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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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wieder aufzurappeln. Doch mein linkes Bein versagte mir den Dienst. Ich versuchte, vorwärtszukriechen, spürte die warmen Steine unter meinen Händen.
    Weiter hinten auf der Straße fingen Leute an zu kreischen. Ich wusste, dass er nicht mehr weit sein konnte. Dann hörte ich Sirenen. Bitte, lieber Gott, lass sie endlich kommen! Dann sah ich einen Pflasterstein, der sich gelockert hatte. Ich zog ihn heraus, wälzte mich auf den Rücken. In dem Augenblick kam Tester keine drei Meter entfernt um die Ecke. Er hatte den Arm mit der Waffe ausgestreckt. Er sah mich am Boden liegen und blieb stehen. Seine Stirn war schweißbedeckt. Er zog die Mundwinkel hämisch nach oben.
    Ich warf mit dem Stein nach ihm, verfehlte ihn jedoch um wenige Zentimeter. Er kam noch zwei Schritte näher und stand jetzt direkt über mir. Genauso hatte ich damals in der Nacht, als ich ihn heimgesucht hatte, über ihm gestanden. Die Waffe, die er in der Hand hielt, war ein sechsschüssiger Revolver. Fünf Kugeln hatte er bereits verschossen, blieb noch eine.
    »Darum sollen Väter ihre Kinder und Kinder ihre Väter fressen«, sagte er. »Ich tue ganz genau nach Recht an dir und streue deinen ganzen Rest in alle Winde …«
    Ich schob mich auf den Ellbogen nach hinten, zog mein blutendes, nutzloses linkes Bein hinter mir her. Gleichzeitig starrte ich Junior ins Gesicht und erwartete den Schuss und die Finsternis. Er verdrehte die Augen und redete immer weiter, doch seine Worte waren nur noch ein unzusammenhängendes Gestammel. Dann spannte er mit dem Daumen den Hahn des Revolvers. Seine Hand fing an zu zittern. Ich erstarrte.
    Die folgenden Sekunden erlebte ich wie in Zeitlupe. Junior krümmte sich nach vorn, als ob etwas ihn von hinten getroffen hätte. Auf seinem Gesicht erschien ein verblüffter Ausdruck, dann krachte der Schuss. Die Kugel zischte so nahe an meinem linken Ohr vorbei, dass ich die Druckwelle spürte. Testers Waffe fiel neben meinen Füßen auf das Pflaster. Dann erschien plötzlich eine riesige mit Altersflecken übersäte Hand über Juniors Kopf und legte sich auf sein Gesicht. Die Finger umschlossen sein Kinn und rissen es nach oben.
    Junior stürzte nach hinten. Ein Mann warf sich auf ihn und sprühte ihm etwas in die Augen. Ein grauhaariger Mann in Uniform …
    Der alte Sarge Hurley, der im Gericht für die Sicherheit zuständig war. Er hob seine riesige Faust und rammte sie Tester ins Gesicht. Dann immer mehr Uniformierte, einige in Khaki, andere in Blau. Sie stürzten sich wie Heuschrecken auf Junior. Und dann war alles so schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Der Sergeant richtete sich auf und sah mich an. Er kam näher und ließ sich neben mir auf die Knie nieder.
    »Alles in Ordnung, Dillard?«
    Als ich ihm in die Augen sah, fiel mir zum ersten Mal auf, dass sie – genau wie meine eigenen – grün waren. Ich ließ den Kopf zurück auf das Pflaster sinken und lächelte. Der gute alte Sarge, mein geriatrischer Schutzengel. Und er schwitzte nicht mal.
    »Wieso habt ihr denn so lange gebraucht?«, sagte ich. »Der Kerl hätte mich fast abgeknallt.«
    Der Sergeant grunzte irgendwas, hob dann Juniors Revolver auf und inspizierte ihn eingehend.
    »Da rettet man Ihnen Ihr kleines Leben, und Ihnen fällt nichts Besseres ein, als zu fragen: ›Wieso habt ihr denn so lange gebraucht.‹ Schade, dass die Knarre hier leer ist. Ich hätte nämlich nicht übel Lust, Ihnen doch noch eine Kugel zu verpassen.«
    2. August
    11:00 Uhr
    Am Mittwochmorgen um sieben Uhr nahm das TBI Erlene Barlowe fest, einen Tag, bevor sich Deacon Baker gegen den vormaligen Staatsanwalt Lee Mooney zur Wiederwahl stellte. Der Laborbericht hatte offenbar bestätigt, dass die Blutspuren, die man auf dem Beifahrersitz der Corvette nachgewiesen hatte, von Reverend Tester stammten. Sobald die Formalitäten erledigt waren, rief sie mich an und bat mich, ins Gefängnis zu kommen.
    Die Kugel, die mich getroffen hatte, war in meinen linken Quadrizeps eingedrungen, hatte den Oberschenkelknochen gestreift und war in der Leistengegend wieder ausgetreten. Ein glatter Durchschuss. Das Geschoss hatte meine Oberschenkelarterie lediglich um wenige Zentimeter verfehlt. Hätte sie die Arterie durchtrennt, wäre ich auf dem Trottoir verblutet. So aber genügte es, die Wunde im Krankenhaus versorgen und verbinden zu lassen. Schon am folgenden Tag konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Auch wenn mich im Oberschenkel ein unangenehmes Pochen plagte, sah ich angesichts der

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