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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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noch nicht fest«, sagte Gabbe langsam, jedes einzelne Wort betonend.
    Arriane zuckte mit den Schultern. »Luce war dabei, sie muss gesehen haben, wie -«
    »Ich hab nicht gesehen, was mit ihm passiert ist«, sagte Luce. »Wir standen da und dann wurden wir plötzlich getrennt. Mehr weiß ich nicht. Ich hatte schon so ein komisches Gefühl«, flüsterte sie, »aber ich wusste nicht, dass er tatsächlich -«
    »Aus dieser Welt geschieden ist«, beendete Gabbe leise den Satz.
    Luce schloss die Augen. Ihren Körper durchzog ein Frösteln, das nicht von dem eiskalten Drink herrührte. Sie erinnerte sich daran, wie Todd der Raserei nahe mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen hatte, wie schweißnass seine Hand gewesen war, als sie sie zu greifen versuchte. Da dräuten die Schatten schon dick über ihren Köpfen. Sie erinnerte sich daran, wie sie von der Lichterscheinung zu überwältigt war, um sich um ihn zu kümmern, und wie sie auseinander gerissen wurden.
    Er hatte die Schatten gesehen. Luce war da jetzt ganz sicher. Und er hatte sterben müssen.
    Nachdem Trevor gestorben war, hatte es keine Woche gegeben, in der nicht ein Hassbrief bei Luce eingetroffen war. Ihre Eltern hatten angefangen, die Post zu sortieren, damit Luce nicht lesen musste, was da an unflätigen und giftigen Bemerkungen über ihr ausgeschüttet wurde. Aber sie hatte immer noch genug mitbekommen. Einige Briefe waren handgeschrieben, andere mit der Maschine getippt, einer
war sogar aus ausgeschnittenen Buchstaben geklebt wie ein anonymer Drohbrief. Mörderin. Hexe. Sie hatten ihr so viele abscheuliche Bezeichnungen gegeben, dass sie ein ganzes Heft damit hätte füllen können, und das hatte sie - zusätzlich zu ihrer Verstörung und dem Schuldgefühl, das sie sowieso hatte - so getroffen, dass sie den ganzen Sommer über fast nicht aus dem Haus gegangen war.
    Sie hatte gedacht, sie könnte sich aus ihrer Vergangenheit befreien, sie hatte alles getan, um diesen Albtraum zu überwinden: in der Sword & Cross, so hatte sie gehofft, würde sie unauffällig bleiben, sich auf die Schule konzentrieren, neue Freunde kennenlernen … und jetzt das. Oh mein Gott. Sie hielt den Atem an. »Was ist mit Penn?«, fragte sie nervös.
    »Penn geht es gut«, sagte Arriane. »Sie macht auf wichtig-wichtig. Große Geschichte in den Nachrichten. Seite eins. Die Augenzeugin des Feuers. Miss Sophia und sie sind rechtzeitig rausgekommen, sie haben gestunken wie die Pest, aber das war’s auch schon.«
    Luce atmete auf. Wenigstens eine gute Nachricht. Aber dennoch zitterte sie unter der dünnen Krankenhausdecke. Sicher würden dieselben Leute, die sich damals nach Trevors Tod für sie interessiert hatten, auch jetzt wieder auftauchen. Nicht nur die widerlichen Briefeschreiber. Auch Dr. Sanford. Ihr Sozialhelfer. Die Polizei.
    Wie nach dem Zwischenfall mit Trevor würden sie von ihr eine Erklärung hören wollen, eine schlüssige Geschichte. Sie würde ihnen alles ganz genau schildern müssen. Jede Einzelheit. Aber wie schon damals würde sie das nicht können. Sie waren beide allein gewesen, er dicht neben ihr, und in der nächsten Minute -
    »Luce!« Penn stürmte ins Zimmer. »Was ist denn hier
los?«, fragte sie und musterte die beiden anderen Mädchen misstrauisch. »So was wie eine Pyjama-Party?«
    Arriane hatte ihre Inlineskater ausgezogen und kletterte neben Luce auf das schmale Bett. Sie umklammerte ihren Kokosnuss-Drink mit beiden Händen und lehnte den Kopf an Luces Schulter. Gabbe trug farblosen Nagellack auf Luces freie Hand auf.
    »Ja«, kicherte Arriane. »Schließ dich uns an, Miss Pennyloafer. Wir wollten gerade Wahrheit oder Pflicht spielen. Du bist als Erste dran.«
    Gabbe versuchte, ihr Prusten als herzhaftes Niesen auszugeben.
    Penn stützte die Arme in die Hüften. Luce hatte Mitleid mit ihr und gleichzeitig auch etwas Angst. Penn hatte sich ziemlich bedrohlich aufgebaut.
    »Einer unserer Klassenkameraden ist gestern Nacht gestorben«, sagte sie nachdrücklich. »Und Luce hat Glück, dass sie nicht schwer verletzt ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie könnt ihr zwei da nur so herumalbern?« Sie schnüffelte. »Rieche ich da Alkohol?«
    »Ohhhh«, sagte Arriane und schaute Penn betroffen an. »Du hast Todd sehr gemocht, oder?«
    Penn nahm vom Stuhl hinter ihr ein Kissen und schmiss damit nach Arriane. Aber Penn hatte recht. Es war seltsam, dass Arriane und Gabbe den Tod ihres Mitschülers … so leicht nahmen. Als würde so etwas jeden Tag passieren. Als

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