Engelsleid (German Edition)
sie nicht versetzt, würde sie jetzt nicht einen anderen küssen. Um Himmelswillen, das wuchs ihr alles über den Kopf.
Laura entzog sich Dominic und setzte sich auf. Das aufke i mende Pochen in ihren Schläfen ignorierend , fragte sie ihn: » Hilf meiner Erinnerungslücke auf die Sprünge – was ist gestern Abend geschehen? «
Sich ebenfalls aufsetzend und ihr mit einer Hand sanft über die Wange streichelnd , erwiderte er: » Nichts. Wir haben uns unterha l ten, du hast ein bisschen geweint und – « , er zuckte entschuldigend mit den Schultern: » Wir haben ein bisschen viel getrunken. «
» Stimmt. « Laura verzog das Gesicht. Eine bleierne Schwere machte sich mehr und mehr in ihrem Kopf breit.
» Kopfschmerzen? «
» Ja, du nicht? «
Er schüttelte den Kopf, presste seine Fingerspitzen auf ve r schiedene Punkte in ihrem Gesicht, zwischen ihren Augenbrauen, an ihren Schläfen, und bewegte sie in kleinen Bewegungen ma s sierend hin und her. Seine Finger fühlten sich überraschenderwe i se angenehm kühl an. Sich ganz dieser einfühlsamen Massage hingebend , schloss Laura die Augen. Der zweite Mann innerhalb weniger Tage, der versuchte, ihre Schmerzen wegzuza u bern. Der Druck war angenehm und das Halten ihres Kopfes durch seine Hände versetzte sie in einen Zustand der Geborgenheit. Eigena r tig, zu was für Empfindungen sie in seiner Nähe und durch seine spontanen Gesten fähig war. Dieses Vertrauen hatte sie zu Gi u seppe nicht gefasst.
» Um auf deine Frage zurückzukommen, wenn du wissen willst, ob wir miteinander geschlafen haben – wir haben nicht. «
Darüber spürte sie ein klein wenig Bedauern. Ob er wohl ein zärtlicher Liebhaber war? Andererseits brauchte sie nun kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie in ein paar Tagen nach Italien reisen und Giuseppe wiedersehen würde. Grundgüt i ger, warum musste Dominic ausgerechnet jetzt in ihr Leben tr e ten, wo sie sich schon in einen anderen verguckt hatte?
» Es war einfach nur zu spät, um nach Hause zu fahren und ich wollte dich in deinem Zustand nicht alleine lassen « , ergänzte er leise und riss sie aus ihren Gedanken.
16
Auf der Suche
Seine Beharrlichkeit zahlte sich nicht aus und mit jeder Stunde, die er vergebens suchte, wuchs Azaradeels Ungeduld . Planqua - d ratartig hatte er Frankfurt und Umgebung durch sein Fernglas abgesucht. Es gab einige Frauen im passenden Alter, sogar A u gen- und Haarfarbe stimmten überein , es bestanden auch andere Äh n lichkeiten, aber es war schließlich doch keine dabei, bei der seine Sinne Alarm schlugen. Das schöne Gesicht seiner Geliebten war in seinem Gedächtnis wie eingemeißelt. Ihr Kind musste viel Äh n lichkeit mit ihr haben – oder mit ihm. Der Gedanke entlockte ihm ein Lächeln. Wenn es ein junger Mann wäre, bestimmt. Aber er suc h te ein Mädchen. Falsch, inzwischen war sie längst eine junge Frau. Es versetzte ihm einen Stich, als er sich bewusst machte, dass er die intere s santeste Phase ihres Lebens verpasst hatte.
Bei einer Frau sprang für Sekunden ein Funken über und er wähnte sich seinem Ziel ganz nahe. Ihr durch die Fußgängerzone folgend , provozierte er einen B einahe z usammenstoß und sah ihr für Sekunden direkt in ihre strahlend blauen Augen. Es ve r schlug ihm den Atem, so makellos und ebenmäßig waren ihre Gesicht s züge. Sein Herz schlug schneller. War sie es? Als wäre die Zeit seit damals stehen geblieben. Die Ähnlichkeit war frappi e rend. Sein Gehirn analysierte die Übereinstimmungen der Formen von Nase, Mund, Augen und Brauen. Nur die Somme r sprossen waren auffälliger und die Haarfarbe passte nicht. Waren sie g e färbt? V errannte er sich in Wunschdenken? Oder war sie es ta t sächlich?
Er lächelte sie an, und obwohl ihr Ärger über sein Anrempeln spürbar war, lächelte sie daraufhin kurz zurück. Wie gut sich das anfühlte zu merken, dass seine Aura immer noch wirkte.
Anmaßung, Eitelkeit, schoss es ihm durch den Kopf. Wer z u rück in den Himmel wollte, musste von solchen Fehlungen frei sein. Aber seit dem überaus offenen Gespräch mit Leviathan drängten sich viel sündigere Gedanken in sein Bewusstsein. Von dem Wunsch der Rückkehr sollte er sich vielleicht doch endgültig fre i machen. Wenn Gott alles wusste, dann wusste er auch von Azaradeels Verfehlungen. Nur um Beatrice und das Kind zu schützen, hatte er sie nie besucht. Hätte sie andernfalls wirklich der Zorn des Herrn getroffen? Dann würde Leviathan eine Spur menschl i cher
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