Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
weiter auf. Da hatte ich genug von ihrem Theater.
»Komm schon, Leonie. Das stimmt doch alles nicht. Du bist in den Bus gestiegen. Das stimmt. Aber dann bist du an der ersten Haltestelle wieder raus. Warum?« Ich hatte keinen blassen Schimmer, ob das stimmte, aber Leonie glaubte ich kein Wort; sie hatte einfach zu dick aufgetragen.
Tatsächlich! Sie erschrak und rief: »He! Hast du mich gesehen? Oder hat jemand gepetzt?«
»Na klar!«, erwiderte ich cool.
»Wer war das?«
»Sag ich nicht.«
Paps seufzte. »Also Leonie: Warum hast du deine Schwester angelogen? Und warum hast du dich im Schuppen versteckt?«
Meine Schwester verzog den Mund. »Weil sie mich loswerden wollte. Deshalb. Glaubst du«, kreischte sie los, »ich hätte das nicht gemerkt?«
»Stimmt das? Wolltest du deine Schwester loswerden?«
»Klar stimmt das!«, rief Leonie und tat so, als würde ich nicht mit am Tisch sitzen. »Ich bin doch nicht blöd, ich wusste doch, was sie vorhatte!«
Mein Vater runzelte die Stirn. »Aha. Und was hattest du vor, Mirja?«
»Geht dich nichts an«, murmelte ich.
»Mit Jonas wollte sie knutschen! Drüben, im Schuppen!«, rief meine kleine Schwester. Ich hätte sie erwürgen können. Ich meine: Unter Einsatz meines Lebens hatte ich mich bei Eis und Schnee mit dem Fahrrad auf unwegsamen LandstraÃen in die Stadt gekämpft, hatte meinen Vater herausgeklingelt, obwohl ich nicht wissen konnte, ob seine blöde Tussi zu Hause war, hatte ihre allerbesten und zweitbesten Freundinnen angerufen â und dann das: meine Schwester petzte!
Jetzt hatte mein Pa noch viel mehr Runzeln auf der Stirn. »Stimmt das, Mirja? Du wolltest dich mit einem Freund im Schuppen treffen?«
»Nein«, antwortete ich, und es war die reine Wahrheit.
»Doch!«, schrie Leonie. »Ich hab euch doch gesehen, wie ihr geknutscht habt. Ich bin euch nämlich â¦Â« Erschrocken klappte sie den Mund zu.
Ich stand auf, starrte sie an. »Du bist uns nachgeschlichen? Wie oft?«
»Na ja â¦Â«
»Wie oft?«
»Oft«, flüsterte sie.
Mein Pa war völlig überrumpelt. »Du hast einen Freund, Mirja? Davon weià ich ja nichts. Bist du nicht zu jung dafür?«
»Quatsch â ich bin dreizehn. Schon vergessen? Und du weiÃt deshalb nichts davon, weil du dich ja auch nicht um uns kümmerst«, sagte ich leise. »Und überhaupt â ich habe keinen Freund. Jetzt jedenfalls nicht mehr.«
»Echt?«, wollte Leonie wissen. »Hast du mit Jonas Schluss gemacht? Aber wieso denn? Ich denke, er ist dein Josef, den du vor allen Leuten küssen wirst?«
Ich schüttelte nur den Kopf. Mein Kakao hatte jetzt eine dicke runzlige Haut; ich schob den Becher übern Tisch und passte auf, dass ich nicht heulte. »Er ⦠also Jonas, hat Schluss gemacht.«
»So ein gemeiner Kerl!«, rief Leonie und fiel mir um den Hals. »Du Arme! Wen küsst er denn dann?!«
Da haute Paps die Faust auf den Tisch. »Ruhe jetzt! Worum geht es eigentlich? Könnt ihr mir das gefälligst mal verraten?«, setzte er leiser hinzu.
»Um Mirjas Jonas«, sagte Leonie.
»Ums Weihnachtsmusical«, sagte ich.
Paps griff sich an den Kopf. »Was stimmt denn nun?«
»Beides«, antworteten wir gleichzeitig. »Aber das ist eine lange Geschichte«, setzte ich gleich noch hinzu.
»Gut. Wenn es so ist, koche ich uns am besten nochmals einen Topf Kakao.«
»Ja«, sagte Leonie. »Und schade, dass du nicht auch noch Waffeln backst, Paps. Aber vielleicht beim nächsten Mal? Wenn du uns wieder besuchst?«
Unser Vater tat so, als sei er taub. Er goss Milch in den Topf, schüttete Zucker und eine tüchtige Portion Kakaopulver dazu und wirbelte alles mit dem Schneebesen durcheinander. Es spritzte ordentlich in alle Richtungen.
Dann musste ich berichten, vom Musical, von Lillis Intrigen â und dass ich jetzt wieder Single bin.
»Das ist voll unfair«, schimpfte Leonie. »Paps, tu was dagegen!«
Das fehlte gerade noch! »Misch dich nicht ein, Kleine! Und du schon gar nicht, Pa! Ich will Jonas nicht mehr. Jetzt, wo er mit Lilli knutscht, finde ich ihn nur noch eklig.«
»Dann such dir einen Neuen«, riet mir meine kleine Schwester. »Ma hat das ja auch getan.«
»Ich will aber keinen Neuen. Jedenfalls jetzt noch nicht«, sagte ich. »Ich kenne auch niemand, der mir
Weitere Kostenlose Bücher