Engelslieder
Gewalt hat, könnte er gefährlich sein. Ich lasse dich da auf keinen Fall allein hinfahren. Aber es wäre toll, wenn du mich begleiten würdest. Vielleicht fällt dir etwas auf, was ich übersehe.”
Sie konnte ohne Probleme alleine mit den Leuten sprechen, doch Ben mit seinem Beschützersyndrom würde das niemals zulassen, und so energisch, wie er die Zähne aufeinanderbiss, würde er unter gar keinen Umständen klein beigeben. Ihr wurde klar, dass er sich Hoffnungen machte. Allmählich glaubte er, dass sie seine Tochter tatsächlich finden könnten.
Autumn sah zu Ben hinüber. Er sprach von Molly, als wäre sie noch am Leben. Sie war nicht sicher, wann er angefangen hatte, daran zu glauben, aber die Erkenntnis legte sich wie ein Eisenriemen um ihre Brust.
Oh Gott, was ist, wenn ich mich irre und Molly tot ist?
Sie kniff die Augen zusammen, um den Gedanken ganz schnell wieder zu verscheuchen.
“Wir haben noch gar nicht über gestern Abend gesprochen”, meinte Ben sanft. Er setzte den Blinker und steuerte den Wagen auf die Ausfahrt in Richtung Innenstadt. Unrasiert und ungekämmt, wie er war, sah er eher wie ein Harley-Rocker aus denn wie der Fahrer eines Hybridautos. Sie ignorierte das leichte Zittern, das ihren Körper durchlief, und bemühte sich, die Erinnerung an heiße Küsse und nackte Haut auszublenden. Dann sagte sie gespielt lässig: “Was gibt es da zu reden? Ich habe dir gleich gesagt, dass es eine schlechte Idee ist, wenn du bei mir schläfst, und ich hatte recht.”
“Es war keine schlechte Idee. Uns zu lieben war die beste Idee, die wir hatten, seit dieser Irrsinn angefangen hat.”
“Es wird nicht geschehen, Ben. Meinerseits war es ein Fall von temporärer Unzurechnungsfähigkeit. Wenn du jemanden brauchst, um deine sexuellen Gelüste zu befriedigen, ruf Delores Delgato an.”
Er trat hart auf die Bremse und lenkte den Wagen so schnell auf den Seitenstreifen, dass der Sicherheitsgurt über ihrer Brust arretierte.
“Verdammt noch mal, ich brauche niemanden, um meine Gelüste zu befriedigen. Verstehst du das nicht? Du bist es, die ich will, nicht Delores Delgato. Es ist dein atemberaubender Körper, der mich heiß macht, der verrückte, kleine pinke Schmetterling, dessentwegen ich dich am liebsten ins Bett zerren und nicht mehr gehen lassen würde, bis wir beide zu erschöpft sind, um uns zu bewegen.”
Autumn starrte in sein wütendes Gesicht. Sie war zu perplex, um etwas erwidern zu können.
“Ist das jetzt endlich angekommen?”
Sie schluckte. Dann nickte sie.
“Sehr schön.” Er stellte den Automatikhebel wieder auf “Drive” und reihte sich vorsichtig in den Morgenverkehr ein. Autumn schwieg noch immer, aber ihr Herz schlug so wild, als wollte es aus ihrer Brust herausspringen.
War es möglich, dass Ben mehr für sie empfand als nur sexuelle Lust?
Selbst wenn es so war – er war nicht der Typ Mann, der über längere Zeit mit nur einer Frau glücklich wäre.
Und was war mit ihr?
Grundgütiger, was empfand sie für ihn?
14. KAPITEL
W egen der schlaflosen Nacht in Burlington und der anschließenden Rückfahrt mit Ben konnte Autumn am Mittwochmorgen ihren Kletterkurs nicht geben. Vom Krankenhaus hatte sie Josh angerufen und ihn gebeten, für sie einzuspringen.
Wie es sich für einen guten Freund gehörte, half er ihr. “Sag mir, wenn ich noch etwas für dich tun kann”, sagte er.
“Danke, Josh.”
“Wollen wir mit der Klasse am Samstag immer noch bouldern gehen?”
“Was glaubst du denn? Ich fürchte, sie würden ohne mich gehen, wenn ich einen Rückzieher mache.”
“Okay. Dann bis Samstag.”
Das Wochenende des vierten Julis stand bevor, und die Schüler waren bereit für ihre erste Klettererfahrung am echten Fels. Den Plan hatten sie vor langer Zeit geschmiedet, und sie würde ihre Schüler nicht enttäuschen. Sie war nicht sicher, ob Ben mitkäme, aber sie hoffte es. Er war ein erstklassiger Schüler, doch er musste Klettererfahrung im Freien sammeln.
Sie war in Gedanken noch bei dem Ausflug, als Ben ihren kompakten Geländewagen vor den Bay Towers zum Stehen brachte. Er stellte den Schalthebel auf “Parken”, stieg aus und wartete, während Autumn um das Auto herumging und hinter das Lenkrad schlüpfte.
“Ich habe gestern Abend meine Tasche bei dir gelassen. Ich komme später vorbei und hole sie ab.”
Sie wollte nicht darüber nachdenken, was dabei herauskäme. “Triffst du dich heute Vormittag mit Pete Rossi?”
“Um dreizehn Uhr. Vergiss du
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