Engelslieder
Sportgeschäft in Burlington und davon, dass Joanne ihn ebenfalls in einem Sportladen gesehen hatte.
Als sie endeten, lehnte sich ein skeptischer Detective Watkins in seinem Stuhl zurück. Er fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel, als hätte er noch Haare. “Da glaubt man, man hätte schon alles gehört, und dann …”
“Ja, ich weiß, was Sie meinen”, erwiderte Ben finster.
“Also abgesehen von diesen Träumen, die möglicherweise wahr sind, und der Tatsache, dass Sie glauben, Ihre Tochter könnte noch am Leben sein – im Grunde bitten Sie mich, herauszufinden, ob in letzter Zeit ein Mädchen verschwunden ist, deren Beschreibung ungefähr auf Molly passt, richtig?”
“Ja, genau. Bevor wir hierher aufgebrochen sind, haben wir im Internet unter
missingkids.com
nachgesehen. Dort stand, dass im letzten Jahr landesweit sechshundertsechs Kinder als vermisst gemeldet wurden. Das an sich ist schon furchtbar, aber bei einigen waren keine Fotos abgebildet, und ich bin nicht sicher, ob die Seite auch wirklich aktuell ist. Vermutlich ist es irgendwo hier im Nordwesten geschehen, aber das wissen wir nicht mit Sicherheit.”
Watkins schien über Bens Worte nachzudenken. Er atmete tief ein und langsam wieder aus. “Na gut, um der alten Zeiten willen – ich werde mich darum kümmern. Vielleicht können wir die Liste der möglichen Opfer, auf die Ihre Beschreibung passt, zumindest eingrenzen.”
“Das wäre fantastisch.”
Der Detective stand auf, Autumn und Ben folgten ihm. “Ich melde mich bis Mitte der Woche bei Ihnen.”
“Ich weiß Ihre Hilfe wirklich sehr zu schätzen, Doug. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr.”
“Tun Sie mir bitte einen Gefallen, und erzählen Sie nicht groß herum, dass Sie von Entführungsopfern träumen.”
Ben lächelte kaum merklich. “Sicher, kein Problem.”
“Das ist nicht gegen Sie persönlich gerichtet”, sagte Watkins zu Autumn.
Sie lächelte. “Schon gut.”
Autumn und Ben verließen das Polizeirevier und gingen zu ihr. Die Sonne hatte sich hinter eine dünne Wolkenschicht verkrochen, und es war kühl geworden. Eine feuchte Brise verwirbelte die Haare an Autumns Schläfen, und sie zog sich den Pullover etwas enger um die Schultern.
“Ich habe nachgedacht …”, begann sie. Nebeneinander durchquerten sie die Eingangshalle, und Ben holte den Aufzug.
“Ich habe das Gefühl, wir tun in letzter Zeit nichts anderes mehr.”
“Die Namen dieser Frauen … Wenn es nicht ihre richtigen Namen sind, müssen sie eine Bedeutung haben. Es muss einen Grund geben, warum sie sie ausgewählt haben.”
“Darüber habe ich auch schon gegrübelt.”
“Riker hat gesagt, der Typ sehe sich als einen Vertreter Gottes. Die Namen Rachael, Mary und Ruth tauchen alle in der Bibel auf.”
Als sie in der zwölften Etage aus dem Fahrstuhl traten, nahm Ben ihr den Schlüssel aus der Hand. Er öffnete die Tür und wartete, bis sie hineingegangen war.
“Das ist mir noch gar nicht aufgefallen, aber da könnte was dran sein. Der Typ könnte irgendein Religionsfanatiker sein, ein Zelot.”
“Das wäre doch gut, oder? Wenn er religiös ist, dann ist er vielleicht niemand, der sich an kleinen Mädchen vergeht.”
“Hängt von der Religion ab, schätze ich. David Koresh in Waco hat es auch nicht davon abgehalten. Genauso wenig wie den Typen, der Elizabeth Smart entführt hat.”
Sie ließ die Schultern hängen. Welch schrecklicher Albtraum musste das für Ben sein.
“Wir finden sie, Ben. Wir werden nicht aufhören, bis wir sie gefunden haben.”
Er sah sie an. Sein Gesicht war vom Schmerz gezeichnet. “Weißt du, woran ich die ganze Zeit denken muss? Wenn ich nicht aufgehört hätte, nach ihr zu suchen, vielleicht hätten wir sie dann gefunden. Wenn ich nicht aufgegeben hätte, vielleicht …”
“Quäl dich nicht so, Ben. Du dachtest, sie wäre tot, genauso wie alle anderen – die Polizei und das FBI eingeschlossen.” Autumn legte eine Hand an seine Wange. “Die schreckliche Wahrheit ist, dass sie das vielleicht auch ist. Das alles könnte irgendeine verrückte Halluzination sein. Glaubst du, der Gedanke ginge mir nicht unentwegt durch den Kopf?”
Hinter ihren Augen brannten die Tränen. Ben ging auf sie zu und zog sie in seine Arme.
“Das ist für keinen von uns leicht”, murmelte er. “Ich weiß.”
Einen Moment lang legte Autumn den Kopf an seine Schulter und genoss die behagliche Umarmung. Dann atmete sie stockend ein und löste sich aus seinen
Weitere Kostenlose Bücher