Engelsrache: Thriller
geschlagen, dann hat er sie auf den Bauch gedreht und anal penetriert. Ein Mann Gottes. Mit dem Dreckskerl habe ich nicht einen Funken Mitleid. Nicht einen Funken. Aber sie muss unbedingt freigesprochen werden. Sie muss den Gerichtssaal als freier Mensch verlassen.«
»Wir wissen beide, warum das für dich so wichtig ist.«
»Das mit Sarah hätte ich dir schon früher erzählen sollen«, sagte ich. »Tut mir leid, aber ich habe mich einfach geschämt.«
»Aber jetzt hast du es ausgesprochen, und du bist deshalb in meiner Achtung nicht um einen Deut gesunken.«
Ich küsste sie auf die Stirn. Sie wusste ja gar nicht, wie glücklich ich über diesen Satz war.
»Das ist alles so unfair«, sagte ich. »Eigentlich müsste man das Mädchen auf der Stelle nach Hause schicken. Schließlich hat Erlene das alles ausgeheckt. Scheint so, als ob sie den Prediger ausrauben wollte. Das war doch nicht Angels Idee. Sie hat ja nicht mal eine Waffe dabeigehabt, sondern den Kerl mit seinem eigenen Messer umgebracht.«
»Trotzdem hätte sie ihn ja nicht unbedingt umbringen müssen«, sagte Caroline.
»Wirklich? Was hättest du denn getan, wenn ein besoffener Wüstling dich schlägt und dich dann auch noch zum Analverkehr zwingt?«
»Ich hätte ihn umgebracht und ihm den Schwanz abgeschnitten.«
»Sehe ich genauso. Es bleibt mir also nur eine Alternative. Ich muss versuchen, mein Verhältnis zu Sarah wieder klarzukriegen. Wenn ich sie dazu bringen kann, mit mir zu sprechen, könnte sich noch alles zum Guten wenden.«
»Und was willst du zu ihr sagen?«
»Keine Ahnung. Weißt du, wir haben später nie mehr über den damaligen Vorfall gesprochen. Wahrscheinlich hatten wir beide zu viel Angst, das Thema noch mal zu berühren. Ich glaube wirklich, dass dieses Erlebnis damals ihr ganzes Leben ruiniert hat.«
Ich saß auf der Bettkante und holte tief Luft.
»Ja, ich fahre zu ihr«, sagte ich. »Ich besuche sie im Gefängnis. Die können mir schließlich nicht verbieten, mit ihr zu sprechen. Das Schlimmste, was mir passieren kann, ist, dass sie mich zum Teufel schickt, das heißt, dass alles beim Alten bleibt.«
»Willst du mit ihr auch über die Vergewaltigung sprechen?«
»Das muss ich sogar. Ich muss ihr sagen, wie leid mir das alles tut.«
»Aber das war doch nicht deine Schuld, Joe.«
»Das weiß ich heute auch, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass ich mich bei ihr entschuldigen sollte. Ich bin mit der Geschichte fast genauso wenig klargekommen wie sie selbst, dabei bin ich ja nicht vergewaltigt worden.«
»Aber erwarte, um Gottes willen, nicht zu viel«, sagte Caroline.
Ich zog mich an und trank eine Tasse Kaffee.
»Joe«, sagte Caroline, als ich mich zum Gehen wandte.
»Ja?«
»Und vergiss nicht, ihr zu sagen, dass du sie liebst.«
25. Juli
Mittag
Gefängnisinsassen können vieles nicht ausstehen: die Aufseher, das schlechte Essen, die Langeweile. Doch am meisten von allem hassen sie Kinderschänder und Spitzel.
Die Gefängnisverwaltung hatte Sarah in einen Trakt verlegt, wo sie unter besonderem Schutz stand, falls die anderen Gefangenen etwas davon erfahren sollten, dass sie vor Gericht gegen Angel aussagen wollte. Sie befand sich jetzt also in einem Hochsicherheitstrakt, wo die Gefangenen in völliger Isolation gehalten wurden. Ein trostloses Dasein.
Ein Anwalt, der einen Häftling in so einem Hochsicherheitstrakt besuchen will, muss sich zu diesem in die Zelle bemühen. Die Aufseher führen die Häftlinge, die hier einsitzen, nicht in eines der Anwaltszimmer, weil sie dabei unterwegs anderen Häftlingen begegnen könnten. Ich musste mich ungefähr eine Stunde herumstreiten, bis ich Sarah schließlich sprechen durfte. Die Aufseher wussten, dass sie als Belastungszeugin gegen meine Mandantin auftreten sollte, deshalb wollten sie nicht, dass ich mit ihr sprach. Doch als Anwalt hatte ich dasselbe Recht, mit Zeugen zu sprechen, wie die Polizei, sogar mit besonders wichtigen Zeugen, deshalb ließ ich mich nicht abwimmeln. Die zuständigen Beamten versuchten Deacon Baker zu erreichen, wurden aber mit der Auskunft abgefertigt, dass er »beschäftigt« sei. Frankie Martin hatte sich an dem Tag frei genommen und war irgendwohin zum Angeln gefahren. Nachdem ich gedroht hatte, sie allesamt vor den Kadi zu bringen, gaben die Beamten schließlich nach.
Der Vollzugsbeamte schloss die Tür zu Sarahs Zelle auf, ging hinein und erklärte ihr, dass sie nicht mit mir zu sprechen brauchte, falls sie das nicht wollte. Sie
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