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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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anderen passiert. Ich hab’s nicht mal im Stationsnachrichtenfax gesehen.« Er drückte ihre Hand. »Ich möchte dich gern anfassen. Aber es würde dir weh tun, oder?«
    »Wär nicht gerade angenehm. Tut mir leid.« »Ich wünschte, ich könnte dir irgendwie helfen. Aber die Abrazo fliegt in ein paar Wochen. Wir warten nur noch auf eine Fracht, dann sind wir weg.«
    Maria spürte eine lange Aufwallung von Kummer, deren Heftigkeit sie überraschte. Sie drehte den Kopf, sah, daß Kit den Blick störrisch abgewandt hatte, und strich ihm mit den Fingern über die Wange. »Ich wünschte, du müßtest nicht weg. Hast du über die Sache mit der Lehrzeit nachgedacht?«
    Kit ließ einen schweren Seufzer hören. »Ich glaub nicht, daß Marco sich darauf einlassen würde. Und wenn doch, würde er ständig Berichte darüber haben wollen, was ihr beide tut, du und dein Bruder, was für Geschäfte ihr macht. Und dann würde er die Informationen dazu benutzen, euch allmählich zugrunde zu richten.«
    Sie schüttelte den Kopf. Blau Drei machte es ihr schwerer als sonst, Marcos Verhalten zu verstehen. »Er ist wirklich schrecklich«, sagte sie.
    »Wir kommen durch. Wir fahren sogar guten Gewinn ein. Wär mir nur lieber, er würd’s nicht auf diese Weise machen.«
    Die schöne Maria schloß die Augen und ließ sich von der unbestimmten Traurigkeit durchwehen. Kit würde sie verlassen. Es war nicht seine Schuld, aber er würde es tun. Und dann gab es wieder nur Maria und Ubu, sie beide ganz allein, ganz auf sich gestellt in ihrem gemeinsamen Kampf gegen die Konsolidierung, einem Kampf, der so endlos und hoffnungslos war wie der eines Schiffes, das in den Schlingen einer Singularität gefangen war, während die Shooter jedes Manöver ausprobierten, das sie kannten, ohne den Sturz abfangen zu können, bis sie als ein letzter, trostloser Röntgenimpuls endeten, der aus dem Herzen einer lichtlosen Sonne kam …
    »Maria«, sagte Kit. »Vielleicht gibt’s doch eine Möglichkeit.«
    »Eine Möglichkeit wozu?«
    »Du kannst mit mir kommen. An Bord der Abrazo . Wir könnten zusammenleben.«
    Die Erkenntnis, daß Kit zu einer derart schmeichelhaften Überraschung fähig war, stimmte sie augenblicklich heiterer. Sie wandte den Kopf und sah ihn erfreut an. Beim Anblick ihres Gesichts irrte sein Blick ab, dann sah er ihr fest in die Augen. Sie küßte ihn.
    »Und Marco würde das erlauben?« fragte sie.
    »Wahrscheinlich. Ich glaub schon.« Kits Ton war defensiv. »Ich kann ihn dazu überreden«, sagte er, als wollte er die Dinge klarstellen. »Wir dürfen uns zum Partner aussuchen, wen wir wollen. Ich bin noch kein Shooter, aber ich glaube, ich könnte ihn dazu bringen, daß er einverstanden ist.«
    Unerwartetes Blau-Drei-Gelächter blubberte über Marias Lippen. Kit errötete und wandte den Blick ab. Maria küßte ihn erneut.
    »Ich hab nicht über dich gelacht, Kit. Bloß darüber, wie schnell das geht. Wir kennen uns erst einen Tag.«
    »Lange genug, daß ich weiß, was ich will.« Es klang trotzig. »Die Leute werden sich über mich lustig machen, aber das ist mir egal.«
    »Das ist mutig von dir.«
    Kit sah überrascht aus. Er machte Anstalten, etwas zu sagen, dann überlegte er es sich anders. »Wird schon klappen«, sagte er.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, mit so vielen Leuten auf einem Schiff zu leben.«
    »Auf den meisten Schiffen leben komplette Familien. Manchmal auch mehr als eine. Ihr seid ‘ne Ausnahme.«
    Maria kuschelte sich wieder an seine Schulter. »Die Brüder und Schwestern meines Vaters sind bei einem Unfall gestorben. Ein Schleusendeckel ist weggerissen oder so. Das war auf der Atocha-Station. Jahre vor meiner Geburt.«
    »Muß einsam gewesen sein, nur zu dritt aufzuwachsen. Und jetzt nur noch zu zweit.«
    »Nein. Eigentlich nicht. Ich glaub nicht, daß ich schon jemals lange einsam war.« Sie faßte dem schläfrigen Maxim unters Kinn. Der Kater verdrehte seinen Körper; die vordere Hälfte bog sich zurück, damit sie leichter an das Kinn herankam. Warmes Fell strich über ihre nackten Beine. Sie streichelte den summenden Hals der Katze und dachte müßig über die Abrazo nach, über ein Leben als Bestandteil von De Suarez Expressways, Ltd. »Ich möchte wissen«, sagte sie, »ob man auf der Abrazo einsam sein kann.«
    »Es ist …« Er hob die Hände und ließ sie wieder fallen. In der geringen Schwerkraft sanken sie langsam herunter. »Kompliziert. Die Sache ist, daß man bei allem, was man tut, an alle denken

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