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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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großen, mattschwarzen Frachttore der Station gelbe Plastikbänder zogen – Polizeisiegel, die aussahen, als ob sie versehentlich von einer Geburtstagsparty entwendet worden seien. An der Personenschleuse waren weitere Siegel angebracht, und davor saß eine schlaksige Frau in Uniform auf einem Klappstuhl und blätterte in den Faksimilie-Plastikseiten eines Magazins.
    Ein unerwarteter Kummer pulsierte durch Marias Herz. Die Runaway wartete hinter diesen Schleusen; die Triebwerke waren jetzt abgeschaltet, die Kontrollen dunkel, das Lebenserhaltungssystem stumm, und die Zentrifuge stand still. Sie sah vor ihrem geistigen Auge, wie Maxim durch die leeren Korridore tappte, während Pascos trauriger Geist neben ihm herging. Unsinn, dachte sie. Wahrscheinlich hatten sie den Computer genauso abgeschaltet wie alles andere. Aus irgendeinem Grund machte sie dieser Gedanke noch trauriger. Tränen brannten in ihren Augen.
    Kit berührte sie am Arm. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Maria schüttelte den Kopf und rang die Traurigkeit nieder. Sie zeigte auf den Wachposten. »Verdammt«, log sie. »Der bin ich schon mal begegnet. Gestern wollte sie mich nicht reinlassen.«
    »Ich frage sie.«
    »Hat keinen Zweck.« Sie runzelte die Stirn, »Wenn ich an einen Raumanzug rankäme, könnte ich durch eine Außenschleuse reinkommen.«
    »Haben sie die Codes nicht geändert?«
    »In unserem System gibt’s Schlupflöcher. Ich könnte alle neuen Codes mit Leichtigkeit austricksen.«
    »Ich verstehe.« Plötzlich änderte sich sein Ton. »Oh. Da ist Marco.«
    Maria drehte sich um und sah, wie Marco und einer der jüngeren de Suarezes aus dem Bahìa kamen und zu ihrem Transportschacht gingen. Marcos tiefliegende, gelbe Augen ruhten bereits auf Maria und Kit. Er sprang einmal hoch, landete und kam vor Maria zum Stehen. Der andere de Suarez folgte ihm, wobei er seine Schultermuskeln spielen ließ. Maria konnte die Anspannung in Kits Körper und seinen maskenhaften Gesichtsausdruck spüren.
    »Schiffsführer«, sagte die schöne Maria. »Shooter.«
    »Schiffsführer«, sagte Kit. »Älterer Bruder.« Er wandte sich an Maria. »Das ist mein Vetter Ridge.«
    »Nett«, sagte Ridge und sah sie an. Maria kam zu dem Schluß, daß es keine Kurzform für ›nett, dich kennenzulernen‹ war.
    »Hab von eurem Problem gehört«, erklärte Marco, ohne sich mit formellen Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten. »Schlimm, daß ihr für die Fehler eures Vaters zahlen müßt.«
    Maria spielte mit dem Armreifen an ihrem Handgelenk herum, während sie auf den kleineren Mann herabsah. »Das müssen wir doch alle«, sagte sie. Marcos Augen wurden hart.
    »Manche schaffen’s. Die anderen lernen eben, wie es ist, wenn man versagt.« Marco drehte sich zu Kit um und zeigte mit dem ausgestreckten Mittelfinger seiner rechten Hand auf ihn. »Wir sehen uns um achtzehn Uhr.«
    »Ich wußte gar nicht, daß ich Dienst habe«, sagte Kit. Marco sah ihn finster an. »Jetzt weißt du’s. Besser, als mit Verlierern rumzuhängen.«
    »Schiffsführer«, sagte Kit.
    Maria sprang zum Transportschacht. Ridge warf noch einen Blick auf sie, dann wandte er sich an Kit.
    »Hoffentlich löhnst du nicht so viel«, meinte er. »Angehörige dieser Familie müßten jetzt billig zu haben sein.«
    Kit sah ihn an. »Ich zahl überhaupt nichts«, sagte er. Ridge lachte und klopfte ihm auf die Schulter. Kit taumelte. »Brav, Kleiner«, sagte er. »Das mußt du mir später mal in allen Einzelheiten erzählen.« Er drehte sich zu Maria um, lachte erneut und sprang auf dem Weg zum Transportschacht hoch über ihren Kopf hinweg.
    Kit stand reglos da. Seine Kiefermuskeln arbeiteten. Er wandte sich an Maria. »Tut mir leid«, sagte er.
    Maria nahm seinen Arm. »Ist der immer so?«
    »Meistens. Seit er angefangen hat, die Hormone zu nehmen.« Er runzelte die Stirn. »Er ist der Liebling des Schiffsführers. Er hat Marcos Lektionen alle gelernt.« Er überlegte einen Moment lang. »Das war übrigens gerade eine Lektion für uns. Über den richtigen Umgang mit Verlierern.«
    »Da muß ich mich wohl dran gewöhnen.«
    Kit atmete tief ein. Maria spürte seine Entschlossenheit. »Ich werde dir helfen«, erklärte er.
    »Und wie?«
    »Ich helfe dir, an Bord der Runaway zu kommen. Ich bring dich heute nacht rüber, wenn du willst. In der dritten Schicht.«
    Die schöne Maria beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuß auf die Wange. »Danke.« Sie hatte vergessen, daß sie es genau darauf angelegt hatte.
    Maria war froh,

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