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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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hinten gelehnt - und jetzt hatte die Schwerkraft gewonnen.
    Roland rappelte sich wieder auf die Füße, unterstützt von Arriane, die ihm die Hand hinstreckte und »Komm schon! Hoch mit dir!« zuzischte. Dann winkte Arriane zu Miss Sophia und Luce herüber. »Alles in Ordnung! Nichts weiter passiert!«
    Miss Sophia saß einen Augenblick still und reglos da.
Dann räusperte sie sich, schlug das Buch noch einmal auf und strich mit den Fingern über die eingeklebte alte Fotografie auf dem Vorsatzblatt. »Hat er dir noch irgendwas erzählt?«, fragte sie. »Hat er sich dir zu erkennen gegeben?«
    Luce richtete sich in ihrem Stuhl kerzengerade auf und fragte zurück: »Ihnen?«
    Die Bibliothekarin reagierte empfindlich. »Ich studiere diese Dinge. Ich bin Intellektuelle. Solche banalen Herzensangelegenheiten beschäftigen mich nicht.«
    Das behauptete sie - aber die pochende Ader an ihrem Hals, die beinahe unmerklichen Schweißtröpfchen auf ihrer Stirn verrieten Luce, dass die Antwort auf ihre Frage »Ja« lautete.
    Die große alte Standuhr mit dem schwarzen Gehäuse in der Mitte der Bibliothek schlug elf Mal. Das Gespräch zwischen Luce und Miss Sophia stockte. Luce war noch nie aufgefallen, wie laut die Uhr die Stunden schlug und wie lange es dauern konnte. Jetzt schmerzte sie jeder einzelne Schlag. Sie war schon viel zu lange von Daniel getrennt.
    »Daniel glaubte …«, begann Luce wieder. »Als wir uns gestern das erste Mal küssten, befürchtete er, ich müsste deswegen sterben.«
    Miss Sophia blickte nicht so überrascht drein, wie Luce erwartet hatte. Sie ließ wieder ihre Fingerknöchel knacken. »Aber das ist doch verrückt, oder? Ich habe nicht vor, mich so schnell zu verabschieden.«
    Miss Sophia nahm ihre Lesebrille ab und rieb sich die Augen. »Jetzt noch nicht.«
    »Oh Gott«, flüsterte Luce. Dieselbe Angst, die sie vor Daniel hatte fliehen lassen, wehte sie plötzlich an. Es gab da etwas, das er ihr noch nicht erzählt hatte - etwas mit der Macht, ihre Furcht noch weiter zu steigern oder aber zu besänftigen,
eines von beiden, das spürte sie. Etwas, das sie tief im Innern bereits wusste, woran sie aber noch nicht glauben wollte. Nicht, bevor sie sein Gesicht wiedergesehen hatte.
    Das Buch lag immer noch aufgeschlagen auf dem Tisch. Das Titelblatt, und daneben das Foto. Daniel und sie selbst, aus Luces Blickrichtung beide auf dem Kopf. Daniels Lächeln wirkte nun schwermütig, als wüsste er bereits - nach seinen Erzählungen war dies ja auch der Fall -, was bald geschehen würde. Sie konnte nur erahnen, was er in diesem Augenblick durchmachte. Er hatte das Geheimnis ihrer gemeinsamen schaurig-schönen Geschichte gelüftet - und sie hatte ihn danach einfach verlassen. Sie musste ihn unbedingt finden.
    Luce schlug das Buch zu und klemmte es sich unter den Arm. Dann stand sie auf.
    »Wohin willst du?«, fragte Miss Sophia nervös.
    »Ich muss unbedingt zu Daniel.«
    »Ich begleite dich.«
    »Nein.« Luce schüttelte den Kopf. Das hatte noch gefehlt. Mit Miss Sophia im Schlepptau aufzukreuzen. Wenn sie zu Daniel eilte, um sich ihm in die Arme zu werfen. »Sie müssen nicht mitkommen. Das ist wirklich nicht nötig.«
    Miss Sophia war ganz geschäftig und beugte sich hinunter, um einen doppelten Knoten in die Schnürsenkel ihrer bequemen Schuhe zu machen. Dann stand sie auf und legte Luce eine Hand auf die Schulter.
    »Glaub mir«, sagte sie. »Besser, ich komme mit. In der Sword & Cross gelten bestimmte Regeln. Wir dürfen unseren Ruf nicht aufs Spiel setzen. Glaubst du, wir lassen unsere Schüler nachts einfach alleine auf dem Schulgelände umherirren?«
    Luce biss sich auf die Lippen. Jetzt Miss Sophia bloß
nichts von ihrer gestrigen Eskapade vor die Schultore erzählen! Sie fluchte innerlich. Warum nicht gleich sämtliche Schüler der Sword & Cross einladen? Molly könnte Fotos machen, Cam könnte mal wieder eine Rauferei anfangen. Sie könnte Arriane und Roland schon mal auffordern, mitzukommen - nur dass die beiden, wie Luce erschrocken bemerkte, bereits verschwunden waren.
    Miss Sophia hatte das Buch an sich genommen und war bereits zum Ausgang unterwegs. Luce musste sich beeilen, um sie einzuholen; sie hastete am Karteikartenkatalog vorbei und an den Vitrinen voller Ausstellungsstücke zum Bürgerkrieg - der Sondersammlung -, wo sie Daniel an ihrem ersten Abend hier in der Sword & Cross am Fenster hatte stehen sehen. Er hatte auf den Friedhof hinausgeblickt und gezeichnet …
    Miss Sophia und Luce

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