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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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andauernd.«
    Sie sprach von ihrer Ehe in der Gegenwart.
    »Wo hat er denn in letzter Zeit geschlafen?«, fragte Hinterhuber. »Im Ehebett?«
    Frau Klaussner wich seinem Blick aus und hob die Schultern. »In seinem Arbeitszimmer auf der Couch.«
    »Haben Sie über Scheidung gesprochen?«
    Die junge Witwe schüttelte den Kopf. »So bin ich nicht erzogen worden. Man hat sich immerhin füreinander entschieden. Dass es mal bessere und mal weniger gute Zeiten gibt, ist doch normal.« Es klang so, als wolle sie sich selbst von etwas überzeugen, an das sie im Grunde nicht glaubte.
    »Hat das Ihr Mann auch so gesehen?«
    Sie senkte den Blick. »Ich weiß nicht, wann es anfing. Vielleicht, als unser Sohn da war und ich nicht mehr so viel Zeit für ihn hatte. Wahrscheinlich aber schon früher. Genau kann ich es nicht sagen.«
    »Sie meinen, ab da hat er Sie immer wieder betrogen?«
    Sie nickte, presste die Lippen zusammen und schaute verloren vor sich hin. »Man sagt ja immer, einen schönen Mann hat man nie für sich allein. Da ist wohl was dran.« Sie lachte unfroh. »Ich hatte gehofft, dass sich das mit der Zeit legen wird. Dass er ruhiger wird mit dem Älterwerden, aber dem war nicht so. Dennoch war ich bereit, ihm zu verzeihen. Jedes Mal. Ja, ich weiß, das klingt lächerlich. Aber ich wollte mit diesem Mann leben. Da musste ich wohl oder übel solche Dinge in Kauf nehmen.« Hastig inhalierte sie Zigarettenrauch und blies ihn wieder aus. »Jeder macht Fehler. Ich auch, das ist klar, und deshalb schmeißt man nicht eine lange Partnerschaft einfach so weg. Er hatte schließlich seine guten Seiten. Er war immer sehr großzügig und in guten Zeiten ein vorbildlicher Vater. Ich wollte an dieser Ehe festhalten. Mir lag daran. Und ich hätte es schön gefunden, wenn wir miteinander alt geworden wären. Dann kommt es ja auch auf ganz andere Dinge an, nicht wahr? In unserem Bekanntenkreis gingen so viele Ehen in die Brüche und ich wollte mich da einfach nicht einreihen.« Mit dem Taschentuch wischte sie sich übers Gesicht und tupfte ein paar Tränen fort. »Außerdem habe ich gelernt, zu meinem Wort zu stehen«, betonte sie. »Bis dass der Tod euch scheidet. So wie es der Pfarrer in der Kirche sagte.«
    Franca rieselte es eiskalt den Rücken hinunter. Sie suchte Hinterhubers Blick.
    »Dürften wir das Arbeitszimmer mal sehen?«
    »Sicher.« Frau Klaussner drückte den Zigarettenstummel in einen bereitstehenden Aschenbecher, in dem bereits einige Kippen lagen, und stand auf.
    Franca und Hinterhuber folgten der Frau, die mit hängenden Schultern vorausging. Am Ende des Flurs im Erdgeschoss lag ein kleineres Zimmer, das mit einem Schreibtisch, einem Regal und einer Bettcouch ausgestattet war, die ausgezogen war und auf der zerwühltes Bettzeug lag.
    »Hier hat er in letzter Zeit immer geschlafen. Ich hatte noch nicht die Kraft, das wegzuräumen.«
    Franca und Hinterhuber sahen sich im Zimmer um. Es machte einen nüchternen Eindruck. Eine altmodische Uhr in einem Holzgehäuse, auf der die Zeit stehen geblieben war. Keine Fotos. An der Wand hingen gerahmte Pflanzenaquarelle.
    Im Regal befanden sich Reihen von pharmazeutischen Fachbüchern und etliche moderne Romane, darunter auch Krimis. Im untersten Fach standen Leitzordner.
    Der Schreibtisch war aufgeräumt. Einige Büroutensilien lagen darauf, Tesafilm, Stifte, Radiergummi, sonst war nichts zu sehen. Wichtiges wie Laptop, Handy und Notizkalender war längst beschlagnahmt worden.
    »Könnte es sein, dass Ihr Mann zurzeit wieder eine Freundin hatte?«, frage Franca. Sie dachte an die vielen Mails und Chat-Protokolle, die noch gelesen werden wollten.
    Stephanie Klaussners Augen huschten unruhig hin und her. »Ich … weiß … nicht«, antwortete sie. Es klang nicht sehr überzeugend.
    »War er denn öfter abends weg?«, wollte Hinterhuber wissen.
    »Nicht so oft. Manchmal. Aber mein Mann hat es schon immer verstanden, seine Affären dezent zu behandeln. Ich nehme an, er hat sich während der Arbeitszeit mit seinen Freundinnen getroffen. Ist ja sehr praktisch, wenn man attraktive Angestellte hat.« Immer wieder schlich sich Bitterkeit in die Stimme der Witwe.
    »Denken Sie an eine bestimmte Angestellte?«, fragte Franca.
    Frau Klaussner sah hoch. »Ariane Bender«, erwiderte sie hart. »Hübsch und äußerst hartnäckig. Sie hat ernsthaft gedacht, mein Mann ließe sich für sie scheiden«, meinte sie kopfschüttelnd. »Aber da hatte sie sich gewaltig getäuscht. Da konnte sie sich

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