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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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geworden sei. Einige sagten, dass Menschen bald den Platz der Engel einnehmen würden.
    Lucinda erinnerte sich daran, dass sie sich in ihrem silbernen Sitz neben dem Thron zurückgelehnt hatte. Sie erinnerte sich daran, dass sie bemerkt hatte, wie schlicht und glanzlos er ohne Gottes belebende Anwesenheit wirkte. Sie versuchte, ihren Schöpfer aus der Ferne zu verehren, aber es konnte das Gefühl der Einsamkeit nicht mindern. Anbetung in Gottes Gegenwart war das, wofür sie geschaffen worden war, und alles, was sie jetzt empfand, war Leere. Was konnte sie tun?
    Sie schaute von ihrem Stuhl hinunter und sah einen Engel über den Wolkengrund wandern. Er wirkte teilnahmslos, melancholisch. Er schien ihre Augen zu spüren und sah auf. Als ihre Blicke sich trafen, lächelte er. Sie erinnerte sich daran, wie schön er gewesen war, bevor Gott weggegangen war …
    Sie dachten nicht nach. Sie reichten sich die Hand. Ihre Seelen verbanden sich.
    Daniel, dachte Luce. Aber sie konnte sich nicht sicher sein. Die Wiese war dunkel gewesen und ihre Erinnerung war trüb …
    War dies der Moment ihrer ersten Begegnung?
    Blitz.
    Die Wiese war wieder leuchtend weiß. Zeit war vergangen, Gott war zurückgekehrt. Der Thron strahlte vor erhabener Herrlichkeit. Lucinda saß nicht mehr auf ihrem gewellten silbernen Stuhl neben dem Thron. Sie drängte sich auf der Wiese mit der gesamten Heerschar von Engeln und wurde aufgefordert, etwas zu wählen.
    Der Namensaufruf. Auch dort war Lucinda dabei gewesen. Natürlich war sie das. Ihr war warm und sie war nervös, ohne zu wissen, warum. Eine heiße Welle durchfuhr sie, genau wie bei ihren früheren Ichs, wenn sie am Rande des Todes gewesen waren. Sie konnte ihre zitternden Flügel nicht beruhigen.
    Sie hatte gewählt …
    Ihr wurde flau im Magen. Die Luft schien dünn. Sie … stürzte. Luce blinzelte und sah die Sonne hinter den Bergen versinken, und sie wusste, dass sie wieder in der Gegenwart war, in Troja. Und sie fiel vom Himmel, sieben Meter … fünfzehn. Ihre Arme ruderten, als wäre sie wieder nur ein Mädchen, als könne sie nicht fliegen.
    Sie breitete die Flügel aus, aber es war zu spät.
    Sie landete mit einem weichen Aufprall in Daniels Armen. Ihre Freunde umringten sie auf dem flachen Grasland. Alles war genauso, wie es zuvor gewesen war: Zedern mit flacher Krone um schlammiges, brachliegendes Ackerland, eine verlassene Hütte in der Mitte der kahlen Fläche, purpurne Hügel, Schmetterlinge. Die Gesichter gefallener Engel, die voller Sorge über sie wachten.
    »Geht es dir gut?«, fragte Daniel.
    Ihr Herz raste noch immer. Warum konnte sie sich nicht daran erinnern, was beim Namensaufruf passiert war? Vielleicht würde es ihnen nicht helfen, Luzifer aufzuhalten, aber Luce wollte es unbedingt wissen.
    »Ich war so nah daran«, sagte sie. »Ich habe beinahe verstanden, was geschehen ist.«
    Daniel stellte sie sanft auf den Boden und küsste sie. »Du wirst es verstehen, Luce. Ich weiß es.«
    Es war die Abenddämmerung am achten Tag ihrer Reise. Als die Sonne über die Dardanellen glitt und goldenes Licht auf das Brachland warf, wünschte Luce, es gäbe einen Weg, ihren Lauf aufzuhalten.
    Was, wenn ein Tag nicht reichen würde?
    Luce zog die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen. Sie war nicht an das Gewicht ihrer Flügel gewöhnt, leicht wie Rosenblätter am Himmel, aber schwer wie Bleivorhänge, wenn ihre Füße auf dem Boden waren.
    Als ihre Flügel sich das erste Mal entfalteten, waren sie durch ihr T-Shirt und ihre khakifarbene Armeeweste geschossen. Die Kleider lagen zerfetzt im Gras, ein seltsamer Beweis. Annabelle war rasch mit einem neuen T-Shirt aus der Hütte geeilt. Es war hellblau und hatte ein Bild von Marlene Dietrich aufgedruckt. In die Rückseite waren unauffällige Schlitze für die Flügel eingearbeitet.
    »Statt an all das zu denken, woran du dich noch nicht erinnern kannst«, sagte Francesca, »erkenne das, was du nun weißt.«
    »Also.« Luce ging auf der Wiese auf und ab und spürte zum ersten Mal, wie ihre Flügel hinter ihr wippten. »Ich weiß, dass der Fluch mich daran gehindert hat, meine wahre Natur als Engel zu erkennen, dass er mich jedes Mal sterben ließ, wenn ich mich einer Erinnerung aus meiner Vergangenheit zu nähern begann. Das ist der Grund, warum keiner von euch mir sagen konnte, wer ich war.«
    »Durch dieses finstere Tal musstest du allein wandern«, bemerkte Cam.
    »Und der Grund, warum du bis zu diesem Leben gebraucht hast, war

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