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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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gewisse Verbundenheit.«
    Luce brauchte eine Weile, bis Daniels Worte bei ihr angekommen waren. Im Geist war sie noch einmal durch den modrigen Gang in den Archivkeller zurückgekehrt, wo sie auf das einzige Blatt in Daniels Akte geblickt hatte. Das Blatt, auf dem vermerkt war, dass Daniel Grigori die meiste Zeit seines Lebens im Waisenhaus von Los Angeles verbracht hatte.
    »Ich wusste gar nicht, dass du eine Familie hast«, sagte sie.
    »Warum auch?«, spottete Daniel.
    »Weiß nicht, hätte ja auch sein können, dass nicht … Also, hast du Eltern? Geschwister?«
    »Nein, ich meinte, warum solltest du über mich - oder meine Familie - etwas wissen? Woher denn?«
    Luce spürte, wie ihr das Herz in die Magengrube sank. Sie bemerkte das »Achtung! Unerlaubtes Eindringen!«-Warnsignal in Daniels Augen. Und sie wusste, dass sie es sich wieder einmal mit ihm verscherzt hatte.
    »Hey, D.« Roland kam von hinten und legte die Hand auf Daniels Schulter. »Willst du hier rumhängen, um zu sehen,
ob noch mal so ein gähnend langweiliger Unterricht vom Stapel läuft, oder machen wir uns vom Acker?«
    »Ja«, sagte Daniel, »lass uns gehen.« Sein Blick streifte ein letztes Mal forschend Luce.
    Na klar. Natürlich hätte sie sich vor ein paar Minuten aus dem Staub machen sollen. Ungefähr in dem Moment, als sie das Bedürfnis verspürte, Einzelheiten aus Daniels Akte auszuplaudern. Jeder halbwegs schlaue Mensch wäre diesem Gespräch entweder aus dem Weg gegangen oder hätte auf ein harmloses, normales Thema umgelenkt oder wenigstens den Mund gehalten.
    Aber nicht sie. Sie, Luce, musste Tag für Tag beweisen - vor allem in Daniels Gegenwart -, dass es ihr unmöglich war, sich »normal« oder »halbwegs schlau« zu verhalten.
    Sie blickte Daniel nach, wie er mit Roland davonging. Er drehte sich nicht mehr zu ihr um, und mit jedem Schritt, den er sich von ihr entfernte, fühlte sie sich einsamer. Eine Einsamkeit, die sie vorher noch nie gekannt hatte.

Zehn
    Wo Rauch ist …

    »Worauf wartest du noch?«, fragte Penn kaum eine Sekunde später. »Lass uns gehen.« Sie zerrte an Luces Hand.
    »Wohin denn?«, fragte Luce zurück. Ihr Herz klopfte noch immer - von dem Gespräch mit Daniel und mehr noch, weil er sie wieder einmal verlassen hatte. Sie sah ihn noch vor sich, wie er davongegangen war, seinen Rücken, seine Schultern, die in der Ferne fast größer wirkten als er. Als ob sie seinen Kopf überragten.
    Penn klopfte mit dem Zeigefinger leicht an Luces Schläfe. »Hallo? Bist du noch da? In die Bücherei natürlich, wie ich dir geschrieben habe …« Sie bemerkte Luces fragendes Gesicht. »Hast du keinen von meinen Zetteln bekommen? Aber ich habe sie doch Todd gegeben, damit er sie an Cam weiterreicht, der sie dann dir zustecken sollte.«
    »Hallo, hier kommt der Pony-Express!« Cam drängte sich an Penn vorbei und salutierte vor Luce. Zwischen seinem Zeigefinger und Mittelfinger steckten zwei zusammengefaltete Papierchen.
    »Das darf doch nicht wahr sein. Ist dein Pferd unterwegs vor Erschöpfung zusammengebrochen oder was?« Penn schnappte sich empört die beiden Briefe. »Die hab ich dir vor einer Stunde gegeben. Wofür hast du so lange gebraucht? Du hast sie doch nicht gelesen und…«

    »Natürlich nicht.« Cam legte die Hand auf die breite Brust. Ganz beleidigter Gentleman. An seinem Mittelfinger trug er einen Ring mit einem großen schwarzen Stein. »Falls du dich erinnerst, hätte Luce fast Ärger bekommen, weil sie mit Molly Zettel ausgetauscht hat…«
    »Ich hab mit Molly keine Zettel ausgetauscht.«
    »Tut hier nichts zur Sache«, sagte Cam, nahm Penn die Briefe wieder aus der Hand und übergab sie - endlich - an Luce. »Ich hab nur zu deinem eigenen Besten gehandelt. Und den richtigen Zeitpunkt abgewartet.«
    »Na dann, danke.« Luce stopfte die beiden Zettel in ihre linke Hosentasche und blickte Penn achselzuckend an. Was konnte man dazu noch sagen?
    »Weil gerade die Rede vom richtigen Zeitpunkt ist«, fuhr Cam fort. »Ich war gestern draußen unterwegs und da hab ich das entdeckt.« Er zog eine kleine, mit rotem Samt überzogene Schmuckschatulle hervor und ließ den Deckel aufspringen, damit Luce sehen konnte, was sie enthielt.
    Penn guckte über Luces Schulter, um auch einen Blick zu erhaschen.
    Drinnen befand sich an einer dünnen goldenen Kette ein kleiner runder Anhänger mit einer Schlange.
    Luce schaute ihn an. Machte er sich über sie lustig?
    Er hielt den Anhänger hoch. »Ich dachte mir, nach

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