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Engelsleid (German Edition)

Engelsleid (German Edition)

Titel: Engelsleid (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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entzifferte halblaut einen der Texte, die bereits stark verwittert waren.
    Tu ch'entri qua con mente parte a parte et dimmi poi se tante meraviglie sien fatte per inganno o pur per arte.
    » Du, der du Stück für Stück mit Verstand hier hereinkommst, sage mir hinterher, ob so viele Wunder aus Täuschungsabsicht oder um der Kunst willen gemacht worden sind. « Laura überlegte. » Ist Kunst oder Zauber gemeint? Das ist ziemlich doppeldeutig. «
    Giuseppe zuckte mit den Schultern. » Ganz genau weiß man das nicht, weil die Texte nicht alle vollständig und recht altmodisch fo r muliert sind. Einige erzählen von diesem heiligen Wald, dass er e t was ganz Besonderes sei, und nur seinen Bewohnern gehöre, den Göttern und Naturgeistern. Mehr weiß ich auch nicht. «
    Laura betrachtete gerade einen überdimensionalen Monste r kopf und konnte sich eines Schauderns nicht erwehren. Sei nicht albern. Das sind nur Steine und du bist kein Kind mehr. Schnell folgte sie weiter dem Weg, aber das unangenehme Gefühl wollte nicht nachlassen. Es wurde auch nicht besser, als sie Giuseppe ansah, dessen Gesicht eine merkwürdige, verschlossene Miene angenommen hatte. Langweilte er sich mit ihr?
    Ungeachtet ihrer Empfindungen sprach Laura Notizen in ihr Aufnahmegerät und machte Bilder von allem, was sie int e ressant für ihren Bericht fand. Als sie Giuseppe bat, sich als neuer Besi t zer des Parks und Nachfahre der Gründer für ein Foto zu einer der Figuren zu stellen, lehnte er dies nicht nur ohne plausible Begrü n dung entschieden ab, sondern drehte sich bei jedem ihrer Vers u che, ihn dennoch abzulichten, stets im letzten Moment um. Zu gerne hätte Laura ihn neben einem der Monster gesehen, oder neben dem Elefanten, um damit auch die Monumentalität der Skulpturen herauszustellen, aber er weigerte sich. Schließlich gab sie schmollend auf.
    Zuletzt kamen sie zu der breiten Treppe, die zu dem Monste r maul hinaufführte, in dem sie sich Stunden zuvor geliebt hatten. Der erotische Zauber der Nacht war jedoch verflogen und wollte sich trotz der schönen Erinnerung nicht einstellen. Stattde s sen gewann Laura den Eindruck, in ein Höllentor zur Unterwelt ei n zutreten, wozu auch der Altartisch im Inneren passte. War sie wirklich schon einmal hier gewesen? Das Erlebnis erschien ihr unwirklich wie ein Traum. Der Altar war kahl. Nur ein paar R o sen auf dem Boden welkten vor sich hin und bezeugten das G e schehene.
    Lasciate ogni pensiero o voi ch’ entrate.
    Der schlecht lesbare Text, der über dem gebogenen Ei n gang in den Stein eingemeißelt war, gab Laura Rätsel auf. » Was bedeutet das? «
    » Das ist ein Satz aus Dantes Inferno, nicht ganz original, so n dern ein wenig umform ulier t: Lasst jeden Gedanken fahren, ihr, die ihr eintretet. «
    Wie passend, nichts anderes hatten sie vergangene Nacht g e tan. Ob der Erbauer, jener Graf Orsini, sich ebenfalls einst hier sexuell vergnügt hatte?
    Langsam kehrten sie zum Ausgang zurück.
    » Und nun, bist du bereit für ein neues Liebesspiel nach so viel Arbeit? « , flüsterte Giuseppe in Lauras Ohr.
    Nicht so eilig . Diesmal würde sie ihn zappeln lassen. » Noch ist meine Arbeit nicht erledigt. Im Augenblick verdurste ich fast, und danach wäre ein Ausflug nach Viterbo nicht verkehrt. Wie weit ist es bis dorthin? «

22
    Ein Ball wie in alten Zeiten
     
    Geschickt hatte Giuseppe Laura den Tag über beschäftigt, im Grunde genommen keine Schwieri g keit, zog es sie doch ohnedies nach draußen, um Fakten für ihren Reisebericht zu sammeln.
    Gleich nach dem Frühstück, das mit Melone und Parmaschi n ken sicherlich ganz nach Lauras Geschmack war, fuhren sie nach V i terbo. Die schmalen, bergauf und bergab führenden Gassen, die alten Fassaden, Kirchen, und vielen kleinen Läden fanden ihre enthusiastische Zustimmung. Nicht umsonst galt die histor i sche Al t stadt als eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte Mittelitaliens. Insb e sondere die Fassaden der zahlreichen Paläste aus dem 13. bis 15. Jahrhundert, darunter der Papstpalast, waren sehen s wert.
    In der Kirche San Francesco studierte Laura die berühmten Papstgräber von Papst Clemens IV. und Hadrian V. intensiver als Giuseppe lieb war. Wenn sie wüsste, wie unwohl er sich in di e sem h eiligen Raum fühlte. Hier war die uralte göttliche Magie wesentlich erdrückender als in modernen Gotteshäusern . Der üppig ve r brannte Weihrauch gab ihm den Rest.
    Ohne Erfolg versuchte er La u ra nach draußen in die

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