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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Schatten gesehen zu haben. Leider konnte er keine genaueren Angaben machen«, sagte Franca, als eine kurze Pause eintrat.
    Clarissa hatte die ganze Zeit ruhig dabeigesessen und interessiert von einem zum anderen geschaut. Sie räusperte sich. »Vielleicht«, begann sie leise. Scheu schimmerte in ihren Augen. Franca fiel auf, wie blass ihre Gesichtshaut war. Und wie sehr sich ihr rot geschminkter Mund darin abhob. Dann wurde die Praktikantin forscher. »Vielleicht wollte da jemand unbedingt Aufmerksamkeit erringen. Erst mit der Vernichtung von Pflanzen und dann mit dem Mord und der besonderen Präsentation der Leiche als Höhepunkt. Ich meine, alles das ist doch Zerstörung von lebendigen Wesen. Irgendwie.« Clarissa biss sich auf die Unterlippe und kaute darauf herum.
    »Der Gedanke ist gar nicht so abwegig«, sagte Osterkorn, was aus seinem Munde großes Lob bedeutete.
    Anerkennend nickte Franca zu Clarissa hinüber. Die Kleine konnte tatsächlich noch rot werden.

19
    Frau Klaussner hatte sich offenbar gefangen, jedenfalls machte sie einen gefassteren Eindruck als bei ihrer ersten Begegnung mit der Polizei. Ihr Gesicht war dezent geschminkt, die Haare hatte sie zu einer schicken Kurzhaarfrisur gefönt. Sie trug einen engen Rock und eine weiße Bluse. In dieser Aufmachung glich sie schon eher der Souveränität ausstrahlenden Frau auf dem Familienbild an der Wand.
    »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte sie sofort, als sie die beiden Polizisten begrüßte. »Es war wohl der Schock.« Sie lächelte ein wenig verlegen. »Eigentlich hat man mich gelehrt, immer die Contenance zu bewahren. Aber es gibt eben Momente …«
    »Frau Klaussner, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.«
    Höflich bot sie den beiden Polizisten Platz an. Das Wohnzimmer war aufgeräumt, die Luft roch frisch und sauber, die bodenhohen Wintergartenfenster standen offen. Im Garten tollten zwei Jungen mit einem Hund.
    »Mein Sohn hat einen Freund zu Besuch. Das lenkt ihn ab.« Sie blinzelte heftig mit den Lidern. »Er fragt andauernd, wann Papa wiederkommt. Ich muss gestehen, ich habe keine rechte Antwort auf diese Frage. Er versteht ja noch nicht, was Totsein heißt.« Sie gab sich einen Ruck und streckte den Rücken gerade. »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee? Wasser?«
    Francas Blick fiel auf den Esstisch. Dort stand eine Wasserkaraffe mit mehreren Gläsern, offenbar war die Hausherrin auf ihren Besuch vorbereitet.
    »Wasser, bitte.«
    »Für mich auch«, sagte Hinterhuber.
    Frau Klaussner schenkte jedem ein Glas Mineralwasser ein und reichte es ihnen. »Sie wollen sicher wissen, was am Sonntag passiert ist, als ich meinen Mann zum letzten Mal gesehen habe.« Sie nahm eine Zigarette aus einer bereitliegenden Schachtel und zündete sie an.
    »Wir haben gemeinsam zu Mittag gegessen. Da begann ein Disput, der sich fortsetzte. Am Ende haben wir uns heftig gestritten. Schließlich ist er ohne ein Wort gegangen. Ich dachte, das ist der Grund, weshalb er danach nicht nach Hause gekommen ist. Aber ich hätte nie gedacht …« Frau Klaussner biss sich auf die Lippen, die unter dem perlmuttfarbenen Lippenstift spröde wirkten.
    »Worüber haben Sie sich denn gestritten?«, wollte Franca wissen. Von dem lautstarken Streit hatte ihr der Nachbar, dieser Hans Kleinkauf, bereits berichtet, obwohl er sich mit dieser Auskunft furchtbar schwergetan hatte. Als ob er einen Verrat beginge.
    »Ach, das Übliche.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. Ihre Hände waren gepflegt, auf den Fingernägeln glänzte rosafarbener Lack. Am rechten Ringfinger steckte ein goldener Ehering. »Dass er sich nicht um den Jungen und mich kümmert. Dass er sich immer in seinem Arbeitszimmer verkriecht. Aber er hat mir nicht zugehört. Hat einfach die Tür hinter sich zugeknallt und mich stehen lassen. Wie das so seine Art war.« Frau Klaussner wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Oft hat er nächtelang am Computer gesessen«, fuhr sie fort. »Er hatte die Tür immer abgeschlossen. Ich weiß nicht, was er da gemacht hat. Wahrscheinlich hat er sich irgendwelches Pornozeugs angeschaut.« Ein gewisser Ekel lag in ihrer Stimme. »Aber wenn ich ihm konkrete Fragen stellte, hat er immer geleugnet und so was weit von sich gewiesen.« Sie erhob sich, zog eine Schublade auf und entnahm ihr ein Papiertaschentuch, mit dem sie sich die Nase schnäuzte. »Unsere Ehe ist schon lange nicht mehr das, was sie mal war. Seit wir hierhergezogen sind, zoffen wir uns

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