Engelspakt: Thriller (German Edition)
angesetzt. Alles für seine Rache …
V1 und V2: Scrimgeour und Scelpa.
Catherine runzelte die Stirn, ignorierte die Ameisen in ihrem übernächtigten Gehirn. Ockhams Rasiermesser: Scelpa … Ergab das Sinn? Der Arzt war bei dem Brand ums Leben gekommen. Warum sollte Scrimgeour einem Toten mit so viel Zorn hinterherjagen? Irgendetwas musste sie übersehen haben. Sie ging den Brief noch einmal durch, und diesmal drehte sie sogar die Kopien und die Blätter mit den Persönlichkeitsprofilen eines nach dem anderen um. Auf der Rückseite des Porträts von dem Jungen entdeckte sie schließlich den Rest von Scrimgeours unglaublichem Text. Wie es aussah, war er zu diesem Zeitpunkt so sehr in Rage gewesen, dass er sich das nächstbeste Stück Papier geschnappt und darauf weitergeschrieben hatte. V1 war tatsächlich Scrimgeour. V2 dagegen … Catherine schluckte. V2 stand für Marc Abott Ciban!
79.
Zanolla stand in Ambroses Zelle und konnte nicht fassen, wie geschickt ihn der Junge hereingelegt hatte.
Davids Ziel war gar nicht die oberste Ebene der Klinik gewesen, sondern die unterste. Zanolla hatte sein weitläufiges Büro kaum betreten, als auch schon die neueste Meldung des Sicherheitsdienstes eintraf und die Bombe platzte: Ambrose war ebenfalls verschwunden!
Nun durchsuchte das Sicherheitsteam die komplette untere Ebene, einschließlich des Bereichs von HELIOS . Irgendwo dort unten mussten der Junge und der Agent sein. Fast noch mehr als die Nachricht von Ambroses Flucht hatte Zanolla aber die Zeichnung getroffen, die der Junge ihm als Überraschung und Mahnung in Ambroses Zelle hinterlassen hatte: ein düsteres Bild, das Zanolla selbst zeigte, mit leeren, blutigen Augenhöhlen, kopfüber am Kreuz. Im Hintergrund zwei Gestalten vor einer Kirchenruine, die zu weit entfernt waren, als dass Zanolla sie anhand der Zeichnung hätte identifizieren können. Trotzdem wusste er nur zu genau, wer diese beiden Personen waren: Sarah und Marc Ciban. David versuchte ihm allen Ernstes zu drohen.
»Sobald Sie den Jungen haben«, erklärte er dem Wachmann, »sperren Sie ihn in diese Zelle hier ein.« Er heftete die Zeichnung gut sichtbar an die Wand.
»Was ist mit Ambrose?«, hakte der Wachmann nach, der keine unnötigen Fragen stellte, da er Zanolla bereits ein kleines Vermögen verdankte.
»Sperren Sie ihn in die Zelle gleich neben HELIOS . Aber krümmen Sie ihm kein einziges Haar. Es reicht, wenn er geläutert wird. Und jetzt finden Sie die beiden, verdammt!«
Auf dem Weg zurück in sein Büro wurde Zanolla schlagartig bewusst, dass Kublicki sich noch immer nicht gemeldet hatte.
»Irgendetwas Neues?«, fragte er seine Sekretärin, als er das Vorzimmer durchquerte und sah, dass im Fernseher eine Nachrichtensendung lief.
»Nichts, was Ihre Arbeit betrifft, Herr Doktor. Nur ein Hausbrand in Rom, in der Nähe des Forum Romanum.«
Zanolla hielt inne und starrte gemeinsam mit seiner Sekretärin auf den Fernsehschirm. Es war einer dieser neuartigen, geschmacklosen Reality-TV-Sender, die Zanolla nicht ausstehen konnte, aber die Erwähnung des Forum Romanum hatte ihn hellhörig gemacht.
Plötzlich war Dr. Robert Martinis Gesicht zu sehen. Es war kein aktuelles Foto, sondern zeigte den Kleriker gut zehn Jahre jünger mit nicht ganz so ergrautem Haar. Im nächsten Moment wurden das brennende Haus und im Hintergrund ein Krankenwagen, die Feuerwehr, die Polizei und – zwei Leichensäcke eingeblendet.
Zanolla atmete erleichtert auf. Kublicki hatte offenbar ganze Arbeit geleistet! Martini und die vorwitzige Nonne waren tot und alle Spuren ganz gewiss verwischt. Aber dann sprach der Reporter mit düsterer Stimme von zwei toten Männern und ergänzte, dass die Identität des einen noch völlig ungeklärt sei. Weitere Tote habe man bisher nicht entdecken können, was jedoch nicht ausschloss, dass es noch andere Opfer gab.
Zanolla fühlte sich, als hätte ihm jemand in die Magengrube geschlagen. Das alles konnte nur eines bedeuten: Kublicki war tot. Und so sicher wie das Amen in der Kirche hatte diese verflixte Nonne überlebt und sich mit dem Brief aus dem Staub gemacht!
»Schlimme Sache«, sagte Zanolla so beiläufig, als hätten die Toten und das brennende Haus nicht das Geringste mit ihm zu tun.
Die Lage spitzte sich zu. Bei der Suche nach dem Jungen und Ambrose konnte er nicht allzu viel ausrichten. Da musste er sich auf seine hoch bezahlten und gut ausgebildeten Sicherheitsleute verlassen, ob es ihm passte oder nicht. Aber er
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