Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)
sich vor Wut darüber, ihn verloren zu haben. Auf Orios hingegen traf das nicht zu, er wäre über kurz oder lang vom aufstrebenden Galen als Waffenmeister ersetzt worden. Daher war es eher als Kompliment von Orios zu werten, dass er über Galens Weggang nicht traurig war. Und Orios galt schon als der Beste seines Kaders.
Wie sie jedoch erfahren hatte, war Galens Denkweise geprägt von klaren Linien, von Gut und Böse mit nur gelegentlichen Grauschattierungen. Er würde sein Blut für jene geben, denen er die Treue geschworen hatte, und eine einmal besiegelte Zugehörigkeit würde von Dauer sein.
Die Frau, die er für sich erwählt, wird nie fürchten müssen, betrogen zu werden.
Ganz bewusst fasste sie den Stiel des Holzlöffels, mit dem sie gerade die Zutaten umrührte, etwas lockerer und holte tief Luft, doch bevor sie etwas sagen konnte, ergriff er das Wort. »Auf die kleinen Intrigen brauchen wir uns nicht zu konzentrieren.« Er breitete die Flügel aus und legte sie sorgfältig wieder zusammen. »Deine persönlichen Beziehungen zu anderen Engeln kannst du allesamt außen vor lassen. Deine Position als solche ist unantastbar; man denke sich nur, welche Auswirkungen es auf die Kinder hätte, wenn dir etwas zustoßen würde. Selbst Feinde würden sich verbünden, um dich zu rächen. Wenn jemand solche Vergeltungsmaßnahmen riskiert, muss viel auf dem Spiel stehen.«
Sie wollte den Teig gerade in einen kleinen Topf geben – das einzige Gefäß, das sie zum Backen gefunden hatte – , da hielt sie inne. »Du hast recht.« Sie trug so viel Wissen in sich, dass sie sich manchmal darin verlor und das Offensichtliche nicht sah. »Alexanders geplanter militärischer Angriff auf Raphael ist fraglos das Wichtigste, was im Augenblick vor sich geht.«
»Aber es ist kein Geheimnis.« In Galens Bewegungen lag eine wilde Eleganz, die sie bei einem so großen, kräftigen Mann nicht erwartet hätte. »Wenn dein Wissen also etwas mit Alexander zu tun hat, muss es sich auf einen verborgenen Aspekt beziehen.«
»Wenn das zutrifft, kann Alexander selbst nichts von dem geplanten Anschlag gewusst haben«, sagte sie ohne eine Spur von Zweifel. »Er würde es als Verletzung seiner Ehre verstehen, mich in meinem Haus so brutal in die Ecke zu drängen.« Hätte Alexander sie tot oder arbeitsunfähig sehen wollen, hätte sich einer seiner Auftragsmörder leise und effizient darum gekümmert – sie hätte keine Sekunde lang Angst gehabt.
Galens Nicken war entschlossen. »Einverstanden. Wer noch?«
»Ich denke drüber nach.« Die aus der Ofentür strömende Hitze versengte ihr die Haut, als sie den Topf hineinstellen wollte, aber viel gefährlicher war die leise pochende Wärme in ihrem Inneren – denn das hier , mit Galen zusammen zu sein und mit ihm zu sprechen, als hätten sie schon so manche Nacht auf ebendiese Weise verbracht, das war genau die Art von emotionaler Intimität, nach der sie sich verzehrte. »Alexanders Unnachgiebigkeit gegenüber Raphael überrascht mich.« Ein Erzengel zu sein, hieß, zum Kader zu gehören. So einfach war das, so unabänderlich. »Nie zuvor ist er in solchem Maße unvernünftig gewesen.«
»Raphael ist weitaus stärker, als er es in seinem Alter sein sollte«, stellte Galen fest. Er hob den Schwertgurt auf, den er neben seinem Hocker liegen gelassen hatte, und hängte ihn an die Wand. »Titus hat offen ausgesprochen, er habe das Potenzial, den Kader anzuführen.«
»Und Alexander betrachtet das als seine Position.« Zwar war der Erzengel ein großer Anführer, dennoch trug er auch den Hochmut eines uralten Machtwesens in sich und hätte jedes Gerücht in diese Richtung als Herausforderung aufgefasst.
»Aber«, sagte sie, als sie heißes Wasser für Tee aufgoss, nachdem sie alles andere aufgeräumt hatte, »wir dürfen Lijuan nicht außer Acht lassen.« Zhou Lijuan, nach Alexander die älteste Erzengelsfrau, hatte solche Gräueltaten begangen, dass Jessamy das Blut in den Adern gefroren war, als sie darüber in ihren geheimen Geschichtsbüchern berichten musste. »Sie scheint eine Vorliebe für Raphael zu haben, aber ihre Intrigen greifen tief.«
»Ihre Soldaten sind derzeit über ihr gesamtes Herrschaftsgebiet verteilt, trotzdem gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie sich zu einem Angriff sammeln würden.«
Während der Tee zog, blickte sie auf und sah, wie Galen sich gerade wieder die Haare zurückstrich. »Du musst sie abschneiden.«
»Ich wollte es gestern Abend schon tun.« Er zog
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