Engelslieder
Frauen früher trugen … wie es offenbar viele Frauen der Sekte tragen.”
Bens Gesicht wurde kalkweiß. “Oh Gott”, flüsterte er. “
Gott
.”
“Wenn er vorhat, sie an ihrem Geburtstag zu heiraten, bleibt uns noch Zeit, es zu verhindern. Wir müssen nur seinen Namen in Erfahrung bringen und herausfinden, wo er wohnt. Und ich glaube, die Beecher-Brüder kennen die Antworten auf beide Fragen sehr genau.”
Ben schwieg. Seine Gesichtszüge wirkten wie in Stein gemeißelt. Autumn fuhr etwas zu schnell auf die Ausfahrt und lenkte den Wagen dann auf die zweispurige Straße Richtung Osten. Die Verwaltung des Bezirks Warren lag in der kleinen Stadt Warren, südlich der Route 20 und etwa fünfzehn Minuten östlich von der Interstate 5.
Als sie die Stadtgrenze passierten, sahen sie sogleich das Gerichtsgebäude. Es war eines dieser altmodischen Gebäude mit Rundbau, das mitten auf einem hübschen Rasenplatz thronte. Daneben lag das Polizeirevier, ein moderner Bau, der in der altertümlichen Holzfällergemeinde irgendwie fehl am Platz wirkte.
Autumn parkte davor und stellte den Motor ab. “Du hast dir sicher überlegt, wie wir die Polizei dazu bringen, uns mit den Männern sprechen zu lassen.”
Bens Mundwinkel zuckten unmerklich in die Höhe. “Nein, hab ich nicht. Ich habe gemogelt und jemanden angerufen, der sie hoffentlich für mich überzeugt hat.”
Sie zog die Augenbraue hoch. “Ach, und wen?”
“Burt Riker vom FBI. Ich habe ihm erzählt, unsere Quellen hätten uns zum Entführungsfall eines jungen Mädchens aus Idaho geführt, was uns wiederum zum Tatort des Vreeland-Mordes gebracht habe. Ich sagte, wir müssten mit den Brüdern sprechen, die für das Verbrechen verhaftet worden seien, und dass wir glaubten, sie wüssten etwas, das uns bei der Suche nach meiner Tochter weiterhelfen könne.”
“Und das hat er dir abgenommen?”
“Zumindest schien er interessiert. Und er hat in Warren angerufen. Da Entführung gegen das Bundesrecht verstößt, wird sich das FBI sofort einschalten, wenn wir etwas herausfinden. Die Polizei lässt uns mit Jed Beecher sprechen. Offenbar hat er den Mord gestanden und ist bereit, darüber zu sprechen. Sein Bruder Joseph sagt nichts mehr, bis er einen Anwalt hat.”
Das Polizeirevier brummte vor Geschäftigkeit, und das, obwohl die Nachricht über die Verhaftung der Brüder noch gar nicht bekannt gegeben worden war. Aber lange würde es nicht mehr dauern, und Autumn hoffte, sie und Ben wären längst auf und davon, wenn die kleine Stadt von den Medien überrollt würde.
Ben meldete sie bei dem stämmigen Sergeant hinter dem Empfangstisch an, der sie zu einem Lieutenant namens Frazier brachte. Offensichtlich war der Mann nicht besonders glücklich darüber, dass das FBI seine Nase in die Ermittlungen steckte.
“Anscheinend haben Sie einflussreiche Freunde, McKenzie”, begrüßte Frazier sie. Er war groß, dunkelhäutig und kein bisschen attraktiv. “Folgen Sie mir, und halten Sie sich kurz. Sie haben fünfzehn Minuten.”
Autumn folgte dem Polizisten, Ben blieb dicht hinter ihr. Am anderen Ende des Reviers betraten sie einen Anbau durch eine Gittertür, die sich hinter ihnen mit einem entnervenden Geschepper schloss. Lieutenant Frazier brachte sie in einen düsteren Raum, der nur mit einem Tisch und Stühlen möbliert war. An einer Wand hing ein Spiegel. Mit Sicherheit ein Einwegspiegel, dachte Autumn.
“Wie gesagt, fünfzehn Minuten.”
Frazier verließ das Zimmer, und Ben und Autumn setzten sich nebeneinander an den Tisch. Wenige Minuten später ging die Tür erneut auf, und ein junger Mann – mit Hand- und Fußfesseln, dünn, blond, millimeterkurze Haare – kam in die Kammer.
Ben stand auf, als sich Jed Beecher langsam zum Tisch schleppte.
“Die Cops haben gesagt, Sie wollen mich sehen.”
“Das stimmt.” Ben warf Autumn einen scharfen Blick zu. Sie musterte Jed Beecher von oben bis unten und schüttelte dann langsam den Kopf.
Ben setzte sich wieder. Die Enttäuschung stand ihm im Gesicht geschrieben. “Wir suchen jemanden”, sagte er. “Ich glaube, Sie könnten ihn kennen. Ich hoffe, Sie können uns helfen, ihn zu finden.”
“Warum sollte ich?” Beecher bewegte einen gefesselten Fuß und verursachte dadurch ein schepperndes Geräusch.
“Weil Ihr Leben so gut wie vorbei ist. Wenn Sie uns helfen, lässt Gott hinsichtlich des Verbrechens, das Sie begangen haben, vielleicht noch einmal Nachsicht walten.”
“Ich habe kein Verbrechen
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