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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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Hund, der einem leisen Pfiff lauscht, hob ihren Silberbogen und zielte damit direkt auf Miles’ Brust.
    »Keine Gnade«, sagte sie tonlos.
    Miles war vollkommen hilflos gegenüber diesem seltsamen Mädchen, das aussah, als würde es wirklich keine Gnade kennen, nicht einmal dem nettesten, harmlosesten Jungen der Welt gegenüber.
    »Halt!«, rief Luce und rannte aus dem Schuppen. Ihr Herz pochte so heftig, dass sie das eigene Blut in den Ohren rauschen hörte. Sie spürte, wie die Schlacht um sie herum weiterging. Aber alles, was sie sah, war der Pfeil, der auf das Herz von Miles zeigte. Gleich würde erneut einer ihrer Freunde sterben.
    Der Kopf des Outcast-Mädchens drehte sich. Ihre blanken Augen wandten sich zu Luce, weiteten sich dann. Es war ganz so, wie Arriane gesagt hatte, sie konnte tatsächlich in Luces Seele sehen. Sie spürte, wie dort ihr Lebenslicht flackerte.
    »Tu ihm nichts.« Luce hielt die Hände hoch, als Zeichen, dass sie sich ergab. »Ich bin diejenige, nach der ihr sucht.«

Neunzehn
    Der Waffenstillstand wird gebrochen
    Das Outcast-Mädchen senkte den Bogen. Als der Pfeil sich von der Sehne löste und die Spannung des Bogens nachließ, gab er ein ächzendes Geräusch von sich, wie wenn man eine Speichertür öffnet. Ihr Gesicht war ruhig wie ein stiller See an einem windlosen Tag. Sie war so groß wie Luce, hatte eine frische, reine Haut, blasse Lippen und, obwohl sie nicht lächelte, Grübchen.
    »Wenn du willst, dass der Junge lebt«, sagte sie tonlos, »dann folge ich deinem Befehl.«
    Ringsum hatten die anderen zu kämpfen aufgehört. Die wie ein Lasso geschleuderte Schaukel kam zum Stillstand und schlug gegen eine Ecke des Zauns. Rolands Flügel verlangsamten ihren Schlag und setzten ihn wieder auf der Erde ab. Alle waren still, aber die Luft war mit elektrischer Spannung aufgeladen. Einem elektrisierten Schweigen.
    Luce spürte das Gewicht von vielen Blicken auf sich ruhen: Callie, Miles und Shelby. Daniel, Arriane und Gabbe. Cam, Roland und Molly. Die leeren Blicke der Outcasts. Aber sie selbst konnte ihre Blicke nicht von dem Mädchen mit den blanken weißen Augen lösen.
    »Du wirst ihn nicht töten … nur weil ich dir sage, du sollst es nicht tun?« Luce war so verdutzt, dass sie auflachte. »Ich dachte, ihr wolltet mich töten.«
    »Dich töten?« Die mechanische Stimme des Mädchens ging leicht nach oben, was eine gewisse Überraschung ausdrückte. »Aber ganz und gar nicht. Wir würden alle für dich sterben. Wir wollen, dass du mit uns kommst. Du bist unsere letzte Hoffnung. Unsere Eintrittskarte.«
    »Eintrittskarte?« Miles fragte laut, was Luce nur dachte, aber nicht aussprach, so überrascht und geplättet war sie. »Wofür?«
    »Für den Himmel natürlich.« Das Mädchen schaute Luce mit seinen toten Augen an. »Du bist unser Preis.«
    »Nein.« Luce schüttelte den Kopf, aber die Worte des Mädchens gingen in ihr um, hallten in ihr nach. So stark, dass sie sich auf einmal zu hohl fühlte, um sich noch viel länger auf den Beinen halten zu können.
    Eintrittskarte in den Himmel. Der Preis.
    Luce begriff das alles nicht. Die Outcasts würden sie mitnehmen, und dann? Um sie bei Verhandlungen als Druckmittel einsetzen zu können? Dieses Mädchen konnte Luce nicht einmal sehen, um zu wissen, wer sie wirklich war. Wenn Luce in Shoreline etwas gelernt hatte, dann dass man die alten Mythen nicht einfach weitererzählen konnte. Dafür waren sie zu alt, zu verschlungen. Alle wussten, dass es da eine besondere Geschichte gab, in die Luce seit langer, langer Zeit verstrickt war, aber niemand schien zu wissen, warum.
    »Hör nicht auf sie, Luce. Sie ist ein Monster.« Daniels Flügel zitterten. Als hätte er Angst, dass sie tatsächlich mit den Outcasts mitgehen könnte. Luces Schultern begannen zu jucken, ein merkwürdiges heißes Prickeln, bei dem der Rest ihres Körpers gleichzeitig eiskalt wurde.
    »Lucinda?«, rief das Outcast-Mädchen.
    »Nur noch eine Minute«, sagte Luce. Sie wandte sich zu Daniel. »Das will ich jetzt wissen: Was hat es mit dem Waffenstillstand auf sich? Und antworte mir jetzt nicht ›Nichts weiter‹ und sag mir nicht, dass du mir das nicht erklären kannst. Sag mir die Wahrheit. Das bist du mir schuldig.«
    »Du hast recht«, antwortete Daniel zu Luces Überraschung. Er schielte weiter zu dem Outcast-Mädchen, als könnte sie Luce jeden Augenblick wegzaubern. »Cam und ich haben ihn ausgehandelt. Wir haben vereinbart, für achtzehn Tage unsere

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