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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hat er sich als Single ausgegeben.« Renate verzog spöttisch die Lippen. »Auf diese Weise haben sich auch diejenigen gemeldet, die ernsthaft an einer Partnerschaft interessiert sind. Tomtiger, dieser Name verspricht schon mal was. Ob er schön ist, mussten die Damen selbst herausfinden, ein Foto von sich hat er nirgendwo ins Netz gestellt. Der Herr hat ein paar Appetithäppchen verteilt und gab sich geheimnisvoll. Das hat die Damenwelt gereizt, wie die Anfragen zeigen.«
    »Kann ich mir mal so eine Anfrage ansehen? Was schreibt er denn so?« Franca sah Renate über die Schulter.
    »Was alle schreiben. Mehr oder weniger.«
    »Ich weiß nicht, was alle schreiben.«
    »Man meint, du hättest noch nie gechattet.« Renate sah ihre Kollegin erstaunt an.
    »Hab ich auch nicht.«
    »Ehrlich? In welchem Jahrhundert lebst du denn?«
    »Für gewöhnlich hab ich Besseres zu tun. Vorm Computer hock ich schon von Berufs wegen lang genug, das muss ich nicht auch noch in meiner Freizeit tun.«
    »Aber das ist doch was gaaanz anderes.« Renate grinste breit.
    »Mir ist es lieber, meinen Kommunikationspartner vis-à-vis zu haben. Diese virtuelle Welt ist mir nicht geheuer. Beruflich mag das ja alles ganz okay sein. Aber privat möchte ich mich nicht damit beschäftigen. Also?«
    Renate Julien tippte mit flinken Fingern auf die Tasten und klickte ein paar Mal auf die Maus.
    »Wieso bist du eigentlich so sicher, dass es sich bei diesem Typen um unseren Apotheker handelt? Tomtiger können sich viele nennen.«
    »Schätzchen. Es ist sein Computer und es ist seine IP-Adresse. Da gibt’s nichts dran zu rütteln. Er war eben diskret. Nicht jeder sollte gleich wissen, dass der angesehene Apotheker Jürgen Klaussner hinter diesem Profil steckt.«
    »Ja, und hat der denn alles aufbewahrt, dass da so ein Stapel zusammenkommt? Hat der nichts gelöscht?«
    »Klar hat er. Aber das Netz vergisst nichts. Mit der entsprechenden Software kann ich alles wieder lesbar machen, auch das, was vorher gelöscht wurde. Bloß, ob das alles wichtig ist, ist die große Frage. Die teilen sich ja manchmal jeden Furz mit, den sie lassen.«
    Bisweilen konnte Renate ziemlich ordinär sein. Vielleicht brachte es das Metier, in dem sie sich notgedrungen bewegte, so mit sich.
    »So, hier haben wir das Profil von Tomtiger.«
    Interessiert begann Franca zu lesen. Unter der Rubrik: ›Was ich mag‹ hatte er Folgendes geschrieben: ›Nähe, Zärtlichkeit, Erotik. Spaziergänge am Wasser. Sonnenuntergänge auf Gran Canaria. Dich bei einem Candle-Light-Dinner verwöhnen und am Morgen danach mit dir zusammen aufwachen.‹
    »Klingt gut, nicht wahr?« Renates Lachen donnerte erneut durch den Raum. »Nur schade, dass sich die meisten Traumprinzen irgendwann als Albtraumprinzen entpuppen. Die schreiben den ganzen Käse bloß, damit ihnen die Damen auf den Leim gehen. Männer mögen Sonnenuntergänge nur, wenn sie ihnen entgegenreiten können. Marlboro-Country und so. Und da haben Frauen gewöhnlich nix zu suchen.«
    »Hast du darin Erfahrung?«, meinte Franca.
    »Klar. Ich bin doch Expertin. Im Internet wird gelogen, was das Zeug hält. Ist ja auch ganz einfach. Da lässt es sich so schön unter einer Tarnkappe schnüffeln. Ach, wie gut, dass niemand weiß … Ich kann dir garantieren, dass du im Internet an Männer gerätst, die du nie auf der freien Wildbahn getroffen hättest.«
    Sie sah Franca durchdringend an. »Du bist doch auch Single. Bist du wirklich noch nie auf die Idee gekommen, da mal zu schauen? Interessant ist das ja schon irgendwie.«
    Franca schüttelte vehement den Kopf. »Dafür ist mir meine Zeit viel zu schade. Außerdem glaub ich nicht daran, dass man sich Männer in einem Katalog aussucht und einfach bestellt.«
    Franca dachte an ihre Tochter. Georgina hatte Maik, ihren jetzigen Freund, ebenfalls im Internet kennengelernt. Sie fand nach wie vor, dass so was keine gesunde Basis für eine Beziehung war. Irgendwann würde sich das sicher herausstellen. Hoffentlich war es dann nicht zu spät. »Früher ging’ s doch auch anders.«
    Renate lachte. Diesmal etwas dezenter. »Aber eben nicht so einfach und unkompliziert. Du kannst dir in Puschen und im Pyjama deinen Traummann suchen, kannst dich mit ihm unterhalten und brauchst dich nicht mal aufzuhübschen. Und du hast eine Riesenauswahl. Die du im wahren Leben niemals hast.«
    »Wo viel Auswahl ist, ist auch viel Schrott.« Franca sah wieder auf den Bildschirm.
    Auf die Frage nach seiner Traumfrau antwortete

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