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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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er und fiel einen Augenblick aus der Rolle des zuvorkommenden Hoteliers. »Hast du vor, das zu bezahlen?«
    »Darin waren meine Frau und ich uns einig. Die kriegt keine müde Krone.«
    »Glaubst du, dass jemand dir eins auswischen will?«
    »Mir eins auswischen«, echote der Empfangschef. »Ich verstehe dich nicht. Was meinst du damit?«
    »Ich meine, ob es sein kann, dass jemand dir so übel gesonnen ist, dass er so etwas arrangieren würde, um dich in Schwierigkeiten zu bringen? Jemand, mit dem du dich angelegt hast?«
    »Das wäre mir nie im Traum eingefallen. Du meinst, dass ich irgendwelche Feinde habe, die mir so was antun würden?«
    »Es brauchen gar keine Feinde zu sein. Irgendwelche Witzbolde, beispielsweise deine Freunde.«
    »Nein, solche Freunde habe ich nicht. Und der Witz wäre wohl auch mehr als zu weit gegangen – da hört der Spaß doch wirklich auf.«
    »Hast du dem Weihnachtsmann gekündigt?«
    »Was meinst du damit?«
    »Hast du ihm das mitgeteilt? Oder wurde ihm ein Brief geschickt, oder was?«
    »Ich habe es ihm mündlich mitgeteilt.«
    »Und wie hat er es aufgenommen?«
    »Es war ziemlich hart für ihn. Verständlicherweise. Er hat lange hier gearbeitet, viel länger als ich beispielsweise.«
    »Hätte er möglicherweise dahinter stecken können, falls jemand dahinter steckt?«
    »Guðlaugur? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Guðlaugur? So was einfädeln? Das glaube ich nicht. Der war absolut nicht für Scherze irgendwelcher Art zu haben.«
    »Hast du gewusst, dass er früher ein Kinderstar gewesen ist?«
    »Ein Kinderstar? Inwiefern?«
    »Er hat Platten besungen. Ein Chorknabe.«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte der Empfangschef.
    »Nur eins zum Schluss«, sagte Erlendur und stand auf.
    »Ja«, sagte der Empfangschef.
    »Kannst du dafür sorgen, dass ich einen Plattenspieler auf mein Zimmer bekomme?«, bat Erlendur und sah, dass der Empfangschef sich fragte, was das nun wieder sollte.
     
    Als Erlendur ins Foyer kam, sah er den Leiter der Spurensicherung die Kellertreppe heraufkommen.
    »Wie sieht es aus mit dem Speichel, den ihr an dem Kondom gefunden habt? Gibt’s was Neues? Habt ihr schon das Kortisol untersucht?«
    »Wir sind dabei. Was verstehst du von Kortisol?«
    »Zumindest weiß ich, dass es unter Umständen gefährlich sein kann, wenn zu viel davon im Speichel vorhanden ist.« »Sigurður Óli hat nach der Mordwaffe gefragt«, sagte der Abteilungsleiter. »Der Gerichtsmediziner glaubt, dass es kein besonderes Messer gewesen ist. Nicht sehr lang, mit schmaler, geriffelter Klinge.«
    »Also kein Jagdmesser oder Fleischmesser?«
    »Nein, eher ein ziemlich gewöhnliches Messer, wenn ich es richtig verstanden habe«, sagte der Abteilungsleiter. »Ein ganz gewöhnliches Messer.«

Zehn
    Erlendur nahm die beiden Platten aus Guðlaugurs Kammer mit auf sein Zimmer und rief von dort im Krankenhaus an, um nach Valgerður zu fragen. Er wurde zu ihrer Abteilung weiterverbunden. Eine andere Frau war am Apparat. Er fragte ein weiteres Mal nach Valgerður, und die Frau sagte »Augenblick, bitte«, und endlich kam Valgerður an den Apparat. »Hast du noch eins von diesen Wattepinnchen übrig?«, fragte er.
    »Geht es um tödliche Unfälle und Bergnot?«, fragte sie.
    Erlendur grinste.
    »Da ist ein Ausländer hier im Hotel, den wir überprüfen müssen.«
    »Ist es sehr eilig?«
    »Es muss noch heute über die Bühne gehen.«
    »Bist du auch da?«
    »Ja.«
    »Dann bis später.«
    Erlendur legte auf. Tödliche Unfälle und Bergnot, dachte er und lächelte. Er hatte eine Verabredung mit Henry Wapshott an der Bar im Erdgeschoss. Er ging nach unten, setzte sich an die Bar und wartete. Der Kellner fragte, ob er etwas bestellen wolle, aber er lehnte dankend ab. Überlegte es sich dann anders, rief hinter ihm her und ließ sich ein Glas Wasser bringen. Er blickte auf die Bar mit all den alkoholischen Getränken, Alkohol in allen Farben des Regenbogens, Regale voller Likör.
    Sie hatten unsichtbaren Glasstaub auf dem Fußboden im Wohnzimmer gefunden. Reste von Drambuie am Barschrank, Drambuie in den Socken des Jungen und auf der Treppe. Sie fanden Glaspartikel im Besen und im Staubsauger. Alles deutete darauf hin, dass eine Likörflasche auf den Marmorboden geknallt war. Der Junge war höchstwahrscheinlich in die Lache getreten, die sich gebildet hatte, und war schnurstracks die Treppe hinauf und in sein Zimmer gelaufen. Die Flecken deuteten eher darauf hin, dass er gerannt war. Ängstliche

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