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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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seinen Bruder finden können?
     
    Er stand am Fenster und hing den Gedanken nach, welche Auswirkungen der Verlust des Bruders auf sein Leben gehabt hatte, und ob sie vielleicht weitreichender gewesen waren, als ihm bewusst war. Er hatte oft diese Ereignisse wieder heraufbeschworen, seit Eva Lind angefangen hatte, ihn auszufragen. Er hatte keine simplen Antworten auf ihre Fragen, wusste aber im Innersten, wo die Antworten zu finden waren. Er hatte sich selber nur allzu oft genau diese Fragen gestellt, die Eva Lind nun auf dem Herzen lagen. Wenn sie darauf bestand, dass er sich rechtfertigte. Erlendur hörte ein Klopfen an der Tür und wandte sich vom Fenster ab.
    »Herein!«, rief er. »Es ist offen.«
    Sigurður Óli öffnete die Tür und kam ins Zimmer. Er war den ganzen Tag in Hafnarfjörður gewesen und hatte mit Leuten geredet, die Guðlaugur kannten.
    »Gibt’s was Neues bei dir?«, fragte Erlendur.
    »Ich habe rausgekriegt, was für einen Spitznamen er hatte. Du erinnerst dich, er bekam einen neuen Spitznamen, nachdem die Katastrophe eingetreten war.«
    »Ja. Von wem hast du das erfahren?«
    Sigurður Óli setzte sich seufzend aufs Bett. Bergþóra hatte sich beklagt, dass er viel zu wenig zu Hause war, ausgerechnet jetzt, wo Weihnachten vor der Tür stand; sie musste ganz allein den ganzen Weihnachtskram erledigen. Er war auf dem Weg nach Hause, um mit ihr den Weihnachtsbaum zu kaufen, aber zuvor musste er sich mit Erlendur besprechen. Er hatte mit ihr auf dem Weg zum Hotel telefoniert und gesagt, dass er sich beeilen würde, aber das hatte sie viel zu oft zu hören bekommen, um dem noch Glauben zu schenken, und sie war ziemlich sauer, als sie auflegte.
    »Willst du wirklich Weihnachten hier in diesem Zimmer verbringen?«, fragte Sigurður Óli.
    »Nein«, sagte Erlendur. »Was hast du also in Hafnarfjörður herausgefunden?«
    »Warum ist es hier drinnen so kalt?«
    »Der Heizkörper. Der wird nicht warm. Willst du nicht zur Sache kommen?«
    Sigurður Óli grinste.
    »Kaufst du dir einen Weihnachtsbaum? Zu Weihnachten?«
    »Wenn ich mir einen Weihnachtsbaum kaufen würde, würde ich das in der Tat zu Weihnachten tun.«
    »Zuerst habe ich auf einigen Umwegen einen Mann ausfindig gemacht, der Guðlaugur früher gekannt hat«, sagte Sigurður Óli. Er wusste, dass er etwas in Erfahrung gebracht hatte, was Einfluss auf den Gang der Ermittlung haben könnte, und er genoss es in vollen Zügen, Erlendur etwas auf die Folter zu spannen.
    Sigurður Óli und Elínborg hatten sich vorgenommen, mit allen zu reden, die zusammen mit Guðlaugur zur Schule gegangen waren und ihn von früher kannten. Die meisten erinnerten sich an ihn und an seine viel versprechende Karriere. Und an die Hänseleien, die mit seiner Berühmtheit verbunden gewesen waren. Einige erinnerten sich sehr genau an ihn und wussten, was passiert war, als er seinen Vater zum Krüppel gemacht hatte. Einer war enger mit ihm bekannt gewesen, als Sigurður Óli sich vorstellen konnte.
    Eine Schulkameradin von Guðlaugur verwies ihn auf diesen Mann. Sie wohnte in einem Einfamilienhaus in einem der neuen Stadtteile von Hafnarfjörður. Er hatte sie frühmorgens angerufen, und sie erwartete ihn nun, als er kurze Zeit später eintraf. Sie begrüßten sich mit Händedruck, und sie führte ihn ins Wohnzimmer. Sie war mit einem Piloten verheiratet und arbeitete halbtags in einem Buchladen. Ihre Kinder waren erwachsen.
    In allen Einzelheiten berichtete sie ihm von ihrer Bekanntschaft mit Guðlaugur, die aber keineswegs eng gewesen war; von der Schwester wusste sie kaum mehr, als dass sie älter als Guðlaugur war. Sie konnte sich dunkel erinnern, dass er seine Stimme genau zu dem Zeitpunkt verloren hatte, als alles genau nach Wunsch zu laufen schien, wusste aber nicht, was später aus ihm geworden war, nachdem sie die Schule verlassen hatten. Es hatte sie ziemlich geschockt, als sie der Zeitung entnahm, dass er der Mann war, der in einem Kellerloch in einem Hotel ermordet aufgefunden worden war.
    Sigurður Óli hörte zu, war aber mit seinen Gedanken ganz woanders. Das Meiste hatte er bereits von anderen Schulkameraden von Guðlaugur gehört. Als sie geendet hatte, fragte er, ob sie von einem Spitznamen wüsste, mit dem Guðlaugur als Kind gehänselt wurde. Sie konnte sich nicht daran erinnern, fügte aber hinzu, dass sie vor langer Zeit etwas über Guðlaugur gehört hätte, was für die Polizei interessant sein könnte, falls sie es nicht bereits wüssten. »Und

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