Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
den Zugangstunnel, wobei sie hoffte, dass ihre plötzlich glühenden Wangen nicht auffielen. Sie hatte es schon wieder getan, verdammt – sich über eine Beleidigung aufgeregt, die gar keine war. Die gleiche Zickigkeit, wegen der sie schon nicht aus dem Barrio herausgekommen war und keinen Zutritt zu den Oberklasse-Vierteln in New Mexico City erhalten hatte, wo die ganzen Karriereleitern standen. Zumindest hatte Trilling ihr das immer gesagt …
Ihre Nackenmuskeln verspannten sich, und sie wurde plötzlich aus ihren Gedanken gerissen und in die Wirklichkeit zurückgeholt. Sie drehte sich hektisch um und rechnete schon fast damit, dass Trilling hinter ihr herging – dass seine leuchtenden Augen glühten und er sie mit seinen vernarbten Lippen wie ein tollwütiges Tier angrinste.
Aber es waren nur noch ein paar verspätete Passagiere zu sehen, und vom Check-in-Schalter um die Ecke waren auch keine verdächtigen Geräusche zu hören.
Sie drehte sich um, atmete durch und ging weiter. Am Ende des Tunnels wartete das Shuttle, eine Art übergroßes Flugzeug mit vielen Reihen Konturensitzen. Sie suchte sich einen Platz aus, von dem sie einen freien Blick auf die Tür hatte, ließ sich vom automatischen Sicherheitsgurt anschnallen und wartete. Trillings absolut letzte Chance …
Fünf Minuten später wurde die Tür mit einem dumpfen Knall zugeschlagen … Und als das Shuttle vom Terminal wegrollte, überkam sie zum ersten Mal seit mehreren Stunden ein Gefühl der Entspannung. Zum ersten Mal seit Monaten. Endlich – endlich – durfte sie hoffen, dass sie sich von Trilling Vail befreit hatte.
Aber das hatte sie auch etwas gekostet: Sie hatte das einzige Heim verlassen, das sie je gekannt hatte.
Der Flug zum Raumschiff dauerte ungefähr eine Stunde. Eine Stunde, die für Chandris geradezu zauberhaft war.
Sie war zwar schon einmal mit einem Verkehrsflugzeug geflogen, nur hatte sie seinerzeit zu sehr darauf geachtet, sich unauffällig zu verhalten, um den Flug auch zu genießen. Nun war es anders. Die weißen Schleierwolken vor dem Shuttle, die in Nichts zerfaserten, die Gebäude und Hügel und Wälder unter ihnen, das Gefühl des Flugs selbst – sie sog alles ein und presste das Gesicht gegen das kalte Kunststofffenster, um auch ja nichts zu verpassen. Der Boden fiel unter ihr zurück, die höchsten Wolken erfüllten fast den gesamten Himmel, und dann sah sie, wie der tiefblaue Himmel über ihnen einer unendlichen Schwärze wich. Das gedämpfte Brüllen der Triebwerke schwächte sich zu einem heiseren Flüstern ab, und sie wurde sachte in die Gurte gedrückt.
Sie verbrachte die nächsten Minuten, mit geballten Fäusten und zusammengebissenen Zähnen dazusitzen, und sie kämpfte gegen eine extreme Übelkeit und das schreckliche Gefühl an, dass sie mitsamt dem Shuttle wieder zum Boden zurückfiel. Und dann entspannten Magen und Gehirn sich plötzlich wieder, und sie vermochte sich wieder auf die Aussicht vor dem Fenster zu konzentrieren. Über ihr waren Sterne am schwarzen Himmel zu sehen, und die Sonne stand auch noch am Rand ihres Blickfelds. Sie staunte für eine Weile über diesen völlig neuen Anblick und richtete die Aufmerksamkeit abwechselnd auf die Sonne und die Sterne.
Und dann erhaschte sie einen ersten Blick auf die Xirrus , die in überhöhter Position vor den Sternen und der Sonne stand.
Auf den ersten Blick wirkte sie eher unscheinbar und glich einem Spielzeug oder Raumschiffmodell, dessen schemenhafte Form von Ketten aus kleinen Lichtern akzentuiert wurde. Je näher das Shuttle kam, desto größer wurde jedoch das Gebilde, und schließlich dämmerte es ihr, dass die Bezeichnung »fliegende Stadt« für ein solches Schiff doch nicht so weit hergeholt war, wie sie immer geglaubt hatte.
Sie drückte die Nase gegen das kalte Fenster und lächelte innerlich. Wenn sie etwas im Barrio gelernt hatte, dann das, wie man in einer Stadt überlebte.
Sie erreichten die Xirrus ein paar Minuten später, begleitet von einem lauten Scheppern und der plötzlich wieder einsetzenden Schwerkraft. Chandris schloss sich den anderen Passagieren an, erklomm eine steile Klapptreppe durch das Dach des Shuttles und betrat einen riesigen Raum, auf dessen eine Wand eine große Risszeichnung der Xirrus projiziert wurde. Auf ihrem Ticket war die Kabinennummer vermerkt; sie warf einen Blick auf die Risszeichnung, um die Kabine ausfindig zu machen und ging dann zum Heck des Schiffs.
Ihre »Stubenkameradinnen« waren auch schon da,
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