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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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fragte sie, nicht sicher, an wen sie sich damit eigentlich wandte.
    »Hast du was gesagt?«, rief ihr Vater und drehte sich um. Er wirkte so glücklich und zufrieden, dass es Luce beinahe das Herz brach.
    »Nichts.« Luce zwang sich zu lächeln. Dann schloss sie die Tür. Sie spürte, dass jemand hinter ihr stand.
    Daniel. Seine Wärme ließ sie beinahe taumeln.
    »Was hast du gesehen?«
    Seine Stimme war eiskalt, aber nicht vor Zorn, sondern vor Furcht. Sie blickte zu ihm auf, wollte nach seinen Händen greifen, aber er hatte sich bereits abgewandt.
    »Cam«, rief er. »Hol deinen Bogen.«
    Cam richtete sich auf dem Sofa im Wohnzimmer auf. »Jetzt schon?«
    Ein zischendes Geräusch vor dem Haus ließ ihn verstummen. Er duckte sich unters Fenster und langte in seinen Blazer. Luce sah etwas Silbernes aufblitzen und erinnerte sich: Er hatte damals die Pfeile des Outcast-Mädchens aufgesammelt.
    »Sag es den anderen«, rief Daniel ihm zu, bevor er sich dann wieder zu Luce wandte. Seine Lippen öffneten sich, und einen Augenblick lang dachte Luce, dass er sie nun küssen würde. Aber er fragte nur: »Habt ihr einen Keller, in dem man sicher ist?« Seine Miene war sehr ernst.
    »Sag mir, was das alles bedeutet«, forderte Luce ihn auf. Sie konnte hören, wie in der Küche das Wasser lief und Arriane und Gabbe »Heart and Soul« sangen, während sie gemeinsam mit Callie den Abwasch machten. Sie beobachtete Molly und Roland, wie sie mit ausgelassener Miene die letzten Teller vom Tisch räumten. Und plötzlich wusste Luce, dass dieses Thanksgiving-Dinner eine Inszenierung war. Eine Tarnung. Nur dass sie nicht wusste, wofür.
    Miles tauchte an Luces Seite auf. »Was ist los?«
    »Nichts, das dich was angeht«, sagte Cam. Nicht unfreundlich, sondern eine Tatsache feststellend. »Molly, Roland!«
    Molly stellte einen Stapel Teller ab. »Was sollen wir tun?«
    Daniel gab ihr darauf die Antwort. Er sprach zu Molly, als machten sie plötzlich gemeinsame Sache. »Sag es den anderen. Und sucht euch Schutzschilde. Sie sind bewaffnet.«
    »Wer?«, fragte Luce. »Die Outcasts?«
    Daniels Blick fiel auf sie. Seine Augen schienen sie um Verzeihung zu bitten. »Sie hätten uns eigentlich nicht finden dürfen. Wir wussten, dass es nicht völlig auszuschließen war, aber ich wollte wirklich nicht, dass ihr jetzt hier mit reingezogen werdet. Es tut mir …«
    Cam fiel ihm ins Wort. »Dafür haben wir keine Zeit, Daniel. Jetzt ist Kampf angesagt.«
    Ein heftiges Klopfen erschütterte das ganze Haus. Cam und Daniel bewegten sich instinktiv zur Haustür, aber Luce schüttelte den Kopf. »Hintereingang«, flüsterte sie. »Durch die Küche.«
    Sie standen einen Moment reglos da und lauschten dem Ächzen, mit dem die Hintertür geöffnet wurde. Dann war ein langer, durchdringender Schrei zu hören.
    »Callie!« Luce rannte wie besessen durchs Wohnzimmer in Richtung Küche. Bei der Vorstellung, was ihre beste Freundin da gerade zu Gesicht bekam, schauderte sie. Wenn Luce geahnt hätte, dass die Outcasts sie bis hierher bei ihren Eltern verfolgen würden, hätte sie Callie keinesfalls herkommen lassen. Sie wäre selbst nie hierhergekommen. Wenn Callie irgendetwas zustoßen sollte, würde sie sich das nie verzeihen.
    Als Luce in die Küche stürzte, sah sie, dass Gabbe sich schützend vor Callie geschoben hatte. Zumindest im Augenblick konnte Callie also nichts geschehen. Luce atmete erleichtert aus und wäre beinahe ohnmächtig gegen Daniel, Cam, Miles und Roland gesunken, die sich hinter ihr aufgebaut hatten.
    Arriane stand neben der Tür, eine schwere, gusseiserne Pfanne in der hocherhobenen Hand. Bereit, sie auf den Eindringling niedersausen zu lassen, wer auch immer es war.
    »Guten Abend.« Die Stimme eines Jungen, steif und höflich.
    Arriane ließ die Pfanne sinken. Im Eingang stand ein großer, magerer Junge in einem braunen Trenchcoat. Er war sehr blass, mit einem schmalen Gesicht und einer großen Nase. Er kam Luce irgendwie bekannt vor. Kurze weißblonde Haare. Blanke weiße Augen.
    Ein Outcast.
    Aber Luce hatte ihn vorher irgendwo schon einmal gesehen.
    »Phil?«, rief Shelby. »Was machst du denn hier? Und was ist mit deinen Augen passiert? Sind sie jetzt …«
    Daniel drehte sich zu Shelby. »Du kennst diesen Outcast?«
    »Outcast?« Shelbys Stimme zitterte. »Er ist doch kein … Er ist mein beschissener Ex … Er ist …«
    »Er hat dich missbraucht«, meinte Roland nur, als wüsste er etwas, wovon die anderen keine Ahnung hatten.

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