Engelskraut
Gab es Einbruchspuren?«
»Wir haben keine entdecken können. Aber über die preußische Mauer kommt man leicht rüber, wenn man ein bisschen sportlich ist«, bemerkte Frankenstein.
Inka Riese nickte.
»Ja, aber haben denn Jürgen Klaussners Tod und diese Zerstörungen wirklich was miteinander zu tun?«, ließ ein anderer Kollege vernehmen. »Könnte man bei den Giftkreisen nicht eher von Vandalismus ausgehen? Und die Leiche lag nur zufällig dort?«
»Es könnte sich durchaus um zwei vollkommen unterschiedliche Sachverhalte handeln, die lediglich durch Zufall zusammentrafen«, räumte Inka Riese ein. »Auch ein Trittbrettfahrer wäre denkbar.«
Fragen hingen in der Luft. Fragen, denen mit Spekulationen, Theorien und Mutmaßungen begegnet wurde. Franca hörte nur mit halbem Ohr hin. Sie war unsagbar müde und unterdrückte andauernd ein Gähnen. Die von Renate erwähnten Wechseljahre geisterten ihr im Kopf herum. Sollte sie wirklich schon so weit sein? Bisher hatte sie dieses Thema verdrängt. Wechseljahre. Das klang nach Hitzewallungen und Großmutterdasein. Dabei war sie erst Anfang 50 und fühlte sich eigentlich ziemlich jung. Jedenfalls jünger, als sich ihre Mutter in diesem Alter gefühlt haben musste.
»Wie erklärt man sich den Tatablauf? Was sagen die Angehörigen?«, hörte sie Osterkorn fragen. Sie nickte Hinterhuber kurz zu, der sachlich Auskunft gab.
»Wir konnten uns noch kein genaues Bild machen. Frau Klaussner hat die Todesnachricht nur schwer verkraftet und wird momentan polizeipsychologisch betreut. Wir werden sie heute noch mal befragen, wenn sie gesundheitlich dazu in der Lage ist. Sicher ist, dass Jürgen Klaussner von seiner Familie gestern nach dem Mittagessen nicht mehr gesehen wurde. Gegen drei Uhr hat er mit seinem Auto das Grundstück verlassen und ist nicht mehr zurückgekehrt. Das Auto steht auf einem von ihm angemieteten Parkplatz in der Nähe seiner Apotheke. Insofern ist es durchaus möglich, dass er irgendwann im Laufe des Nachmittags oder gegen Abend zu Fuß zur BUGA gegangen ist und als ganz normaler Besucher das Gelände betreten hat. Das ist eine Annahme, weil er im Besitz einer Dauerkarte war. Zeugen gibt es bis jetzt keine. An den Kassen kann sich niemand an ihn erinnern, was kein Wunder ist bei dem Andrang. Was danach geschehen ist, entzieht sich unserer Kenntnis.«
»Wann ist der Tod eingetreten?«
Hinterhuber schob ein paar Blätter beiseite. »Zwischen ein und drei Uhr morgens. Aber das ist ein vorläufiges Ergebnis. Die Rechtsmedizin ist sich jedoch sicher, dass es nach Mitternacht war.«
»Hat jemand herausgefunden, woher das Kissen stammt, auf dem er gebettet war und die beiden Grablichter?«
»Die Grableuchten trugen Etiketten von einem bekannten Hersteller. Gängige Massenware, die es in jedem Discounter oder Supermarkt zu kaufen gibt. Das Seidenkissen sieht selbst genäht aus. Aber offensichtlich von jemandem, der sich aufs Nähen versteht. Es ist ziemlich aufwändig bestickt und verziert«, gab Franca Auskunft.
»Also sollten wir unser Augenmerk auf Handarbeits- und Kunstgewerbeläden richten. Was ist mit Fingerabdrücken oder DNA?« Diese Frage war an Frankenstein gerichtet.
»Es gibt gewisse Spuren«, antwortete er bedächtig. »Wir haben einen unvollständigen Abdruck eines Sportschuhs gesichert. Viel ist es nicht«, dabei strich er sich mit einer eckigen Bewegung über den Kopf. »Aber wer uns kennt, weiß, dass wir aus den kleinsten Linien und Partikeln verwertbare Informationen herauszaubern können.« Lächelnd sah er um sich. Auch alle anderen konnten ein Grinsen nicht unterdrücken, weil Frankenstein bei jeder Besprechung eine ähnlich geartete Aussage mit solch einem Zusatz versah.
»In Fundortnähe haben wir verstreute Kleidungsstücke gesichert, die eindeutig dem Toten zuzuordnen sind«, fuhr er fort. »Weiße und gelbe Textilfasern am Körper des Toten wurden ebenfalls sichergestellt, die nicht von seiner Kleidung stammen. Auffällig ist auch ein blondes, längeres Haar.«
Alle sahen auf. Haare galten in der Forensik als wichtige Informationsträger. Doch Frankenstein schüttelte bedauernd den Kopf. »Leider nicht DNA-relevant, es handelt sich um Kunsthaar.«
»Eine Perücke?«, fragte Osterkorn und runzelte die Stirn. »Vielleicht wollte der Täter sich damit unkenntlich machen.«
»Das ist gut möglich.«
»Klaussners Nachbar hat sich gemeldet. Ein paar Nächte zuvor hat er Geräusche in dessen Garten gehört und er meint, einen
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