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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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früheren Leben von dir? Vielleicht schauen sie ja inzwischen so aus?«
    Luce blickte sie verblüfft an. »Ähm, nein. Glaubst du wirklich, dass … glaubst du, dass ich in jedem Leben andere Eltern hatte? Ich hab bisher immer gedacht, dass Harry und Doreen … Also, ich hab einfach geglaubt, sie wären immer schon meine Eltern gewesen.«
    Plötzlich erinnerte sie sich an eine Bemerkung von Daniel. Etwas, das er über ihre Mutter gesagt hatte. Sie hätte so grässliche Kohlsuppe gekocht. Damals hatte Luce das kurz irritiert, ohne dass sie recht wusste, warum. Doreen, ihre jetzige Mutter, war nämlich eine hervorragende Köchin. Das hatte sich schon überall in East Georgia herumgesprochen.
    Shelby hatte wahrscheinlich recht. Was bedeutete, dass Luce eine ganze Heerschar früherer Familien haben musste, an die sie sich nicht erinnern konnte.
    »Ich bin so dumm«, sagte sie. Warum hatte sie nicht besser aufgemerkt, wie der Mann und die Frau aussahen? Warum hatte sich nichts in ihr geregt, als sie sie gesehen hatte? Nicht das leiseste Gefühl von Verbundenheit? Sie fühlte sich, als hätte sie ein ganzes Leben lang gelebt, ohne zu wissen, dass sie ein Adoptivkind war. Wie oft sie wohl schon von einem Elternpaar zum nächsten weitergereicht worden war? »Das ist … Das ist alles …«
    »Total verrückt«, sagte Shelby. »Ich weiß. Aber versuch’s doch mal so zu sehen, dass du dir wahrscheinlich jede Menge Geld sparen kannst. Weil du nämlich keinen teuren Therapeuten bezahlen musst. Du brauchst nur in alle deine vergangenen Leben zu blicken, in alle deine früheren Familien, und dann erkennst du, wie viel Probleme du schon mit Hunderten von anderen Müttern hattest, bevor du es mit deiner jetzigen Mutter zu tun bekamst.«
    Luce hielt die Hände vors Gesicht.
    »Ich meine natürlich nur, falls du überhaupt eine Familientherapie brauchen solltest.« Shelby seufzte. »Tut mir leid, ich wollte nicht wieder von mir anfangen.« Sie hob die rechte Hand und ließ sie dann langsam wieder sinken. »Shasta ist nicht weit weg von hier.«
    »Was?«
    »Mount Shasta, Kalifornien. Nur ein paar Stunden Fahrt bis dorthin.« Shelby reckte den Daumen Richtung Norden.
    »Aber die Verkünder zeigen doch nur die Vergangenheit. Warum sollte ich dort hinfahren? Die beiden Alten sind wahrscheinlich schon längst …«
    Shelby schüttelte den Kopf. »Vergangenheit ist ein weiter Begriff. Verkünder können Ereignisse zeigen, die sehr weit zurückliegen, aber auch Dinge, die erst vor ein paar Sekunden geschehen sind. Und alles dazwischen. Ich habe auf dem Tisch in der Ecke einen Laptop gesehen, deshalb stehen die Chancen gut, dass …«
    »Aber wir wissen doch gar nicht, wo sie wohnen.«
    »Du vielleicht nicht. Aber ich habe auf einen herumliegenden Briefumschlag gezoomt und da die Adresse gelesen. Und mir fest eingeprägt. 1291, Shasta Shire Circle, Apartment 34.« Shelby zuckte mit den Schultern. »Ich mein ja nur. Falls du sie besuchen willst. Wir könnten in einem Tag hin und wieder zurück sein.«
    »Klar doch.« Luce klang resigniert. Sie wollte das alte Ehepaar ja gerne besuchen, aber wie sollte sie das hinkriegen? »Und wo nehmen wir ein Auto her?«
    Shelby lachte ein spöttisches kleines Lachen. »Es gibt eine einzige Sache, die bei meinem beschissenen Exfreund nicht beschissen war.« Sie griff in die Tasche ihres Sweatshirts und zog einen Schlüsselbund hervor. »Und das ist sein süßer kleiner Mercedes, den er hinter dem Wohnheim geparkt hat. Was für ein Glück, dass ich ihm den Zweitschlüssel noch nicht zurückgegeben habe.«

    Bevor irgendjemand sie davon hätte abhalten können, saßen sie auch schon im Auto und starteten in Richtung Norden.
    Luce fand im Handschuhfach eine Landkarte und fuhr mit dem Finger die Strecke bis nach Shasta nach. Sie rief Shelby ein paar Anweisungen zu, die wie der Teufel aufs Gaspedal trat. Aber dem rotbraunen Mercedes schien das nichts auszumachen, im Gegenteil.
    Luce wunderte sich, wie Shelby es schaffte, so ruhig zu bleiben. Wenn sie gerade mit ihrem Freund Schluss gemacht und sich sein Auto für eine Spritztour »ausgeliehen« hätte, dann hätte sie dauernd an ihre gemeinsamen Ausflüge denken müssen, an die Streitereien, während sie unterwegs ins Kino waren, oder daran, was sie einmal miteinander auf dem Rücksitz getrieben hatten, auf dem Parkplatz am Strand, bei offenen Türen … Bestimmt dachte Shelby auch die ganze Zeit an ihren Ex. Luce hätte sie gerne danach gefragt, aber Shelby

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