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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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sich um ihre Hand gelegt hatte, seine Haare, die im Licht der untergehenden Sonne golden schimmerten, seine warmen grauen Augen - nichts anderes auf der Welt hatte mehr Bedeutung. Alles andere war in ganz weite Ferne gerückt.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, sagte Daniel und schloss seine Finger fest um ihre Hand, sodass es beinahe wehtat. »Es gibt so viel, was ich dir zu erzählen habe, und ich möchte nicht, dass du irgendetwas falsch verstehst.«
    Eine einfache Liebeserklärung, danach Luce sehnte sich am meisten, doch sie spürte, dass Daniel ihr etwas gestehen wollte, was viel schwieriger auszusprechen war und viel erklären würde. Aber für Luce womöglich schwer anzuhören war.
    »Vielleicht solltest du es so machen, du weißt schon, nach dem Motto: Ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht«, schlug sie vor.
    »Gute Idee. Welche willst du zuerst hören?«
    »Die meisten Leute wollen zuerst die gute Nachricht hören.«
    »Mag sein«, antwortete er. »Aber zwischen dir und den meisten Leuten liegen Welten.«
    »Okay, dann zuerst die schlechte Nachricht.«
    Er kaute auf der Unterlippe. »Aber versprich mir, dass du nicht aufspringst und davonrennst, bevor du nicht auch die gute Nachricht gehört hast.«
    Sie hatte nicht vor, davonzurennen. Nicht jetzt, wo er sie
endlich nicht mehr von sich stieß. Nicht jetzt, wo er ihr vielleicht endlich ein paar Antworten auf die lange Liste von Fragen gab, die sie beschäftigten, seit sie hierher in die Sword & Cross gekommen war.
    Er nahm ihre beiden Hände und legte sie auf seine Brust, direkt über sein Herz. »Ich werde dir jetzt die Wahrheit erzählen«, sagte er. »Du wirst mir nicht glauben, aber du verdienst, sie zu kennen. Selbst wenn sie dich tötet.«
    »In Ordnung.« Luce spürte, wie ihr Inneres sich schmerzhaft verkrampfte und ihre Knie zu zittern anfingen.
    Daniel war aufgestanden und ging unruhig auf und ab. Dann holte er tief Luft und begann: »In der Bibel steht …«
    Luce entfuhr ein genervter Seufzer. Sie konnte nichts dafür, auf Sonntagspredigten reagierte sie allergisch. Außerdem wollte sie über das sprechen, was zwischen ihnen war, nicht irgendwelche moralischen Gleichnisse über sich ergehen lassen. Die Bibel hielt bestimmt nicht die Antworten auf die Fragen bereit, die sie Daniel stellen wollte.
    »Hör mir erst mal zu«, sagte er mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen. »Weißt du, dass Gott in der Bibel verlangt, alle sollen ihn aus ganzer Seele lieben? Dass diese Liebe zu ihm bedingungslos und uneingeschränkt sein soll? Sozusagen konkurrenzlos?«
    »Kann schon sein«, meinte Luce achselzuckend.
    »Nun …« Daniel schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Das fordert Gott nicht nur von den Menschen.«
    »Wie meinst du das? Von wem denn noch? Den Tieren?«
    »Ja sicher, manchmal«, sagte Daniel. »Die Schlange, zum Beispiel. Nachdem sie Eva in Versuchung geführt hatte, wurde sie von Gott verflucht. Er verdammte sie dazu, für immer auf dem Bauch zu kriechen.«
    Luce schauderte. Sie dachte an Cam. Ihr Picknick. Die
Schlange. Die abgestreifte Schlangenhaut. Die Kette mit dem Schlangenanhänger. Sie fasste an ihren Hals. Zum Glück hatte sie die Kette nicht umgelegt.
    Daniel fuhr mit den Fingern durch ihre Haare, an ihrem Kinn entlang, ihren Hals hinab bis zu dem Grübchen zwischen den Schlüsselbeinen. Sie seufzte glücklich.
    »Ich will damit sagen … man könnte es vielleicht so ausdrücken: Auch ich bin verdammt worden, Luce. Vor langer, langer Zeit.« Seine Stimme klang bitter. »Ich habe einmal eine Wahl getroffen, ich bin meinem Herzen gefolgt, und ich bereue diese Entscheidung nicht, auch wenn -«
    »Ich verstehe gar nichts«, meinte Luce kopfschüttelnd.
    »Natürlich nicht. Wie könntest du auch?« Daniel setzte sich wieder neben sie. »Und ich erkläre es vielleicht auch nicht besonders gut.« Er kratzte sich am Kopf und murmelte, als würde er zu sich selbst sprechen: »Aber ich muss es versuchen. Anders geht es nicht.«
    »Gut, dann mach weiter«, sagte sie. Daniel brachte sie völlig durcheinander, und dabei hatte er noch kaum etwas erzählt. Luce versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie einsam und verloren sie sich fühlte.
    »Ich verliebe mich«, bekannte er ihr, ergriff ihre Hand und legte sie auf sein Herz. »Wieder und immer wieder. Und jedes Mal führt das zu einer Katastrophe.«
    »Wieder und immer wieder.« Bei diesen Worten wurde ihr schlecht. Luce schloss die Augen und zog ihre Hand zurück.

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