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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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leid.“
    „Diese Frau“, sagte Violet, „die mir die Schachtel gegeben hat, Emilys Freundin — ich dachte, sie ist nicht ganz richtig im Kopf. Sie bezeichnete die Tabletten als Früchte des Teufels.“
    Er lachte ohne Humor. „Das ist eine mögliche Sichtweise der Dinge.“
    „Gabriel, was ist in diesen Dingern drin?“
    „Blut. Das Blut eines Schattenläufers.“ Als ihr Blick sich weitete, fügte er hinzu: „Nicht reines, unverfälschtes Blut. Es ist verändert. Aber ich kann es immer noch schmecken.“
    „Ich habe daran geleckt und es war — wow.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wie Koks, nur hundertmal stärker. Bilder, Farben, das volle Programm.“
    „Die Bilder sind Erinnerungen.“ Er zog Violet näher an sich, weil er sie spüren wollte, atmend und lebend und sicher. „Erinnerungen des Mannes, in dessen Adern es einmal kreiste.“
    „Oh mein Gott.“ Ihre Stimme klang hohl. „Aber wie ...“
    „Es ergibt Sinn.“ Es überraschte ihn, wie ruhig er bleiben konnte, während er darüber sprach. „Auf eine zynische Art ergibt es Sinn. Die heilende Wirkung unseres Blutes ist universell. Sie ist nicht auf unsere Körper beschränkt.“
    „Du meinst, wenn ich Krebs hätte und dein Blut trinke, heilt das die Krankheit?“ In ihren Blick stahl sich ein Hauch Entsetzen.
    „Es gibt Grenzen, aber ja, genau so ist es. Bei einer Fleischwunde genügen ein paar Spritzer meines Blutes, um die Wunde binnen Stunden verheilen zu lassen.“
    „Wow.“ Sie schwieg eine Zeit lang. „Fragst du dich auch, wie das Blut in diese Kapsel kommt?“
    „Ich glaube nicht, dass der Spender sich freiwillig davon getrennt hat.“ Ihm schwamm der Kopf bei der Vorstellung, welche Mengen an Blut diese Firma brauchen würde, um ihr Medikament auf den Markt zu bringen. Wie viele Kapseln ließen sich aus dem Blut eines einzelnen Mannes herstellen? Jede Woche verschwinden zwei oder drei von uns, hatte Katherina gesagt. Gabriel wusste noch nicht, wie Violets menschliche Vermisstenfälle in dieses Bild passten, aber die Entführungen der Schattenläufer ergaben plötzlich schrecklichen Sinn. „Sitzt diese Firma in Los Angeles?“
    „VORTEC? Sie haben eine Klinik in Riverside Rancho.“
    „Riverside Rancho“, wiederholte er.
    „Was ist?“
    Gabriel fuhr sich übers Gesicht. Er fühlte sich mit einem Mal sehr müde. „Die Sache mit meinem Vater ist kein Einzelfall. Die Nerven der Garde liegen blank. Jede Woche verschwinden ein paar unserer Leute und niemand kann die Entführer fassen.“ Er stieß den Atem aus. „Ein paar Mal ist es der Garde gelungen, ihnen zu folgen, aber sie haben jedes Mal die Spur verloren. Und zwar immer in der Gegend um Riverside Rancho.“
    „Du denkst nicht, dass es ein Zufall ist.“
    „Ich glaube nicht an Zufälle.“
    „Willst du wissen, wo ich über euch gestolpert bin, letzte Nacht? Ich habe einen Tipp bekommen. Einer der verschwundenen Patienten von VORTECs Testliste ist gar nicht verschwunden. Ich habe ihn getroffen. Und er sagt, er wurde entführt.“
    „Warum?“
    „Warum?“ Ein Schatten glitt über ihr Gesicht. „Es gibt ein paar unerwartete Nebenwirkungen. Schwere Hautausschläge. VORTEC lässt die Leute verschwinden. Dieser Mann konnte entkommen, aber er sagt, dass sie noch andere entführt haben und dass es in den Kanälen in Riverside Rancho einen geheimen Einstieg gibt.“
    Gabriel hörte kaum den Rest ihrer Worte. Das Blut in seinen Schläfen schien sich in Eis zu verwandeln, sein Geist in einen Mahlstrom, der über einem Abgrund kreist.
    Hautausschläge?
    Er sprang auf, stützte sich mit beiden Händen gegen das Fenster und starrte hinaus auf die graffitiverschmierte Mauer. Es gab also noch jemanden da draußen. Noch jemanden, in dessen Adern das gleiche tückische Gift floss. Er war nicht so allein mit seinem Fluch, wie er immer geglaubt hatte. Nach Prag war er vorsichtig gewesen. So sehr darauf bedacht, nicht noch ein Monstrum zu schaffen. Nicht abermals einen geliebten Menschen zu zerstören.
    Hautausschläge?
    Es mussten die gleichen Symptome sein. Wenn Blut von seinesgleichen im Spiel war und Nebenwirkungen auftraten, die so schwerwiegend waren, dass VORTEC die Patienten verschwinden ließ, war es die einzige Erklärung. Ahnten sie überhaupt, womit sie es zu tun hatten?
    „Bist du okay?“, fragte Violet.
    Ihm graute davor, sich zu erinnern. Und dennoch war alles wieder da, binnen Sekunden, in schmerzklarer Schärfe. Selbst der Gestank der Scheiterhaufen kehrte zurück,

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