Engelslied
bei der Schlacht in Amanat das weiße Gold. Lijuans Schwarz begann in Raphaels Zellen einzubringen.
Eigentlich hätte es ihn nicht so schlimm erwischen dürfen, denn immerhin brannte das Wildfeuer in ihm, und das war ein Gegengift zu Lijuans Hässlichkeit. Aber Raphael war erschöpft. Wer weiß, wie lange er jetzt schon mit Lijuan kämpfte. Vorher hatte er noch unter großen Anstrengungen die Flugzeuge zerstört, und er setzte sein Wildfeuer seit Beginn der Kämpfe gegen den anderen Erzengel ein. In Amanat war diese neue Kraft noch zu jung gewesen, er hatte deshalb immer nur über einen sehr kurzen Zeitraum Wildfeuer erschaffen können. Die Fähigkeit hatte sich inzwischen zwar weiterentwickelt, aber relativ neu war sie immer noch.
Elenas Hände wurden eiskalt, als sie erkennen musste, dass Raphael kein Wildfeuer mehr in sich hatte.
42
Elena lief los, ohne sich zu fragen, was sie dazu brachte, ihr Gewehr niederzulegen, den Adlerhorst zu verlassen und vom nächsten Balkon aus loszufliegen, während Raphael mit seinem schwarz verkrüppelten Flügel in einer Spirale vom Himmel fiel.
Erzengel!
Geh wieder rein, Elena!
Nein, verdammt!
Sie hatte instinktiv die Geschwindigkeit seines Sturzes richtig berechnet, krachte mit ihm zusammen und schlang die Arme um seinen Oberkörper. »Benutz es!«, sagte sie, während in ihrem linken Arm heftiger Schmerz zu pulsieren begann, obwohl nichts die Haut dort berührte. »Nutze mich!«
Raphael hielt sie mit einem Arm fest, während er mit dem anderen Engelsfeuer in Lijuan feuerte. Der Arm, mit dem er schoss, war mit Wunden übersät.
»Du musst zurück in den Turm!«, herrschte er sie wütend an, während sie immer schneller stürzten, war doch sein infizierter Flügel inzwischen ganz schwarz geworden und zu nichts mehr zu gebrauchen. »Ich kann nicht gleichzeitig kämpfen und auf dich aufpassen!«
»Hör mir doch zu, du hörst mir nicht zu! Spürst du sie nicht? Die Verbindung?« Ihr eigener Flügel fühlte sich an, als fräße ihn das Schwarz von innen her auf. Die Schmerzen waren fast unerträglich.
»
Spür UNS , Raphael. UNS !«
Zwischen ihnen beiden hing die Welt aus Raphaels Traum, während eine vor Vergnügen kreischende Lijuan einen Regen aus tödlichen schwarzen Nadeln schuf. »Wie passend! Du stirbst zusammen mit deiner Sterblichen!«, kreischte sie.
Raphael streckte den Arm aus, um das Schwarz mit dem Schild seiner eigenen Kraft abzulenken, aber der Schild knickte fast sofort ein. Anscheinend beeinträchtigte die Verletzung die Fähigkeit des Erzengels, sich Kraft aus Quellen zu besorgen, die außerhalb seiner selbst lagen.
Wild entschlossen packte ihn Elena am Kinn, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken. »Das Scheißweib Lijuan erwischt uns doch sowieso, kümmere dich also nicht darum, mich zu beschützen.
Streck die Hand danach aus!
«
Ein harter Blick aus wilden blauen Augen, die das Schwarz noch nicht erreicht hatte. Dann spürte Elena ein heftiges Zerren in ihrem Innern, das sie laut aufschreien ließ … und Raphaels Schild lud sich mit Wildfeuer auf. » JA !« Ihr Hals war rau, ihre Brust schmerzte, aber als sie seinen Flügel ansah, wurde das Schwarze dort weggefressen, und zurück blieb nur leuchtendes, weißes Gold.
Ein weiterer markerschütternder Schrei: Raphael hatte Lijuans Nadeln direkt auf diese zurückgelenkt.
Bleib dicht bei mir.
Als er sie losließ, breitete sie die Flügel aus und zog die Handfeuerwaffen aus den Schenkelfutteralen. Kurz trauerte sie ihrer Armbrust hinterher, die so perfekt auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten war und bedauerte, keine Maschinenpistolen mitgenommen zu haben. Aber letztendlich brauchte sie nur noch ein paar feindliche Kämpfer zu erschießen, denn Lijuan blies zum Rückzug, nachdem ihr einer von Raphaels Blitzen die untere Hälfte des rechten Flügels zerstört hatte. Die gesamte feindliche Streitmacht ließ sich hinter den Verteidigungsring zurückfallen.
Elena flog nicht zurück in den Turm. Sie wollte nach ihrem Scharfschützenteam sehen, obwohl sie sich vor dem Anblick fürchtete, der sich ihr dort auf dem Dach bieten mochte. Aber wie durch ein Wunder hatten es alle geschafft. Sie waren verwundet, aber am Leben. Als Erster kam Ransom auf sie zu, blutüberströmt, jedoch aufrecht. »Du schuldest mir einen dicken, feuchten Kuss!«, begrüßte er sie, während durch den Notverband an seinem Oberschenkel Blut auf den Boden tropfte.
Als sie ihn empört anknurrte, er solle sich gefälligst einen
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