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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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hinter den Tischen aufgereiht waren, lenkten sie ab. Dann aber bemerkte sie auf einmal, was das für eine Person war, die da die Karten ausgab.
    Sie hatte gedacht, dass sie sich inzwischen daran gewöhnt hätte, in den Verkündern unterschiedliche Versionen von sich selbst zu sehen. Jung, voller Hoffnung, immer recht naiv. Aber dieses Mal war es anders. Die Frau, die in dieser zwielichtigen Spielhölle die Karten austeilte, trug ein weißes Frackhemd, eine enge schwarze Hose und eine schwarze Anzugweste, die sich über ihrem Busen wölbte. Ihre Fingernägel waren lang und rot, an den beiden kleinen Fingern glitzerten Strasssteinchen und sie strich sich damit ständig ihre schwarzen Locken aus dem Gesicht. Ihr Blick war über die Köpfe der Casinogäste hinweg in eine unbestimmte Ferne gerichtet. Sie schien niemanden richtig anzuschauen. Die Frau war ungefähr drei Mal so alt wie Luce, aber trotzdem war da immer noch irgendwas zu spüren.
    »Bist das du?«, flüsterte Miles, und man merkte ihm an, wie sehr er sich bemühte, nicht zu erschrocken zu klingen.
    »Nein!«, verkündete Shelby kategorisch. »Diese Tussi ist uralt. Und Luce wird immer nur siebzehn.« Sie warf Luce einen nervösen Blck zu. »Ich meine, in der Vergangenheit war das immer so. Aber diesmal, in ihrem jetzigen Leben, erreicht sie bestimmt ein hohes Alter. Vielleicht wird sie sogar so alt wie die Frau da. Ich meine …«
    »Schon gut, Shelby«, sagte Luce.
    Miles schüttelte den Kopf. »Da ist ja noch so vieles, wovon ich überhaupt keine Ahnung habe.«
    »Okay, wenn ich es nicht bin, dann muss ich mit dieser Frau … weiß nicht, wahrscheinlich irgendwie verwandt sein.« Luce beobachtete, wie die Frau dem glatzköpfigen Mann mit der Krawatte einen Turm aus Jetons hinschob. Ihre Hände sahen denen von Luce tatsächlich ähnlich. Und auch ihr Mund. »Glaubst du, dass sie meine Mutter ist? Oder meine Schwester?«
    Shelby kritzelte eifrig etwas auf den Umschlag ihres Yogabuchs. »Da gibt es nur einen Weg, das rauszufinden.« Sie reichte ihre Notizen hastig Luce. Vegas: Mirage Hotel und Casino, Nachtschicht, Tisch in der Nähe der Bengalischen-Tiger-Show, Vera mit den aufgeklebten Fingernägeln.
    Luce musterte noch einmal die Kartenausgeberin, Shelby fielen wirklich immer Details auf, die Luce völlig übersah. Auf dem Namensschildchen der Frau war in Maschinenschreibschrift VERA zu lesen. Doch da begann das Bild des Verkünders zu wackeln und unscharf zu werden. Bald zerbrach es in winzigen Schattenschnipseln, die zu Boden fielen und sich dort wie die Überreste angesengten Papiers aufrollten.
    »Aber war das nicht in der Vergangenheit?«, fragte Luce.
    »Glaub ich nicht«, sagte Shelby. »Jedenfalls kann es nicht sehr weit zurückliegen. Denn im Hintergrund war ein Werbeplakat für die neue Tournee des Cirque du Soleil zu sehen. Und – was hältst du davon?«
    Bis nach Las Vegas fahren, um diese Frau aufzutreiben? Mit einer älteren Schwester von Luce könnte man bestimmt leichter ins Gespräch kommen als mit den Eltern, die weit über achtzig waren. Aber trotzdem. Was, wenn sie den ganzen weiten Weg nach Vegas machten, und dann vermasselte Luce es wieder?
    Shelby stieß sie in die Seite. »Hey du, ich muss dich wirklich mögen, wenn ich mich tatsächlich breitschlagen lasse, dich nach Vegas zu begleiten. Meine Mutter war dort ein paar Jahre lang Kellnerin, als ich noch klein war. Und ich sage dir, das ist die Hölle.«
    »Und wie sollen wir dort hinkommen?«, fragte Luce, die keinesfalls nochmals einen Ausflug mit dem Auto von Shelbys Exfreund machen wollte. »Wie weit ist Las Vegas eigentlich entfernt?«
    »Jedenfalls zu weit, um dort mit dem Auto hinzufahren.« Miles mischte sich ein. »Was mir gut in den Kram passt, weil ich sowieso vorhatte, das Durchschreiten mal ein bisschen zu üben.«
    »Das Durchschreiten?«, fragte Luce.
    »Ja, durchschreiten.« Miles kniete sich hin und sammelte die Bruchstücke des Schattens auf. Sie wirkten auf Luce, als wären sie zu nichts mehr zu gebrauchen, aber Miles knetete sie mit den Fingerspitzen, bis sie eine unregelmäßige Kugel bildeten. »Ich hab euch doch erzählt, dass ich letzte Nacht nicht schlafen konnte. Na ja, da bin ich mehr oder weniger bei Steven eingebrochen, durch das Oberlicht in seinem Büro.«
    »Na klar«, meinte Shelby unwirsch. »Wo ich doch weiß, dass du in Levitation durchgerasselt bist. Du schaffst es gar nicht, durch das Oberlicht in ein Zimmer zu schweben.«
    »Und du bist nicht

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