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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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strich mit der Rechten noch einmal über Mr Lockwoods Grabstein und eilte dann mit Daniel zwischen den Gräbern hindurch zu der Stelle in der Mauer zurück, wo sie durch den Spalt nach draußen schlüpfen konnten. Sie standen wieder in dem Eichenwäldchen.
    Eine kalter Luftschwall rammte Luce, während sie weitergingen. In den Ästen der Bäume vor ihnen konnte sie drei
kleine, aber brodelnde Schatten erkennen, die wie Fledermäuse nach unten hingen.
    »Beeil dich«, forderte Daniel sie auf. Als sie unter den Schatten vorbeikamen, wanden sie sich und zischten, aber sie schienen zu wissen, dass sie Luce besser in Ruhe ließen, wenn Daniel an ihrer Seite war.
    »Und wohin jetzt?«, fragte Luce am Ende des Hains.
    »Schließ die Augen«, sagte er.
    Das tat sie. Daniels Arm umfasste von hinten ihre Taille und sie spürte, wie seine Brust sich gegen ihre Schultern presste. Er hob sie vom Boden hoch. Erst ein paar Zentimeter, dann höher und immer höher, bis das Laub der Baumkronen ihre Schultern streifte und sie am Hals kitzelte, während Daniel hindurchstieß. Dann spürte sie durch geschlossene Lider, dass sie die Bäume unter sich zurückgelassen hatten und der strahlenden Morgensonne entgegenschwebten. Die Versuchung war groß, nun die Augen zu öffnen - aber sie schreckte davor zurück, weil sie ahnte, dass es zu überwältigend gewesen wäre. Der richtige Zeitpunkt dafür war noch nicht gekommen. Außerdem war die frische, reine Luft auf ihrem Gesicht, der Wind in ihren Haaren schon genug. Mehr als genug. Himmlisch. Überirdisch. Ein Gefühl wie damals, als sie aus der brennenden Bibliothek entkommen war. Als würde sie auf einer Welle im Ozean reiten. Jetzt wusste sie ganz sicher, dass das auch Daniel gewesen war.
    »Du kannst die Augen jetzt öffnen«, sagte er leise. Luce spürte wieder Boden unter den Füßen, schlug die Augen auf und sah, dass sie sich an dem einzigen Ort befanden, an dem sie jetzt sein wollte. Unter der Magnolie am Ufer des Sees.
    Daniel hielt sie fest in den Armen. »Ich wollte dich hierherbringen, weil dies einer der vielen Orte ist, an denen ich dich in den vergangenen Wochen küssen wollte. Ich habe es
damals fast nicht mehr ertragen, du weißt schon, als wir zum Felsen geschwommen sind.«
    Luce stellte sich auf die Zehenspitzen und neigte den Kopf zurück, um Daniel zu küssen. Sie hatte es an dem Tag auch kaum ausgehalten, ihn nicht zu küssen - und jetzt musste sie es ganz dringend und unbedingt tun. Dieser Kuss war das Einzige, was sie noch trösten konnte, das Einzige, was das Leben wieder lebenswert machen und sie daran erinnern würde, dass nicht alles vorbei war, obwohl Penn nun so vieles nicht mehr erleben durfte. Der zarte Druck seiner Lippen besänftigte ihren Kummer und wärmte ihr das Herz, wie heiße Schokolade mitten im tiefsten Winter, wenn einem alles fast erfroren ist.
    Viel zu früh löste er sich von ihr und blickte sie aus tieftraurigen Augen an.
    »Aber ich habe dich auch noch aus einem anderen Grund hierhergebracht. Der Fels, auf dem wir stehen, weist nämlich zu dem Pfad, auf dem wir dich zu einem anderen, sichereren Ort bringen werden.«
    Luce schlug die Augen nieder. »Oh.«
    »Das ist kein endgültiger Abschied, Luce. Nicht einmal für lange, hoffe ich. Wir müssen nur etwas abwarten und sehen … wie sich die Dinge entwickeln.« Er strich ihr über die Haare. »Bitte, sei deswegen nicht traurig. Ich werde immer für dich da sein. Ich werde dich nicht gehen lassen, bevor du wirklich verstehst.«
    »Dann weigere ich mich, zu verstehen«, sagte sie.
    Daniel lachte leise auf. »Siehst du die Lichtung da drüben?« Er zeigte über den See, wo zwischen den Bäumen eine Graskuppe aufragte. Luce hatte die Anhöhe am Ufer vorher nie bemerkt, aber jetzt sah sie darauf ein kleines weißes Flugzeug stehen, an dessen Flügeln rote Lichter blinkten.

    »Wartet das auf mich?«, fragte sie. Nach all den Ereignissen erstaunte sie der Anblick eines Flugzeugs nun kaum mehr. »Wo bringt ihr mich hin?«
    Sie konnte es kaum glauben, dass sie die Sword & Cross tatsächlich so bald verlassen würde - diesen Ort, den sie anfangs so gehasst und an dem sie in nur wenigen Wochen die wichtigsten Erfahrungen ihres Lebens gemacht hatte. Und an der Schule - würde da alles so bleiben wie vorher?
    »Wie wird es hier weitergehen? Und was soll ich meinen Eltern erzählen?«
    »Mach dir darum erst mal keine Sorgen. Sobald du in Sicherheit bist, werden wir alles Übrige regeln. Mr Cole wird sich

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