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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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einem Zug, ehe sie weitersprach. »Anscheinend fürchtet ein Teil meines Unterbewusstseins eine Wiederholung der schrecklichen Dinge.«
    »Anscheinend ja – besonders, da du jetzt eine enge Bindung zu Eve hast.«
    Während sie einander vorher fremd gewesen waren, verbunden höchstens durch die Tatsache, dass sie denselben Vater und von daher auch gemeinsames Blut hatten. »Glaubst du, Jeffrey fürchtet sich auch?« Immerhin hatte dieser Mann erst zwei seiner Kinder, dann die geliebte Frau begraben müssen, auch er war tief verletzt worden.
    »Jeffreys emotionaler Zustand interessiert mich herzlich wenig.« Raphael war allzu deutlich anzusehen, was er von dem Vater seiner Gemahlin hielt. »Seinetwegen hast du als Kind nicht die Hilfe bekommen, die du zur Heilung gebraucht hättest.«
    Er hatte ja recht – andererseits sah Elena Jeffrey inzwischen mit den Augen einer Erwachsenen, nicht mit denen eines Kindes, wodurch es ihr viel schwerer fiel, ihn zu verachten. »Ich weiß nicht, ob ich ihm je verzeihen kann, was er mir angetan hat. Aber wenn er das mit Eve richtig hinbekäme, würde ich ihn vielleicht nicht mehr hassen.« Wenn sie nur nicht solch schreckliche Angst hätte, dass ihre Hoffnung vielleicht vergeblich war.
    Eine halbe Stunde später befanden sie sich gerade auf ihrem Weg aus der Stadt, als ihnen von einem Balkon aus zugewunken wurde. Und von wem? Natürlich ausgerechnet von Tasha. Die hatte sich das Haar zurückgebunden, damit jeder die Waffe bewundern konnte, die sie diagonal auf den Rücken geschnallt trug. »Ich bin so froh, euch noch erwischt zu haben! Ich wollte euch doch so gern Auf Wiedersehen sagen.«
    Elena hätte sich bei den zuckersüßen Bemerkungen, die die nächsten paar Minuten lang in ihre Richtung abgegeben wurden, am liebsten übergeben, bemühte sich aber um ein höfliches Lächeln. »Es tut mir leid, zu drängen«, sagte sie schließlich mit bemüht besorgtem Blick gen Himmel, »aber mir sehen die Wolken da nach Regen aus.«
    »Elena hat recht, wir dürfen mit dem Abflug nicht länger warten«, stimmte Raphael ihr zu.
    »Natürlich!« Tasha war ganz Eleganz und Charme, als die drei sich voneinander verabschiedeten. »Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.«
    Das war aber nicht nett von dir,
tadelte Raphael, kaum befanden seine Gemahlin und er sich in der Luft.
Der kleine Schauer zieht im Nu vorüber, das weißt du doch ganz genau.
    Willst du wissen, was ich ganz genau weiß? Ich weiß genau, dass diese Tasha McHotpants sich vor Wut in den Hintern beißt, weil sie sich dich nicht geschnappt hat, als du noch jung und unvermählt warst!
Sie ahmte Tashas Stimme nach:
Ach, Raphael, was für ein Glück, dass ich dich noch erwischt habe! Und gerade jetzt, wo ich zufällig mein Schwert trage und ganz die Kriegerin bin!
Elena schnaubte verächtlich.
Von wegen Glück!
    McHotpants?
    Halt die Klappe, ich bin sauer! Besonders nach der Nummer, die du heute Morgen abgezogen hast.
    Nach heute Morgen solltest du aber auch wissen, dass ich für Messer mehr übrig habe als für Schwerter.
    Sei still, hörst du? Wenn du mich weiterhin aufziehst, ist das schlecht für deine Gesundheit.
    Zu Elenas großer Verwunderung hielt Raphael wirklich den Mund. Er öffnete ihn erst wieder, um sie auf einen Vulkan hinzuweisen, der in einiger Entfernung links von ihnen aufragte. Jetzt verstand Elena auch, warum sie immer noch von solch schweren Gefühlen gebeutelt wurde: Im Herzen dieses Vulkans würde noch an diesem Tag eine junge Frau zur letzten Ruhe gebettet werden, die nichts weiter getan hatte, als im Wald spazieren zu gehen.
    Gleich nach dem Vollzug der entsprechenden Riten würde aus Amanat wieder eine geschlossene Stadt werden. So hatte es ihr Raphael jedenfalls beim Duschen erzählt. Caliane war einverstanden, in diesem Teil der Welt gegen das Dunkel Wache zu stehen, während ihr Sohn und die Seinen auf ihrer Seite dagegen kämpften. Und obwohl Elena immer noch hoffte, all ihre Vorbereitungen würden sich letztendlich als überflüssig erweisen, wusste sie doch, dass sie sich diese Hoffnung eigentlich gleich sparen konnte, sie war vergeblich.
    Mit jedem Herzschlag erklangen die Trommeln des Krieges lauter.
    Der Jet setzte sie auf einem Flughafen in der Nähe von New York ab, und sie legten die letzte Wegstrecke nach Manhattan hinein mithilfe ihrer Flügel zurück. In tiefen Zügen sog Elena die beißend kalte Luft der Heimat in ihre Lungen. Seit Wochen versprach diese Luft nun schon Schnee, ohne ihr

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