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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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das Gesicht zwischen den Händen vergraben. Callies Gesicht sah so weiß aus wie der Kühlschrank daneben.
    Luce griff nach Callies Hand. »Ich glaube, ich muss dir da ein paar Dinge erklären.«
    »Wer ist dieser Junge mit Pfeil und Bogen?«, flüsterte Callie verstört und umklammerte fest Luces Hand. »Wer sind all die anderen … und wer bist du?«
    »Ich? Ich bin einfach nur … ich«, meinte Luce achselzuckend, spürte aber, wie sie erschauderte. Eine merkwürdige Kälte breitete sich in ihr aus. »Ich … ich weiß nicht.«
    »Wie konnte ich nur so bescheuert sein, Luce«, sagte Shelby, die nur mit Mühe nicht losschluchzte. »Ich fass es nicht. Ich schwör dir, ich hatte keine Ahnung. Alles, was ich ihm über dich erzählt habe, ich hab da einfach so losgeplaudert. Er hat dauernd nach dir gefragt, und er konnte gut zuhören, und deshalb hab ich … Mein Gott, ich hatte wirklich überhaupt keine Ahnung, wer er wirklich ist … Ich hätte doch nie … nie hätte ich …«
    »Ich glaub dir«, sagte Luce. Sie stellte sich ans Fenster neben Miles und schaute hinaus. Ihr Vater hatte dort vor ein paar Jahren aus Holzplanken eine kleine Veranda gebaut. »Hast du eine Ahnung, worum es hier eigentlich geht?« Sie öffnete das Fenster.
    Im Garten war das herabgefallene Eichenlaub ordentlich zusammengerecht. Die Luft roch nach Rauch. Irgendwo in der Ferne ging eine Sirene los. Daniel, Cam, Arriane, Roland und Gabbe standen nebeneinander auf der Terrasse und blickten zum Zaun.
    Nein, nicht zum Zaun. Sie sahen sich einer dunklen Menge von Outcasts gegenüber, alle mit ihren silbernen Pfeilen auf die Engel zielend. Der Outcastjunge war nicht allein. Er war mit einer ganzen Armee gekommen.
    Luce musste sich an der Küchentheke festhalten. Bis auf Cam waren alle Engel unbewaffnet. Und sie hatte bereits einmal miterlebt, was diese Pfeile anrichteten.
    »Luce, bleib hier!«, schrie Miles ihr hinterher, aber da war sie bereits zur Tür hinaus.
    Sogar in der Dunkelheit konnte Luce erkennen, dass alle Outcasts ähnlich ausdruckslose, aber hübsche Gesichter hatten. Es waren genauso viele Mädchen wie Jungen, alle blass und mit denselben braunen Trenchcoats bekleidet. Die Jungen hatte alle einen weißblonden Bürstenschnitt und die Mädchen weißblonde Pferdeschwänze. Und auch die Outcasts hatten Flügel, die hinter ihren Rücken emporragten und alle in sehr, sehr schlechtem Zustand waren – dünn, ausgefranst und widerwärtig schmutzig, ja fast mit einer Dreckkruste überzogen. Überhaupt nicht vergleichbar mit den prächtigen Schwingen von Daniel oder Cam oder irgendwelchen anderen Engeln oder Dämonen, die Luce kannte. Wie sie in Reih und Glied nebeneinander standen und aus ihren blicklosen Augen starrten, die Köpfe in unterschiedliche Richtungen geneigt, boten sie den Anblick einer Armee, wie man sie aus schlimmsten Träumen kennt. Nur dass Luce sich kneifen konnte, so oft sie wollte, sie wachte nicht auf.
    Als Daniel bemerkte, dass sie auf die Terrasse gekommen war, drehte er sich zu ihr um und ergriff ihre Hände. Sein schönes, ebenmäßiges Gesicht war von Furcht verzerrt. »Ich hab dir doch gesagt, dass du drinnen bleiben sollst.«
    »Nein«, flüsterte sie. »Ich kann nicht in der Küche bleiben, während ihr hier draußen kämpft. Ich kann nicht einfach zusehen, wie andere um mich herum sinnlos sterben.«
    »Sinnlos? Was weißt du denn davon, Luce? Lass uns das bitte ein andermal ausdiskutieren.« Unruhig wanderten seine Augen immer wieder zu der finsteren Reihe der Outcasts hinter dem Zaun.
    Luce ballte die Fäuste. »Daniel …«
    »Dein Leben ist zu kostbar, um es leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Spar dir deinen Wutanfall und geh wieder rein. Bitte. Sofort.«
    Ein lauter, schriller Schrei erklang. Die zehn Outcasts der vordersten Reihe hoben ihre Bogen und ließen die Pfeile zu den Engeln abschwirren. Luce blickte gerade rechtzeitig hoch, um etwas, nein, jemanden vom Hausdach herunterspringen zu sehen.
    Molly.
    Sie flog durch die Luft, ein großer, dunkler Flecken, zwei Gartenrechen in der Hand, die sie rechts und links in rasender Geschwindigkeit herumwirbelte.
    Die Outcasts konnten sie hören, aber sie konnten sie nicht sehen. Mit ihren wirbelnden Rechen sammelte Molly die Pfeile in der Luft auf, landete auf ihren schwarzen Springerstiefeln und schüttelte die schmalen silbernen Stäbe mit den flachen Enden auf den Boden, wo sie noch ein Stück dahinrollten und vollkommen harmlos wirkten. Aber Luce wusste es

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