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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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wegen einer einzigen alten Schallplatte«, sagte Erlendur.
    »Sammler sind Experten. Es gehört einfach zum Spaß dazu, die Ursprünge herauszufinden. Seitdem habe ich versucht, mehr von diesen Platten zu kaufen, aber das war leichter gesagt als getan. Es existieren nur zwei Platten, auf denen er zu hören ist.«
    »Sie haben mir gesagt, dass Sie die Platte den Japanern für teures Geld abgekauft haben. Sind solche Platten etwas wert?«
    »Nur für Sammler«, sagte Wapshott. »Und hier ist nicht die Rede von besonders hohen Summen.«
    »Aber doch von solchen, dass es sich für Sie lohnt, nach Island zu kommen, um mehr davon zu erwerben. Deswegen wollten Sie Guðlaugur doch treffen. Um herauszufinden, ob er noch mehr Exemplare besitzt.«
    »Ich stehe seit einiger Zeit mit ein paar isländischen Sammlern in Verbindung. Schon bevor ich Interesse an den Platten mit Egilsson bekam. Leider gibt es aber keine Schallplatten mehr mit ihm. Die isländischen Sammler haben nichts auftreiben können. Möglicherweise kann ich ein Exemplar über eine Internet-Verbindung aus Deutschland bekommen. Ich bin nach Island gekommen, um diese Sammler und Guðlaugur Egilsson zu treffen, weil ich seinen Gesang bewundere. Und um hier den Markt auszuloten und Sammlerläden zu besuchen.«
    »Und davon können Sie leben?«
    »Wohl kaum«, sagte Wapshott und sog den Rauch der Chesterfield ein. Vom jahrzehntelangen Rauchen hatte er gelbe Finger. »Ich habe geerbt. Hausbesitz in London. Ich kümmere mich um die Verwaltung, aber den größten Teil meiner Zeit verbringe ich mit Sammeln. Man könnte es eine Passion nennen.«
    »Und Sie sammeln Chorknaben.«
    »Ja.«
    »Sind Sie bei dieser Reise auf irgendetwas gestoßen?«
    »Nein, nichts. Hierzulande scheint niemand Interesse daran zu haben, etwas aufzubewahren. Hier muss alles neu sein. Alles Alte gilt offenbar als Plunder, nichts ist es wert, aufgehoben zu werden. Meines Erachtens wird hier mit Schallplatten schlecht umgegangen. Die werden einfach weggeworfen, Schallplatten aus Nachlässen beispielsweise. Da wird noch nicht einmal jemand hinzugezogen, um sich die anzuschauen. Bloß auf die Müllkippe damit. Lange Zeit war ich der Meinung, dass ein Unternehmen hier in Reykjavík, das Sorpa heißt, ein Verein für Sammler wäre. Der Name kam nämlich immer wieder in der Korrespondenz vor. Dann stellte es sich heraus, dass es eine Recycling-Firma ist, die einen Gebrauchtwarenhandel betreibt. Sammler finden hier alle möglichen Kostbarkeiten im Müll und verkaufen sie übers Internet zu guten Preisen.«
    »Ist Island besonders interessant für Sammler?«, fragte Erlendur. »So ganz generell gesehen.«
    »Der größte Vorteil an Island ist die Übersichtlichkeit des Marktes. Jede Platte wird nur in einer geringen Auflage herausgegeben, und sie verschwindet ziemlich bald wieder vom Markt. Danach ist sie mehr oder weniger verloren. Wie die Platten von Guðlaugur Egilsson.«
    »Es muss spannend sein, Sammler in einer Welt zu sein, die alles hasst, was alt und unnütz ist. Das muss doch irgendwie eine Befriedigung sein, wenn man davon überzeugt ist, Kulturschätze zu retten.«
    »Ja, wir sind gewissermaßen so ein paar unverbesserliche Käuze, die versuchen, der Vernichtung Einhalt zu gebieten«, erklärte Wapshott.
    »Aber man kann auch Geschäfte damit machen.«
    »Das kann vorkommen.«
    »Was passierte mit Guðlaugur Egilsson? Was wurde aus dem Kinderstar?«
    »Was aus allen Kinderstars wird«, sagte Wapshott. »Er wurde erwachsen. Ich weiß eigentlich nicht so genau, was aus ihm geworden ist, aber als Jugendlicher oder als Erwachsener hat er nie wieder gesungen. Seine Gesangskarriere war schön, aber kurz, und dann verschwand er wieder in der Menge und hörte auf, etwas Besonderes oder Einzigartiges zu sein. Niemand hat ihm mehr zugejubelt, und vermutlich hat ihm das gefehlt. Es gehört viel Charakterstärke dazu, in so zartem Alter schon Ruhm und Bewunderung zu verkraften, und noch viel mehr, wenn die Leute einem später den Rücken zukehren.«
    Wapshott schaute auf die Uhr, die über der Bar hing, dann auf seine Armbanduhr und räusperte sich.
    »Ich wollte die Abendmaschine nach London nehmen, und ich muss noch einiges erledigen, bevor ich aufbreche. Wollen Sie noch mehr von mir wissen?«
    Erlendur blickte ihn an.
    »Nein, ich glaube, das war’s. Ich dachte, Sie wollten erst morgen fliegen?«
    »Falls ich Ihnen noch mit irgendetwas behilflich sein kann, hier ist meine Visitenkarte«, sagte Wapshott,

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