Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
einen Lover?«, keuchte er schlieÃlich.
Ich nickte. »Klar. Du hast ja auch deine Yvonne.«
»Und ⦠und ⦠sie lässt euch allein? Das ganze Wochenende lang?«
»Na und? Was sind schon zweieinhalb Tage gemessen an den Monaten, seitdem du nur deine Yvonne im Kopf hast.« So langsam verlor ich die Geduld. »Was ist jetzt? Hilfst du mir, Leonie zu suchen? Oder musst du auf deine Yvonne warten?«
»Hör doch auf, ständig von âºmeinerâ¹ Yvonne zu reden!«, fuhr er mich an und kramte hektisch zwischen all den Illustrierten und Pullis und Papiertaschentüchern herum. »Verdammt, wo ist denn nur mein Handy?«
Ich trat von einem Fuà auf den anderen. »Wozu brauchst du das denn?«
»Wozu, wozu!«, bellte er mich an. »Ist doch klar: Ich versuche, Leonie zu erreichen.«
»Pffft«, machte ich. »Vergiss es; sie hat das Handy natürlich ausgeschaltet.« Mein Vater brauchte eine Ewigkeit, bis er Schuhe und Mantel angezogen hatte und wir auf der StraÃe standen. »Und jetzt?«, wollte er wissen.
»Tja â¦Â« Die Flocken fielen nun so dicht, dass ich sein Gesicht kaum erkennen konnte, obwohl er mir direkt gegenüber stand. »Bei dir ist Leonie nicht, bei ihrer Freundin auch nicht, Oma und Opa wohnen weit weg ⦠ich hab keine Ahnung, wo sie sein könnte. Und bei dem Schnee ⦠also wenn sie sich irgendwo im Freien versteckt und wir sie nicht finden, wird sie erfrieren.« Bei dem Gedanken setzte mein Herz um ein Haar aus. Klar, manchmal raubte mir Leonie den allerletzten Nerv; sie kreischte, sie war neugierig, sie wühlte meine Sachen durch, sie verpetzte mich. Es gab Augenblicke, in denen ich sie echt hasste. Das waren aber nur Augenblicke; normalerweise liebte ich sie, schlieÃlich war sie trotz ihrer Macken meine kleine Schwester.
»Hat sie denn nur eine einzige Freundin?«, wollte mein Pa wissen.
»Siehst du jetzt, wie gleichgültig wir dir geworden sind?«, schrie ich ihn an. »Im Frühjahr habt ihr euch wegen dieser blöden Yvonne getrennt, und schon sind wir dir komplett egal!« Ich schnappte nach Luft. »Natürlich hat sie jede Menge Freundinnen! Wir können eine nach der anderen anrufen â¦Â« Ich rannte das kurze Stück zu Pas Haus zurück. An der Eingangstür hatte er mich eingeholt und hielt mich fest. »Macht doch keinen Sinn, nochmals in die Wohnung zu gehen. Hast du die Nummern von Leonies Freundinnen gespeichert?«
»Ja. Hab ich.« Ich war wütend auf mich; Mensch, die Mädchen hätte ich längst anrufen können â warum hatte ich daran nicht gedacht!? Und warum wollte mein Vater nicht in die Wohnung, wo es warm war? »Es ist wegen Yvonne, stimmtâs?«
Er nickte. »Nun mach schon, Mirja!«
Es war kalt und ich war wütend auf meinen Vater. Meine Finger zitterten, deshalb vertippte ich mich immer wieder, aber ich biss die Zähne zusammen und rief die sechs zweitbesten Freundinnen meiner kleinen Schwester an. Keine wusste etwas von Leonie.
»Was jetzt?«
»Gute Frage â¦Â« Ich starrte auf die eingespeicherten Nummern in meinem Handy und fragte mich verzweifelt, wo Leonie denn sein könnte ⦠als ich Jonasâ Nummer sah. Vielleicht, dachte ich, ist sie ja gar nicht in die Stadt gefahren; vielleicht ist sie im Schuppen? Weil sie denkt, da würde ich mich mit Jonas treffen? Oder als erstes nach ihr suchen? Keine Ahnung, was meine Schwester gedacht hatte, aber je länger ich an den Schuppen gegenüber unseres Häuschens dachte, desto wahrscheinlicher erschien es mir, dass sie sich dorthin geflüchtet hatte. Mein Rad lehnte an der Hauswand, ich hatte es nicht mal abgeschlossen. »Ich fahr zurück«, rief ich meinem Vater zu und war schon aufgestiegen.
»Halt! Wohin willst du?«
»Ins Dorf! Es könnte sein â¦Â«
Plötzlich kam Leben in meinen Vater. »Wir nehmen das Auto!«
Er fuhr es aus der Garage, wir luden mein Fahrrad ein und düsten los. Auf den StraÃen lag der Matsch zentimeterhoch, aber auf der LandstraÃe pflügten wir durch tiefen Schnee, und das Auto schlingerte immer mal wieder, weil sich unter der Schneedecke Eis befand. Ich presste meine Hände zusammen und schwitzte vor Aufregung. Einmal drehten die Räder durch, das Auto rutschte quer über die Fahrbahn, blieb aber in einer Schneewehe stecken. »Glück gehabt«, murmelte mein Vater,
Weitere Kostenlose Bücher