzählen. Solange sie mit niemandem darüber sprach, konnte sie sich einreden, dass die hässlichen Details ihrer Fantasie entsprungen waren.
    Gabriel setzte zwei dampfende Kaffeetassen auf dem Couchtisch ab und ließ sich aufs Sofa sinken. Spielerisch griff er nach ihrer Hand und zog sie in die Polster.
    „Was wirst du jetzt tun?“, fragte sie.
    „Wenn ich das wüsste.“ Er ließ sie los. „Ich muss Keith finden.“
    „Er hat seine Telefonnummer hiergelassen.“ Sie wies auf den Zettel, der neben ihrer Pistole und dem Libellenanhänger lag. Gabriel griff danach und hielt auf halber Strecke inne. Sein Blick blieb an der beschädigten Sangrin-Kapsel hängen, die noch auf der Glasplatte klebte.
    „Was ist das?“, fragte er mit gerunzelter Stirn.
    „Das VORTEC Medikament, von dem ich dir

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