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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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versuchte, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, betete immer wieder den gleichen Spruch herunter und blieb hart. Franca fragte sich, ob sie sich auch so verhalten hätte, wenn die Polizei nicht in der Nähe gewesen wäre.
    »Scheißladen«, schimpfte der Junkie. Etwas schepperte. Offenbar war er gegen einen Ständer getreten. »Pass nur auf, du Schlampe, irgendwann hol ich mir das Zeug.«
    Er ließ noch eine heftige Schimpfkanonade folgen. Dann war es still. Frau Becker kam zurück. Ihre Wangen glühten. Die Verunsicherung war ihr deutlich anzumerken.
    »War Herr Klaussner schon mal großzügig, was die Ausgabe von Methadon an Junkies betrifft?«, erkundigte sich Hinterhuber.
    »Bei uns lief alles nach Vorschrift ab«, sagte die Apothekenangestellte fest und blinzelte heftig. »Es geht ja auch gar nicht anders. Die Vorschriften für die Methadonabgaben sind sehr streng. Das kann nicht einfach so abgegeben werden. Da würden wir große Schwierigkeiten bekommen.«
    »Der Mann hat gedroht, dass er wiederkommt. Macht Ihnen das keine Angst?«
    »Der ist nicht der Erste, der uns droht.« Frau Becker schnaubte und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Außerdem wird er kein Glück haben. Wir haben eine gut funktionierende Alarmanlage. Und Methadon wird im Betäubungsmittelschrank aufbewahrt. Den findet man nicht so leicht und den kriegt man nur auf, wenn man den Code weiß.«
    »Sie kennen den Code?«
    Wieder war sie einen Moment verunsichert. »Natürlich. Alle Mitarbeiter, die mit dem Verkauf zu tun haben, kennen den Code.«

17
    Die neue Kriminalstatistik lag auf Francas Schreibtisch. Wahrscheinlich hatte sie Clarissa dort hingelegt. Es gebe einen kontinuierlichen erfreulichen Rückgang in der Gewaltkriminalität, hieß es da. Das Ansteigen der Rauschgiftdelikte führte man auf intensivierte Polizeikontrollen und Ermittlungstätigkeiten zurück. Bedenklich sei, dass sich das Gesicht der Kriminalität verändert habe. Immer öfter gebe es brutale Attacken gegen Polizisten, Streifenpolizisten seien besonders gefährdet. Die Internetkriminalität wachse in besorgniserregendem Maß, wohingegen die Zahl der schwerwiegenden Delikte wie Mord, Sexualstraftaten und Raub weiterhin zurückgingen. Betont wurde, dass Rheinland-Pfalz eines der sichersten Bundesländer sei.
    Der Anteil der Delikte gegen das Leben, wozu Mord und Mordversuche gehörten, betrug weniger als 0,05 Prozent. In der Mehrzahl handelte es sich dabei um Beziehungstaten. Mord war nach wie vor das Verbrechen mit der höchsten Aufklärungsquote. Eigentlich beruhigende Zahlen, wenn man als Sachbearbeiter – und Leichen waren im Polizeijargon ›Sachen‹ – in der zentralen Kriminalinspektion der Kriminaldirektion Koblenz arbeitete, doch wenn man es mit einem realen Fall zu tun hatte, nützten einem Statistiken wenig. Ein aktueller Fall bedeutete: Maximaler Einsatz und viele Überstunden.
Zum Fall ›Paradiesgarten‹ waren inzwischen etliche Hinweise eingegangen. Zwischen aufgeschlagenen Mappen, ungeöffneter Post, Berichten, einem Spiralblock, Fotos, Skizzen und Dienstanweisungen lagen zwei Zettel mit handschriftlichen Notizen. Sie solle einen Herrn Kleinkauf unter der angegebenen Koblenzer Telefonnummer zurückrufen sowie Ludmilla Kurczecky.
    Sie wollte gerade den Hörer in die Hand nehmen, als das Telefon klingelte.
    »Hallo, Franca. Ich hab’s schon mehrmals versucht. Du warst aber offensichtlich außer Haus«, sagte Ludmilla.
»Ja, worum geht’s denn?« Francas Stimme klang verhalten.
    »Ach, ich wollte nur mal fragen, ob du Lust hast, mit mir auf die Piste zu gehen. Wir könnten erst ins Café Einstein und später in den Affenclub. Warst du schon mal im Affenclub? Ist ganz nett da.«
    »Milla, es tut mir leid. Aber ich werde dringend gebraucht. Bis auf Weiteres kann ich hier nicht weg.«
    »Schade.« Die Enttäuschung war ihrem Tonfall anzumerken. Unvermittelt fragte sie: »Habt ihr einen Mord aufzuklären? Du arbeitest doch bei der Mordkommission, nicht wahr?«
    Franca gab sich zurückhaltend. »Wir bearbeiten einen komplizierten Fall, der unsere ganze Aufmerksamkeit erfordert«, antwortete sie vage.
    Damit schien Milla sich zufriedenzugeben. Jedenfalls hakte sie nicht weiter nach. »Melde dich einfach, wenn du wieder mal Zeit hast.«
    »Das tu ich ganz bestimmt. Aber die Arbeit geht nun mal vor. Ich hoffe, du verstehst das.«
    »Sicher.«
    »Ich ruf dich an, sobald ich etwas Luft habe, okay?«, schob Franca nach, der es schon wieder leidtat,

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