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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Gewinn gemacht«, sagte Pasco, zu einer leeren Ecke des Salons gewandt. »Damit haben wir die geringen Verluste auf unseren letzten drei Touren fast ausgeglichen.« Er seufzte. »Um die Gebühren auf Truchas bezahlen zu können, mußte ich einen Kontrakt annehmen, der nicht besonders gut war. Mehrfachlieferungen. Ich weiß nicht …« Pasco schüttelte den Kopf. »Der Vertrag war letztendlich noch schlechter, als ich dachte.«
    Ubu beobachtete seinen Vater und fragte sich, warum er so anders wirkte. Obwohl das Holobild ganz nah bei ihm war, sah Pasco kleiner und unbedeutender aus – weit entfernt, als ob man ihn durch das falsche Ende eines Fernrohrs betrachten würde.
    Da war kein Schmerz, merkte Ubu plötzlich. Daran lag es: kein scharfer Kummer, der ihn wie ein Schwert durchschnitt. Nur Traurigkeit war geblieben, und selbst die Traurigkeit war vage und weit entfernt.
    Ubu fragte sich, ob die Zeit das bewirkt hatte. Es war Monate her, seit Pasco zum letztenmal erschienen war, um die Wunden wieder aufzureißen.
    »Ich habe einen Plan«, sagte Pasco. Seine kurzen, dicken Finger, die er vor der Brust hielt, verknoteten sich ineinander, als ob er sich selbst gratulieren wollte. »Wenn ich irgendwo Kredit bekomme, kann ich hier auf Decatur eine komplette Ladung Nadelbäume kaufen, die Stickstoff in Sauerstoff umwandeln. Ich weiß, daß die draußen an der Grenze auf Trincheras oder Maskerade sehr gefragt sind. Wir können einen hübschen Profit herausschlagen, wenn wir sie auf eigene Rechnung verkaufen.«
    Überraschung keimte in Ubu auf, als eine Erinnerung in diamantener Klarheit durch seinen Geist rollte. Er erinnerte sich, was aus Pascos Plan geworden war: der Schuß nach Trincheras, wo sie feststellen mußten, daß die Siedlungen ihre eigenen terraformierenden, genetisch an Trincheras’ sauren Boden angepaßten Bäume in gewaltigen Gentanks gezüchtet und folglich keine Verwendung für Pascos Bäume hatten … und dann der Sprung nach Maskerade, wo es fast genauso schlimm gewesen war. Die Nadelbäume waren zu Dumpingpreisen verschleudert worden, und die ganze Sache hatte sich als totaler Reinfall erwiesen.
    In groben Zügen entsprach Pascos Plan mit den Nadelbäumen Ubus Plan, als er die Bergbauausrüstung für Schürfengel gekauft hatte. Daran hatte sich Ubu irgendwie gar nicht erinnert. Warum, so fragte er sich, war ihm das nicht früher eingefallen? Na, Ubu, du mit deinem Supergedächtnis, das nie etwas vergißt?
    Pasco redete weiter, schwätzte davon, wie gut sich Ubu und Maria bei einigen ihrer ersten Schüsse gemacht hatten und was für vielversprechende Gezeitenreiter sie waren. Er kam Ubu unwirklich vor, wie eine Marionette, die das Aussehen seines Vaters hatte.
    Ubu starrte die Gestalt an, ohne ihr zuzuhören. Warum hatte er sich nicht erinnert?
    Eine kalte Hand streifte seinen Nacken. Etwas hatte ihn daran gehindert, sich zu erinnern , dachte er. Etwas hatte gewollt, daß er Pascos Fehler wiederholte.
    Ubu streckte die Hand zur Tastatur aus und schaltete Pasco mitten im Satz ab. Die holographische Gestalt schwebte in der Luft, perfekt, wie in Kristall konserviert.
    Ubus Blick wanderte zu dem Dateinamen auf dem Computerbildschirm: Pasco. Das Tagebuch eines Mannes, der nie etwas zu Ende gebracht hatte. Der Pläne geschmiedet, sie in die Tat umgesetzt und dann das Interesse verloren hatte, der nie etwas beendet, nie den Sieg davongetragen hatte. Und der alles aufgezeichnet und sich als Geist programmiert hatte, damit seine Kinder sehen konnte, wie sich alles wiederholte, immer und immer wieder …
    Programmiert, dachte Ubu. Eine stählerne Klaue schloß sich um sein Herz und drückte zu. Tränen brannten ihm in den Augen.
    Ubu hatte immer nur verloren. Er hatte Pascos Fehler beim Schürfengel-Vertrag wiederholt, hatte sich Hals über Kopf in den Monte Carlo-Plan gestürzt, ohne ordentliche Vorarbeit zu leisten, war ins Gefängnis geworfen und wieder entlassen worden, war von der Station in die Leere jenseits der von Menschen besiedelten Sphäre geflohen … Durch puren Zufall hatte er etwas Wunderbares gefunden, das seine Probleme lösen würde, und auch dabei hatte er versagt und alles an Marco verloren. Ein dummer Fehler, bei dem eine weitere seltsame Anwandlung von Vergeßlichkeit eine Rolle gespielt hatte, weil ihm entfallen war, daß der Navigationscomputer automatisch seine Kurse speicherte.
    Marco hielt Ubu für einen Verlierer. Das hatte er gesagt. Und Marco hatte recht.
    Pascos Bild hing leuchtend

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