Engelsrache: Thriller
rächen.«
»Erwarten Sie etwa, dass die Geschworenen Ihnen das glauben, Ms Dillard?«, sagte Martin. »Sie sind schließlich mehrfach vorbestraft – eine Diebin und Drogenabhängige.«
»Das war ich auch schon, als Agent Landers im Gefängnis zu mir gekommen ist. Solange er hoffen konnte, dass ich für ihn lüge, hat ihn das alles anscheinend nicht gestört.«
»Aber das ist doch lächerlich«, sagte Martin. »Ich beantrage, Ms Dillards Aussage aus dem Protokoll zu streichen, Euer Ehren.«
»Mit welcher Begründung, Mr Martin? Etwa mit der, dass die Zeugin nicht so ausgesagt hat, wie Sie sich das wünschen? Antrag abgelehnt. Haben Sie noch weitere Fragen an die Zeugin?«
»Das würde ja ohnehin nichts bringen«, sagte Martin und trat von seinem Pult zurück. Er erinnerte an einen Ballon, aus dem plötzlich alle Luft entwichen ist. »Die Frau lügt ja ohnehin.«
Er nahm wieder Platz. Ich war einen Augenblick unschlüssig, ob ich Sarah überhaupt noch Fragen stellen sollte. Obwohl sie der Gegenseite schon beträchtlichen Schaden zugefügt hatte, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, noch ein bisschen in der Wunde zu bohren. Deshalb trat ich an das Stehpult.
»Sarah, wir sind Geschwister?«
»Ja, das sind wir.«
»Und es hat zwischen uns schon so manches Zerwürfnis gegeben.«
»Ja, das sehe ich auch so.«
»Du verbüßt zurzeit eine Haftstrafe, die du dem Umstand verdankst, dass ich dich bei der Polizei angezeigt habe. Ist das richtig?«
»Ja, das ist richtig.«
»Und deshalb warst du wütend auf mich. Richtig?«
»Ja, sehr wütend sogar.«
»Wie hoch ist die Haftstrafe, die du derzeit verbüßt?«
»Sechs Jahre.«
»Und welchen Strafnachlass hat man dir dafür angeboten, dass du hier so aussagst, wie Mr Martin es von dir erwartet hat?«
»Man hat mir angeboten, mich nach diesem Auftritt als Zeugin unverzüglich auf freien Fuß zu setzen.«
»Hast du dafür eine schriftliche Zusicherung?«
Sie kramte die Kopie der Vereinbarung hervor, die sie mit der Staatsanwaltschaft geschlossen hatte, und ich ersuchte den Richter darum, das Schreiben zu den Akten zu nehmen. Martin legte Einspruch ein und wies darauf hin, dass das Schriftstück nichts mit dem laufenden Verfahren zu tun habe. Der Richter wies den Einspruch ab.
»Sarah«, sagte ich, »würdest du den Geschworenen nun bitte mal genau erklären, wie es zu dieser Absprache gekommen ist?«
»Agent Landers ist vor ein paar Monaten, als ich noch in Untersuchungshaft war, zu mir gekommen und hat gefragt, ob ich bereit bin, der Staatsanwaltschaft behilflich zu sein. Ich sollte mich darum bemühen, Miss Christian kennenzulernen. Ich sollte mit ihr reden und so viel wie möglich über sie in Erfahrung bringen und die Informationen dann an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Als ich gesagt habe, dass ich daran nicht interessiert bin, ist er wieder gegangen. Dann bin ich zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Vor ein paar Wochen ist er dann wieder aufgetaucht und hat gesagt, er kann dafür sorgen, dass meine Strafe auf die bereits abgesessene Haftzeit reduziert wird. Und dann hat er noch gesagt, dass er mir die Chance verschaffen kann, es dir heimzuzahlen. Als ich wissen wollte, was er als Gegenleistung von mir erwartet, hat er geantwortet, dass er von mir eine schriftliche Aussage braucht, in der ich bestätige, dass Angel Christian mir den Mord an Reverend Tester gestanden hat. Er hatte die schriftliche Aussage schon bei sich – fix und fertig. In dem Protokoll hieß es, Miss Christian habe mir gebeichtet, dass sie den Striptease-Club in der Mordnacht gemeinsam mit Tester verlassen hat und mit ihm in sein Motel gefahren ist. Dort ist sie angeblich mit ihm in sein Zimmer gegangen, hat ihm K.-o.-Tropfen verabreicht, ihn dann umgebracht und sein ganzes Geld an sich genommen. Und dann sollte sie mir noch gestanden haben, dass sie die Tat nicht bereut, weil der Mann so ein ›Schwein‹ war.«
»So ein Schwein? O wie nett. Und hat Miss Christian dir diese Dinge tatsächlich erzählt?«
»Nein, ich habe noch nie ein Wort mit ihr gesprochen.« Sie zeigte auf Landers. »Das hat sich der Mann dort drüben alles ausgedacht.«
»Und wieso hast du das Protokoll dann unterschrieben?«
»Weil es so schrecklich ist, eingesperrt zu sein. Weil ich wütend darüber war, dass du mich angezeigt hast. Damals war ich noch der Meinung, dass du an allem schuld bist. Doch jetzt weiß ich, dass ich selbst für mein Tun verantwortlich bin. Die hohe
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