Engelsrache: Thriller
schriftlich?«
»Worauf du dich verlassen kannst.« Sie zog ein Kuvert unter der Matratze hervor. Darin befand sich eine von Sarah selbst, Deacon Baker und Richter Glass unterzeichnete Vereinbarung. Dem Schriftstück zufolge war Sarah verpflichtet, im Verfahren gegen Angel Christian vor Gericht »wahrheitsgemäß« auszusagen. Anschließend sollte sie unverzüglich auf freien Fuß gesetzt werden.
»Und wie gedenkst du es vor Gericht mit der Wahrheit zu halten?«
Sie sah mich mit jenem schelmischen Lächeln an, das ich seit dreißig Jahren nicht mehr an ihr gesehen hatte. »Sorgst du dafür, dass sich die Gegenseite an die Vereinbarung hält?«, sagte sie.
»Worauf du dich verlassen kannst.«
31. Juli
14:00 Uhr
Die Ergebnisse der forensischen Untersuchung der Blutspuren, die die Polizei in Erlene Barlowes Auto entdeckt hatte, lagen bis zum folgenden Montag um neun Uhr früh beim TBI noch nicht vor, deshalb setzte Richter Green die Verhandlung fort. In den Tagen zuvor hatte ich Angel meine Strategie immer wieder detailliert erläutert. Sie verstand, dass sie nicht einfach aufstehen und die Unwahrheit sagen durfte. Sie verstand auch, dass ich aus prozessualrechtlichen Gründen in diesem Stadium des Verfahrens keinen psychiatrischen Sachverständigen mehr hinzuziehen konnte. Und sie war sich überdies der Risiken bewusst, auf die sie sich einließ. Nachdem ich ihr sämtliche Optionen ausführlich erläutert hatte, entschied sie sich – gewiss auch auf Erlenes Drängen hin – schließlich dafür, es darauf ankommen zu lassen.
Frankie Martin gab sich zwar jede erdenkliche Mühe, vermochte seine Behauptungen aber letzten Endes nicht zu beweisen, da er den Geschworenen weder eine Mordwaffe noch ein klares Motiv oder einen Augenzeugen präsentieren konnte. Landers schilderte im Zeugenstand, wie die Polizei den Tatort vorgefunden und hinterher die Ermittlungen geführt hatte. Im anschließenden Kreuzverhör konnte ich die Aufmerksamkeit jedoch vor allem auf den Umstand lenken, dass Tester schon im Purple Pig Bier getrunken und das Geld, das ihm die Besucher des Gottesdienstes gespendet hatten, später in einem Stripteaseclub durchgebracht hatte. Abschließend wies ich noch darauf hin, dass Tester nicht nur die ganze Kollekte ausgegeben hatte, sondern kurz vor Mitternacht sogar genötigt gewesen war, sich weiteres Geld aus dem Bankautomaten zu beschaffen.
Die Rechtsmedizinerin sagte aus, dass Tester infolge des Blutverlusts gestorben sei, den die zahlreichen Stichwunden verursacht hatten, doch im Kreuzverhör musste sie einräumen, dass sein Blutalkoholgehalt exorbitant hoch gewesen war. Sie bemühte sich zwar, die Argumentation der Staatsanwaltschaft durch den Hinweis zu stützen, dass der Ermordete K.-o.-Tropfen im Körper gehabt hatte. Allerdings konnte sie nicht erklären, wer ihm diese Tropfen verabreicht hatte. Ein TBI-Forensiker klärte die Geschworenen über die Bedeutung der Haare auf, die man an Testers Hemd gefunden hatte, und erläuterte ihnen das Verfahren der DNS-Identifizierung. Im Kreuzverhör musste er jedoch einräumen, dass es durchaus denkbar war, dass sich Tester Angels Haare bereits im Club eingefangen hatte.
Eine ältere Frau namens Ina Mae schilderte den Geschworenen, wie ihre Katze ihr am Morgen nach dem Mord Testers Penis gebracht hatte. Ihr Auftritt sorgte in der ansonsten todernsten Verhandlung für einen kurzen Moment der Heiterkeit.
Sarah hatte Frankie sich bis zuletzt aufgespart. Ebenso gut hätte er sich selbst die Kugel geben können.
»Würden Sie bitte für das Protokoll Ihren Namen nennen«, sagte Frankie, als Sarah in den Zeugenstand trat.
»Ich heiße Sarah Dillard.« Meine Schwester trug den üblichen orangefarbenen Overall und war an Händen und Füßen gefesselt. Sie wirkte nervös und entschlossen zugleich.
»Und wo sind Sie wohnhaft, Ms Dillard?«
»In der Haftanstalt von Washington County.«
»Das heißt, Sie verbüßen zurzeit eine Gefängnisstrafe?«
»Ja. Ich bin wegen Diebstahls zu einer Haftstrafe verurteilt worden.«
»Kennen Sie die Angeklagte, Ms Dillard?«
Sarah sah Angel an und nickte. »Wir sind in demselben Zellentrakt untergebracht.«
»Übrigens, ist es richtig, dass Miss Christians Strafverteidiger Ihr Bruder ist?«
»Ja, das stimmt.«
»Ist es ferner richtig, dass Sie von sich aus an die Staatsanwaltschaft herangetreten sind, weil Ihnen etwas zu Ohren gekommen ist, was für dieses Verfahren von Belang sein könnte?«
»Nein.«
»Wie
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