Engelstation
Kit steuerte darauf zu.
Das flackernde rote Licht schien Ubu und Maria mit Blut zu bespritzen. Kit schlug auf das glänzende Metallfeld, das die Schleusentür öffnete. Das Hologramm wurde grün, als die Luke aufschwang, und Ubu und Maria schwebten wie bleiche Gespenster in die Schleuse.
»Ich hab hier drin ein paar Raumanzüge versteckt«, Sagte Kit. Er sah Ubu an. »Du mußt deine unteren Arme vor der Brust verschränken. Wir haben keine Anzüge, die dir passen würden.«
Ubu nickte. »Das bin ich gewohnt.« Kit ging zu einem der Anzüge und reichte ihn Ubu. »Ich hab das Bruststück von dem hier so weit rausgelassen, wie es ging.«
Ubu lächelte. »Danke, Kit. Hast du gut gemacht.« Kit merkte, wie sich seine Nervosität ein wenig legte. Obwohl er Ubu nicht mochte, bedeutete ihm sein Lob aus irgendeinem Grund etwas.
»Ich denke, wir sollten hier draußen Funkstille halten«, sagte Ubu. »Jemand könnte uns hören. Die Chance ist gering, aber es könnte sein.«
Die Anzüge waren leicht und ließen sich problemlos anziehen. Peroxid schoß zischend aus feinen Öffnungen, als Stabilisierungsdüsen getestet wurden. Kit drückte auf die Taste, um die Schleuse in Betrieb zu setzen. Luftpumpen begannen zu pochen. Kit biß sich auf die Lippen. Würde das Geräusch der arbeitenden Schleuse durchs Schiff bis dorthin dringen, wo seine Leute schliefen? Marco hatte bekanntlich einen leichten Schlaf. Wenn er das Geräusch erkannte, würde er sich fragen, warum um diese Zeit so ein Lärm gemacht wurde.
Das Licht über der Außentür wurde grün. Kit schob sie auf und schwebte nach draußen. Sonnenlicht stach ihm wie mit rostigen Dolchen in die Augen. Er erhöhte die Polarisation seiner Sichtscheibe, und die Sonne wurde matter.
Kits Puls schlug ein schnelles Rhythmusmuster über dem leisen Zischen der Luftzufuhr. Er schluckte und versuchte, seine Nerven zu beruhigen. Die Runaway befand sich auf der Nabenebene über ihm. Er drehte sich an Ort und Stelle und versuchte, sie im tunnelförmig eingeengten Sichtbereich seines Helms auszumachen.
Die Runaway trieb in sein Blickfeld, eine glänzende, unregelmäßige Ansammlung von hellem Metall mit diversen Korrosionsnarben. Kit steuerte darauf zu. Die Peroxiddüsen zerrten sanft an seinem Anzug. Schweiß lief ihm in die Augen.
Eine der rotierenden Speichen der Station legte sich vor die Sonne, dann kam die stechende Helligkeit zurück.
Die Runaway wurde größer. Auf allen Schleusen waren gelbe Polizeisiegel angebracht worden.
Maria flog an ihm vorbei zu einer Luftschleuse, bremste und schwebte zur Außenhaut des Schiffes. Sie zog das Polizeisiegel vom Schleusenmechanismus ab und warf es verächtlich in den Raum. Kit spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, als das zusammengeknüllte Plastikteil leuchtend und sich überschlagend davonflog. Ihm war noch gar nicht aufgegangen, daß er sich nicht nur gegen Marco stellte, sondern auch im Begriff war, das Gesetz zu brechen. Dafür konnte er sich wirklich Ärger einhandeln.
Jetzt war es zu spät, entschied er, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
Ubu hielt sich mit einer Hand an einer Griffstange bei der Schleuse fest und beobachtete Maria, die über dem Schleusenmechanismus hing. Kühle Spannung summte in seinen Nerven. Er wagte nicht so recht zu hoffen, daß es klappen würde.
Maria legte ihre behandschuhte Hand auf die Schleuse und schloß die Augen, um sich zu konzentrieren. Kit verrenkte sich den Hals in seinem Helm, sah jedoch nichts; die Störung war unsichtbar und wurde im Bruchteil einer Sekunde ausgelöst. Maria trieb von der Schleuse weg, ein leises Lächeln auf dem Gesicht. Durch seine Hand an der Stange konnte Ubu das Klopfen von Luftpumpen fühlen. Er lachte verblüfft auf. Sie waren drin.
Die Schleusentür begann aufzugleiten. Kits Gesicht zeigte einen überraschten Ausdruck; er hatte nicht gewußt, wie leicht Maria das Schloß aufbekommen würde. Ubu hielt den Atem an, als er sich von der Griffstange abstieß und in die Luftschleuse schwang.
Die Schleuse arbeitete; die Innentür öffnete sich. Ubu entriegelte seinen Helm. Maria drängte sich an ihm vorbei und stieß die Innentür auf.
Die Luft im Innern der Runaway war warm und stickig. Die Kühl- und Zirkulationssysteme waren abgeschaltet gewesen, und Angelicas Sonne hatte tagelang auf das Schiff gebrannt. Aber die Gerüche, der Anblick und die Beschaffenheit des Materials signalisierten trotzdem, daß dies ihr Zuhause war, und sie trafen Ubus Sinne
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