Engelslust
muss nach Gwandoria, ein wenig Energie aufnehmen, mein Kind. Du musst mich dorthin bringen.«
Sie merkte, dass er kaum noch am Leben war. Verzweiflung stieg in ihr auf. Sie wollte ihren Vater nicht verlieren, wo sie ihn gerade erst gefunden hatte. »Aber wie soll ich das anstellen?«
»Bring uns aus den Kerkern, dann erschaffe ein Portal. Ich werde dich leiten. Du bist meine Tochter, eine halbe Elfe; du wirst es schaffen«, stammelte Fermion, als Leraja über Volcan hinwegstieg, der immer noch regungslos am Boden lag und schnarchte. Sollte ihr Elfenzauber doch noch gewirkt haben? Eventuell mit Verzögerung? Der Dämon hatte ja gegähnt …
Stutzend blieb sie stehen. Es gab nichts zu verlieren, also murmelte sie einen Spruch, der Volcan seiner letzten Erinnerungen berauben sollte. Hastig setzte sie ihren Vater auf den Stufen ab, lief den kurzen Weg zurück, versperrte den Kerker und befestigte den Schlüsselbund wieder an Volcans Lendenschurz. Vielleicht verschaffte es ihr einen kleinen Vorsprung.
***
Raja war bereits eine halbe Stunde zu spät. Sie hatten sich auf dem Empire State Building verabredet und da stand Cain nun und sah hinunter auf den lebhaften New Yorker Stadtverkehr. Es war Abend, die Besucherplattform hatte bereits geschlossen.
Cain bekam einfach nicht die Szene aus dem Kopf, die sich zwischen ihnen in der Jagdhütte abgespielt hatte. Sie waren sich verdammt nah gewesen und eine seltsame Vertrautheit hatte für einen Moment zwischen ihnen gelegen. Er redete sich seitdem ständig ein, dass er sich vorsehen musste, und nahm sich Crispins letzte Worte als Warnung: Bei der musst du höllisch aufpassen …
Plötzlich hauchte jemand an sein Ohr: »Hallo, Sonnenschein, wartest du schon lange?«
Cain wirbelte herum und blickte direkt in Rajas grüne Augen.
»Hast mich mal wieder nicht bemerkt, was?«
Ja, und das machte sie zu einer Gefahr für ihn und alle anderen Engel. Wenn eine Dämonin wie Raja an die Macht käme, hätte das fatale Auswirkungen.
»Und?« Mit heftig schlagendem Herzen hielt er sie an einer Schulter fest, während seine andere Hand in seine Hosentasche schlüpfte, um dort heimlich auf eine Taste des Smartphones zu drücken. Er musste unbedingt ihre Energiesignatur scannen, damit er zukünftig bei ihrer Ankunft wenigstens durch eine Vibration seines Handys gewarnt wurde. »Hast du ihn?«, fragte Cain und ließ sie wieder los.
Raja blieb dicht bei ihm stehen. »Du hattest recht, Fermion ist mein Vater.«
Ungeduldig wippte er von einem Fuß auf den anderen. »Lebt er?«
»Er ist in einem sehr desolaten Zustand, aber er lebt und ist in Sicherheit.«
»Gott sei Dank!« Cain stieß erleichtert die Luft aus. »Gut gemacht, Raja«, lobte er sie und hätte die junge Halbdämonin beinahe geküsst, obwohl sie ihn abschätzend ansah. »Bring mich zu ihm!«
»Nicht so schnell, Sonnenschein. Nur unter einer Bedingung.«
Es wäre auch zu schön gewesen, wenn einmal alles nach Plan liefe. »Und die wäre?«
»Ich will dich, als Tausch für meinen Vater.«
»Du willst mich ?« Cains Herz überschlug sich beinahe, während Raja zur Wand ging und ein Portal erzeugte. Doch was Cain durch das Loch sah, machte ihm Angst. Es zeigte eindeutig einen düsteren Kerker. Ketten hingen von der Decke. Es gab Streckbänke, Käfige, Kreuze und verschiedene Vorrichtungen, wo Gefangene aufgehängt und gequält werden konnten.
Mit leicht geröteten Wangen blickte sie ihn an und streckte die Hand nach ihm aus. »Komm mit mir.«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dir in die Hölle folge und du dann freie Bahn hast?!« Das war garantiert eine Falle!
Wieso wummerte dann sein Puls in freudiger Erwartung? Er sah Raja doch an, was sie von ihm wollte, dennoch fragte er: »Wie willst du mich? Tot sehen? Zu Tode quälen?«
»Jetzt werd mal nicht melodramatisch.« Raja seufzte und sagte salopp: »Ich will dich nackt, wehrlos, gefesselt – ja. Quälen? – Ja, aber nur auf lustvolle Art. Es wird dir bestimmt gefallen, Sonnenschein. Du wirst winseln und betteln, damit ich es dir noch härter besorge.«
Cain blieben die nächsten Wörter im Hals stecken. Seine schmutzigen Gedanken führten dazu, dass sich sein Schwanz mit Blut füllte. Verdammt, das war Rajas Taktik; er musste einen kühlen Kopf bewahren! »I-ich will erst einen Beweis, dass du Fermion gefunden hast.« Hatte er eben ihren Plänen zugestimmt? Das war praktisch ein Ja gewesen!
»Einen Beweis?« Raja strahlte über das ganze Gesicht, dann
Weitere Kostenlose Bücher