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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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einziger Kuss, mehr nicht. Das verspreche ich dir, bei meiner Ehre.«
    Luce dachte an Daniel. Sie stellte sich vor, wie er jetzt am See auf sie wartete, unruhig und ungeduldig. Wie er Steine über das Wasser hüpfen ließ, um sich abzulenken und zu beschäftigen. Wo er sie doch in diesem Augenblick in seinen Armen hätte halten sollen. Sie wollte Cam nicht küssen. Aber wenn er sie wirklich nicht gehen ließ? Der Kuss, den sie ihm nun gewährte, wäre nichtssagend und bedeutungslos.
Das einfachste Mittel, um von ihm freizukommen. Und danach könnte sie zu Daniel. Sie wäre frei. Cam hatte es ihr versprochen.
    »Nur ein einziger -«, begann sie, aber dann waren seine Lippen schon auf ihren.
    Ihr zweiter Kuss in zwei Tagen. Während Daniel sie gierig und fast verzweifelt geküsst hatte, war Cams Kuss sanft und vollendet, als hätte er schon Hunderte von Mädchen vor ihr geküsst.
    Und dennoch fühlte sie etwas in sich aufsteigen, es drängte sie, seinen Kuss zu erwidern, und die Wut, die sie noch vor wenigen Sekunden verspürt hatte, war wie weggeblasen. Cam hielt sie noch immer weit zurückgebeugt in seinen Armen, all ihr Gewicht ruhte auf ihm. Sie fühlte sich bei ihm sicher und geborgen. Er hatte so starke, kräftige Hände und Arme. Und sie wünschte sich das so sehr. Sich geborgen zu fühlen. Es gab nur noch diesen einen Augenblick, in dem sie ihn küsste, und alles andere versank um sie herum. Sie spürte … was? … wie sie etwas vergaß … jemanden. Wer war das gewesen? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Sein Kuss, seine Lippen und -
    Plötzlich stürzte sie zu Boden. Sie fiel so hart, dass ihr kurz die Luft wegblieb. Mühsam stützte sie sich mit den Händen hoch. Neben ihr lag Cam, das Gesicht auf die Erde gepresst. Unwillkürlich entfuhr ihr ein Seufzer.
    Die Spätnachmittagssonne hüllte die beiden Gestalten auf dem Friedhof in ein weiches, warmes Licht.
    »Wie oft musst du dieses Mädchen noch verderben?« Luce erkannte die leicht schleppende Stimme, die diesmal traurig klang.
    Gabbe? Sie blickte hoch und musste blinzeln, weil ihr die Sonnenstrahlen direkt in die Augen schienen.

    Gabbe und Daniel.
    Gabbe eilte zu ihr, um ihr auf die Füße zu helfen, aber Daniel schaute sie nicht einmal an.
    Luce verfluchte sich innerlich. Sie wusste nicht, was schlimmer war - dass Daniel gesehen hatte, wie sie Cam küsste, oder, was jetzt mit Sicherheit der Fall sein würde, dass Daniel und Cam nun wieder aufeinander losgehen würden.
    Cam war inzwischen aufgestanden und blickte von Gabbe zu Daniel, von Daniel zu Gabbe. Um Luce kümmerte er sich überhaupt nicht mehr. »In Ordnung, wer von euch beiden ist es diesmal?«, fragte er herausfordernd.
    Diesmal?
    »Ich«, antwortete Gabbe. »Dieser liebevolle kleine Schubser geht auf mein Konto. Jetzt bist du dran, Cam, Schätzchen.«
    Luce schüttelte den Kopf. Das meinte Gabbe nicht ernst. Bestimmt war das irgendein Spiel zwischen den beiden. Aber Cam schien es überhaupt nicht lustig zu finden. Er biss die Zähne zusammen, rollte die Ärmel hoch, hob die Fäuste vors Gesicht und war bereit zum Angriff.
    »Schon wieder, Cam?«, tadelte ihn Luce. »Hast du dich diese Woche noch nicht oft genug geprügelt?« Und als reichte das nicht, wollte er diesmal sogar ein Mädchen verdreschen.
    Cam warf Luce ein schräges Lächeln zu. »Bei drei Mal fängt der Spaß erst richtig an«, sagte er zynisch und böse. Im dem Augenblick, als er sich wieder nach vorne drehte, verpasste Gabbe ihm einen mächtigen Kinnhaken.
    Luce wich hastig zurück, als Cam zu Boden ging. Er kniff die Augen zusammen und betastete sein Gesicht. Gabbe beugte sich über ihn und blickte so harmlos drein, als hätte
sie gerade einen Pfirsichauflauf mit Streuseln aus dem Ofen gezogen. Sie musterte ihre Fingernägel und seufzte.
    »Was für eine Schande, dass das gerade jetzt sein muss, wo ich meine Nägel frisch lackiert habe«, sagte sie. Dann versetzte sie Cam noch mehrere Fußtritte in den Magen, bevor sie von ihm abließ.
    Mühsam kam Cam in die Hocke hoch. Luce konnte sein Gesicht nicht mehr sehen, er hatte den Kopf zwischen den Knien versenkt, aber er stöhnte vor Schmerzen auf, hustete und spuckte.
    Luce stand wie erstarrt da. Sie blickte zwischen Gabbe und Cam hin und her, unfähig zu verstehen, was sich da gerade vor ihren Augen abspielte. Cam wirkte doppelt so kräftig wie Gabbe, aber trotzdem hatte sie ihn mit Leichtigkeit besiegt. Am Abend vorher erst hatte Luce mit angesehen, wie Cam den Hünen mit

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